Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
hatten allmählich die Drachenfürsten respektieren gelernt...
Tanis lehnte sich an die Mauer, sein Gesicht war nachdenklich und ernst. Vor ihm erstreckte sich eine Wiese, die mit weichem, pudrigem Schnee bedeckt war. Die Nacht war ruhig und still. Hinter ihr lag das Kharolisgebirge. Das Tor von Südtor wirkte wie ein riesiger Stopfen in der Gebirgswand – eine der Schutzmaßnahmen der Zwerge, die ihre Welt dreihundert
Jahre lang von der Umwälzung und zerstörerischen Zwergenkriegen ferngehalten hatte.
Das Tor wurde durch einen Mechanismus im Innern des Berges bewegt. Wie das nördliche Tor galt es auf Krynn als uneinnehmbar. Einmal geschlossen, konnte es nicht mehr von der Gebirgswand unterschieden werden; ein wahres Meisterwerk der alten Zwergensteinmetze.
Seit der Ankunft der Menschen in Südtor jedoch war das Tor geöffnet und mit Fackeln erleuchtet, was den Männern, Frauen und Kindern ermöglichte, an die frische Luft zu gehen – ein menschliches Bedürfnis, das für die unterirdischen Zwerge eine maßlose Schwäche darstellte.
Während Tanis dastand und lange auf die Wälder hinter der Wiese schaute, was ihm aber keinen Frieden brachte, traten Sturm, Elistan und Laurana zu ihm. Die drei hatten sich unterhalten – offensichtlich über ihn – und schwiegen nun unbehaglich.
»Wie ernst du bist«, sagte Laurana leise zu Tanis. Sie trat näher zu ihm und legte ihre Hand auf seinen Arm. »Du meinst, daß Raistlin recht hat, nicht wahr, Tanthal . . . Tanis?« Laurana errötete. Sein menschlicher Name kam ihr immer noch schwer über die Lippen, aber sie wußte inzwischen nur zu gut, daß sein Elfenname ihm nur Schmerz bereitete.
Tanis sah auf die kleine, schmale Hand auf seinem Arm und legte zärtlich seine Hand über sie. Nur wenige Monate zuvor hätte ihn diese Berührung geärgert, Verwirrung und Schuldgefühle verursacht, als er glaubte, das, was ihn mit Laurana verband, wäre nichts als eine kindliche Vernarrtheit gewesen und daß seine Liebe allein einer Menschenfrau gehörte. Aber jetzt erfüllte ihn Lauranas Berührung mit Wärme und Frieden, auch wenn es sein Blut erregte. Er dachte über diese neuen beunruhigenden Gefühle nach, während er ihre Frage beantwortete.
»Ich finde Raistlins Ratschläge seit langem vernünftig«, sagte er. Er wußte, daß diese Antwort die drei aufregen würde. Sturms Gesicht verdüsterte sich auch. Elistan runzelte die Stirn. »Und ich denke, daß er auch diesmal recht hat. Wir haben eine
Schlacht gewonnen, aber wir sind noch weit davon entfernt, den Krieg zu gewinnen. Wir wissen, daß er weit im Norden, in Solamnia, ausgetragen wird.Wir können also sicher davon ausgehen, daß es den Kräften der Dunkelheit nicht nur um die Eroberung von Abanasinia geht.«
»Aber das sind doch reine Vermutungen!« entgegnete Elistan. »Laß dich doch nicht von der Dunkelheit, die über dem jungen Magier hängt, anstecken. Er mag ja recht haben, aber das ist kein Grund, die Hoffnung aufzugeben und nicht doch einen Versuch zu wagen! Tarsis ist eine große Hafenstadt – zumindest nach dem, was wir wissen. Dort können wir herausbekommen, ob wirklich überall Krieg ist. Und wenn dem so ist, dann gibt es sicherlich Zufluchtsorte, wo wir Frieden finden können.«
»Hör auf Elistan, Tanis«, sagte Laurana. »Er ist weise. Als unser Volk Qualinesti verlassen hat, ist es nicht blindlings geflohen. Sie sind zu einem friedlichen Zufluchtsort gezogen. Mein Vater hatte einen Plan, obwohl er nicht wagte, ihn zu enthüllen. . .«
Laurana brach ab, über die Wirkung ihrer Rede bestürzt. Tanis hatte sich abrupt losgerissen und sich Elistan zugewandt, die Augen voller Zorn.
»Raistlin sagte einmal, Hoffnung ist die Leugnung der Wirklichkeit«, erklärte Tanis kalt. Dann sah er Elistans kummervolles Gesicht und lächelte müde. »Es tut mir leid, Elistan. Ich bin müde, das ist alles. Verzeih mir. Dein Vorschlag ist gut. Wir werden mit Hoffnung nach Tarsis reisen, auch wenn es das einzige ist, was wir haben.«
Elistan nickte und wandte sich zum Gehen. »Kommst du mit, Laurana? Ich weiß, du bist müde, meine Liebe, aber wir haben eine Menge zu tun, bevor ich die Führerschaft der Versammlung während meiner Abwesenheit übergeben kann.«
»Ich komme gleich nach, Elistan«, sagte Laurana. »Ich – ich möchte einen Moment mit Tanis sprechen.«
Elistan schenkte beiden einen verständnisvollen Blick, dann ging er mit Sturm durch das dunkle Tor. Tanis begann, die Fakkeln
als Vorbereitung
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