Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Diktatorin der Welt

Die Diktatorin der Welt

Titel: Die Diktatorin der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
Vom Netzwerk:
mit.
    »Plausibel«, entschied Jernigan. »Wir wissen also, wohin wir uns zu wenden haben. Sie erinnern sich an die Art der Aktivierung, die Sie vornahmen, als Sie Ihr erstes Experiment ausführten?«
    »Natürlich«, antwortete Ken. Dado und Felip nickten zustimmend.
    Jernigan wandte sich an Karrol.
    »Wir benötigen verschiedene Dinge«, erklärte er. »Meine Tasche und ein paar wirkungsvolle Waffen. Einer von uns wird alles besorgen. Sie rufen eine Wache und befehlen ihr, unseren Mann zu begleiten und ihm auszuhändigen, was er verlangt. Der Mann muß in zehn Minuten wieder zurück sein, oder Sie werden liquidiert. Ist das klar?«
    Karrol nickte verstört. Er ging zur Tür, von Jernigan gefolgt. Sein Ruf nach einer Wache hatte diesmal besseren Erfolg. Ein Mann in der bunten Uniform der Palasttruppe kam den Gang herauf. Karrol erteilte ihm die entsprechenden Befehle. Waale erbot sich, den Posten zu begleiten. Jernigan gab ihm ein paar knappe Anweisungen. Die Tür schloß sich.
    Waale war innerhalb acht Minuten wieder zurück. Er schleppte Jernigans Tasche, zwei schwere Thermoblaster und einen schwarzen Kasten, der plastischen Sprengstoff enthielt. Auf Jernigans Anweisung befahl Karrol dem Posten einzutreten und seine Waffe abzulegen. Jernigan entnahm seiner Tasche die kleine V-Pistole und betäubte den Mann. Ken nahm die abgelegte Waffe an sich.
    Jernigan machte sich unverzüglich an die Arbeit. Er trennte die beiden Mikropunktoren auf und begann, ihre Einstellung zu verändern. Dado ging ihm dabei zur Hand. Sie war an jenem ersten Experiment beteiligt gewesen, in dessen Verlauf Ken auf der Schwarzen Welt gelandet und mit Nenu zusammengeraten war. Jernigan änderte die Einstellung der Geräte nach Dados Anweisungen.
    Die Starre des Unglaubens, des Erschreckens vor dem Unmöglichen, die Ken bisher in ihrem eisernen Griff gehalten hatte, verlor allmählich an Kraft. Ken, der in den vergangenen zehn Minuten wie ein Automat agiert hatte, ohne zu wissen, was er tat, wurde seiner Umgebung wieder bewußt. Sein Verstand begann wieder zu arbeiten. Er ging im Geist die sich überstürzenden Ereignisse der letzten Viertelstunde noch einmal durch. Er hörte Nenu ihr Urteil fällen, sah Jernigan zusammenbrechen und einen zweiten Jernigan Augenblicke später durch die Tür treten. Er sah, wie Dado und Jernigan sich über die Mikropunktoren beugten und der Robot nach Dados halblauten Anweisungen neue Einstellungen mit einer Flinkheit vornahm, als hätte er nur die Kontakte eines Schalters zu verändern.
    Er sah das alles, und das Bild rundete sich ab.
    Jernigans Trick war nichts weiter als eine konsequente Anwendung der Perzeptionstheorie. Mit Hilfe des Mechanismus, den Nenu niemals gefunden hatte, weil sie sich mit dem Mikropunktor zufrieden gab, hatte Jernigan ein Wahrnehmungszentrum aktiviert, das ihm erlaubte, ein Universum wahrzunehmen, in dem er sich, anstatt innerhalb dieses Raumes, jenseits der Tür zum Gang befand.
    Das Wahrnehmungsvermögen derer, die im Innern des Raumes zurückblieben, waren dem Vorgang gefolgt, wie es ihm die von den Regeln der Logik eingeengte Aktivität vorschrieb. Sie hatten Jernigan zusammenbrechen sehen, denn ein Körper löst sich nicht in Luft auf. Sie hatten den zweiten Jernigan eintreten sehen, denn durch Jernigans Kunstgriff nahmen sie nun ein Universum wahr, in dem Jernigan auf der anderen Seite der Tür stand.
    Ken hatte sich weit genug von seinem Schock erholt, um zu sehen, daß sich in dieser einfachen Beobachtung eine völlig neue Erkenntnis offenbarte. Jernigans Trick hatte das Wahrnehmungsvermögen sechs weitere Personen ebenso beeinflußt, als hätte jeder dieser Personen im selben Augenblick ein neues Perzeptionszentrum in ihrem eigenen Gehirn aktiviert.
    Das, fand Ken, war ein Sekundäreffekt, der Beachtung verdiente. Er mußte sich mit Jernigan darüber unterhalten. Er hatte den Robot bei weitem unterschätzt. Auf der Welt, von der er kam, war man in der Auswertung der Perzeptionstheorie den anfängerhaften Bemühungen, die im Peninsular Institute of Neurophysics unternommen wurden, um mehrere Generationen voraus.
    Etwas anderes war ihm mittlerweile ebenfalls klar geworden. Als er seinen ersten Versuch ausführte, den er für bahnbrechend hielt, wußte er, daß das künstlich aktivierte Wahrnehmungszentrum eines der ungefähr zehntausend Zentren im K3-Sektor seines Gehirns war. Er hätte Jernigan genau beschreiben können, um welches Zentrum es sich drehte, aber er hätte niemals

Weitere Kostenlose Bücher