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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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bißchen Geld. Grigori erklärte ihr gleich damals ein für allemal, sie rede Unsinn, kein Weib verstehe etwas von Ehre, es gezieme sich für sie nicht, ihren Herrn zu verlassen. Möge er sein, wie er wolle: sie hätten jetzt die Pflicht, bei ihm zu bleiben.
    »Verstehst du überhaupt, was das ist: Pflicht?« fragte er Marfa Ignatjewna.
    »Was Pflicht ist, verstehe ich schon, Grigori Wassiljewitsch. Inwiefern es aber unsere Pflicht ist hierzubleiben, das verstehe ich allerdings nicht«, antwortete Marfa Ignatjewna mit fester Stimme.
    »Na, dann verstehst du es eben nicht! Aber geschehen wird es so, wie ich es gesagt habe. Und künftig halte deinen Mund!«
    Und es geschah auch wirklich so. Sie zogen nicht fort, und Fjodor Pawlowitsch setzte ihnen einen nicht allzu hohen Lohn aus, den er ihnen wirklich bezahlte. Außerdem wußte Grigori, daß er auf seinen Herrn einen unbestreitbaren Einfluß ausübte. Er fühlte das, und es war wirklich so. Der schlaue, eigensinnige Possenreißer Fjodor Pawlowitsch, der »in manchen Dingen des Lebens«, wie er sich selbst ausdrückte, einen sehr festen Charakter besaß, war zu seiner eigenen Verwunderung in manchen anderen »Dingen des Lebens« recht charakterschwach. Und er selbst wußte, in welchen. Er wußte es, und er hatte Angst vor mancherlei. In gewissen Dingen des Lebens mußte man auf der Hut sein, dabei war es dann schwer, ohne einen treuen Menschen auszukommen; Grigori war aber ein sehr treuer Mensch. Es kam sogar im Verlauf von Fjodor Pawlowitschs Karriere oftmals vor, daß er nahe daran war, ganz gehörig durchgeprügelt zu werden, und immer half ihm Grigori aus der Klemme, obwohl er ihm jedesmal nachher eine Strafpredigt hielt. Die Prügel allein hätten Fjodor Pawlowitsch nicht so sehr erschreckt, doch gab es höhere und sogar sehr feine und komplizierte Fälle, in denen Fjodor Pawlowitsch selbst nicht imstande gewesen wäre, jenes außerordentliche Bedürfnis nach einem treuen, ihm nahestehenden Menschen zu erklären, das er manchmal momentan unwiderstehlich in sich verspürte. Das waren fast krankhafte Anfälle: Obwohl Fjodor Pawlowitsch ein grundliederlicher Mensch und in seiner Wollust oft grausam wie ein böses Insekt war, empfand er doch manchmal in Augenblicken der Trunkenheit plötzlich eine geistige Angst und eine moralische Erschütterung, die sozusagen physisch auf seine Seele wirkten. »Die Seele zittert mir bei diesen Anfällen ordentlich in der Kehle«, sagte er manchmal. In diesen Augenblicken also hatte er es gern, wenn neben ihm oder doch in seiner Nähe, wenn auch nicht im selben Zimmer, wenigstens im Seitengebäude, ein solcher Mensch vorhanden war, ein ihm ergebener, charakterfester Mensch, nicht so ein verkommener Mensch wie er selbst, ein Mensch, der zwar all dieses sittenlose Treiben mit ansah und alle Geheimnisse kannte, aber doch aus Ergebenheit alles geschehen ließ, sich nicht widersetzte und, was die Hauptsache war, ihm keine Vorwürfe machte und mit nichts drohte, weder in diesem noch im zukünftigen Leben, sondern im Notfall ihn auch noch beschützte – wovor? Vor etwas Unbekanntem, aber Schrecklichem und Gefährlichem. Eben darauf kam es ihm an, daß ein anderer Mensch da war, ein älterer, freundlich gesinnter Mensch, den er in einem krankhaften Augenblick rufen kann, nur um ihm ins Gesicht zu sehen und vielleicht ein paar gleichgültige Worte mit ihm zu wechseln; würde dieser dann freundlich bleiben und nicht böse werden, dann würde ihm gewissermaßen leichter ums Herz; würde er aber böse, nun, dann wäre es allerdings noch trauriger. Es kam vor, allerdings nur sehr selten, daß Fjodor Pawlowitsch sogar nachts zum Seitengebäude ging, um Grigori zu wecken: Dieser sollte auf ein Augenblickchen zu ihm kommen. Der kam dann auch, und Fjodor Pawlowitsch begann mit ihm ein Gespräch über die nichtigsten Dinge und entließ ihn bald wieder, manchmal sogar mit einem kleinen Spottwort oder einem Späßchen; er selbst aber spuckte dann aus, legte sich schlafen und schlief den Schlaf des Gerechten. Etwas Ähnliches widerfuhr ihm auch bei der Ankunft Aljoschas. Aljoscha »griff ihm ans Herz« dadurch, daß er »da wohnte, alles mit ansah und nicht verdammte«. Ja noch mehr, er brachte etwas noch nie Dagewesenes mit sich: Er verachtete ihn, den Alten, nicht, im Gegenteil, er empfand eine stete Freundschaft und ganz natürliche Anhänglichkeit für ihn, der das so wenig verdiente. Alles das war für den alten Herumtreiber und familienlos

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