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Die Brüder Löwenherz

Die Brüder Löwenherz

Titel: Die Brüder Löwenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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Augenblick hatte ihn der nachtschwarze Schatten der Grotte verschluckt, ich konnte ihn nicht mehr sehen.
    Nur hören konnte ich ihn, und das war schlimm genug. Er sah mich zwar auch nicht, mußte aber eigentlich mein Herz klopfen hören. Wie laut es klopfte, während ich dort lag und darauf wartete, was geschehen würde, wenn Veder drei Pferde statt zwei entdeckte.
    Als Veder sich näherte, wieherten sie leise. Alle drei, auch Fjalar. Sein Wiehern hätte ich unter tausend anderen herausgehört. Aber Veder, dieses Rindvieh, merkte keinen Unterschied. Stellt euch vor, er merkte nicht einmal, daß drei Pferde in der Höhle waren. Er trieb die nahe am Eingang stehenden Pferde - es waren ihre beiden eigenen - hinaus und ging selber hinterher.
    Sobald ich mit Fjalar allein war, stürzte ich zu ihm und legte ihm die Hand über das Maul. Lieber, guter Fjalar, keinen Laut, flehte ich insgeheim, denn ich wußte, wenn er jetzt wieherte, dann war alles verloren. Und Fjalar war so klug. Er verstand wirklich alles. Die anderen Pferde wieherten draußen. Sie wollten ihm wohl auf Wiedersehen sagen. Aber Fjalar blieb stumm und antwortete nicht.
    Ich sah Veder und Kader aufsitzen, und wie froh ich darüber war, läßt sich nicht beschreiben. Gleich würde ich frei sein, der Mausefalle entwischen können.
    Glaubte ich. Denn in diesem Augenblick sagte Veder: »Ich habe meinen Feuerstein vergessen.«
    Und er sprang vom Pferd und suchte den Boden rund um das Lagerfeuer ab.
    Schließlich sagte er: »Hier ist er nicht. Ich muß ihn in der Höhle verloren haben.«
    Und mit Donnergepolter schnappte die Mausefalle wieder zu, denn so geschah es, daß ich gefangengenommen wurde. Veder kam in die Grotte, um nach seinem verflixten Feuerstein zu suchen, und stieß direkt auf Fjalar.
    Ich weiß, daß man nicht lügen soll, aber wenn es ums Leben geht, dann muß man es.
    Er hatte übrigens harte Fäuste, dieser Veder, noch nie hatte mich einer so unsanft angepackt. Es tat weh, und ich wurde wütend, seltsamerweise war meine Wut größer als meine Furcht. Vielleicht log ich deshalb gut.
    »Wie lange spionierst du hier schon herum?« brüllte er, nachdem er mich aus der Höhle gezerrt hatte. »Seit gestern abend. Aber ich habe nur geschlafen«, sagte ich und blinzelte im Morgenlicht als sei ich gerade aufgewacht. »Geschlafen«, sagte Veder. »Willst du mir weismachen, du hättest nichts gehört? Nicht gehört, wie wir hier am Lagerfeuer gegrölt und gesungen haben? Keine Lüge jetzt!« Das glaubte er sich listig ausgedacht zu haben, denn sie hatten ja keinen Ton gesungen. Aber ich war noch listiger. »Doch, kann sein, ein bißchen habe ich gehört, wie ihr gesungen habt«, stotterte ich, so als löge ich, nur um es ihm recht zu machen.
    Veder und Kader sahen sich an, jetzt waren sie ganz sicher, daß ich wirklich geschlafen und nichts gehört hatte. Doch das half mir auch nicht viel weiter.
    »Weißt du nicht, daß es bei Todesstrafe verboten ist, diesen Weg zu benutzen?«
    fragte Veder.
    Ich stellte mich so dumm wie möglich, als hätte ich von nichts eine Ahnung, weder von der Todesstrafe noch von sonstwas. »Ich wollte mir gestern abend nur den Mond angucken«, murmelte ich.
    »Und dafür riskierst du dein Leben, du kleiner Fuchs«, sagte Veder. »Wo bist du überhaupt zu Hause, im Kirschtal oder im Heckenrosental?« »Im Heckenrosental«, log ich.
    Denn im Kirschtal wohnte Karl Löwenherz, und ich wollte lieber sterben als ihnen verraten, wer ich war. »Wer sind deine Eltern?« fragte Veder. »Ich wohne bei - bei meinem Großvater«, sagte ich. »Und wie heißt er?« fragte Veder.
    »Ich nenne ihn nur Großvater«, sagte ich und stellte mich noch dümmer.
    »Und wo im Heckenrosental wohnt dein Großvater?« fragte Veder weiter.
    »In - in einem kleinen weißen Haus«, sagte ich, weil ich dachte, die Häuser im Heckenrosental sind wohl auch weiß wie die im Kirschtal.
    »Dieses Haus und deinen Großvater mußt du uns schon zeigen«, sagte Veder. »Los, sitz auf!«
    Und wir ritten los. In diesem Augenblick ging über den Bergen von Nangijala die Sonne auf. Der Himmel flammte wie rotes Feuer, und die Berggipfel glühten.
    Etwas Schöneres, etwas Großartigeres hatte ich noch nie gesehen. Und hätte ich nicht Kader und das schwarze Hinterteil seines Pferdes gerade vor mir gehabt hätte ich wohl losgejubelt. Aber so tat ich es nicht, nein, wahrhaftig nicht!
    Der Pfad wand und schlängelte sich dahin genau wie vorher. Bald aber ging es steil abwärts.

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