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Die Diktatorin der Welt

Die Diktatorin der Welt

Titel: Die Diktatorin der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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Haupteinfahrt erreichten, krochen Jernigan und Ken in das Frachtabteil des Fahrzeugs und versteckten sich zwischen aufgestapelten Gebäckkörben. Ken spürte, wie der Laster ausrollte und zum Stehen kam. Er griff zum Hals und drückte auf den roten Knopf seines Mikropunktors. Jetzt durfte nichts mehr dazwischenkommen. Sie standen dicht vor dem Ziel. Jenseits des Tores waren Nenu und Dado.
    Er hörte Stimmen. Eine, herrisch und barsch, fragte nach Waales Lizenz. Waale brummte:
    »Dafür, daß du mich jeden Abend hier siehst, könntest du ein bißchen freundlicher sein.«
    »Das ist kein Abend wie jeder andere«, war die Antwort.
    »Das merke ich«, sagte Waale. »Was ist los? Die ganze Stadt voll Geschrei und Polizisten.«
    Die andere Stimme schwieg eine Weile, wahrscheinlich während der Posten die Lizenz examinierte.
    »Siehst du kein Video?« hörte Ken dann.
    Waale lachte ärgerlich.
    »Während ich Lieferungen mache? Du hast wohl nicht alle beisammen.«
    »Paß auf, was du sagst, Alter! Hier, nimm das Ding und sieh zu, daß du fertig wirst. Wir haben heute abend alle Hände voll zu tun.«
    Waale knurrte. Der Laster setzte sich wieder in Bewegung. Ken hielt eine Sekunde lang den Atem an, während sie, wie Waale gewarnt hatte, zwischen den beiden Analysatorsäulen hindurchglitten, die zu beiden Seiten der Fahrbahn aufgestellt waren und das Wageninnere durchleuchteten. Solange sie sich in der Deckung der Körbe befanden, hatte Waale gemeint, hatten sie nichts zu befürchten.
    Der Wagen rollte weiter. Ken atmete auf. Sie hatten die erste Hürde überwunden. Waale fuhr ein kurzes Stück geradeaus, dann beschrieb er eine Rechtskurve. Von draußen kamen die Geräusche von Stimmen, glitten heran und wieder davon. Eine Linkskurve, ein helles Summen wie von dem Motor eines anderen Fahrzeugs, an dem Waale vorbeifuhr, dann ein sanfter Ruck.
    Sie waren da.
    Waale stieg aus. Der Verschluß der rückwärtigen Tür entriegelte sich automatisch. Die Tür schwang auf. Zwischen zwei Körben hindurch sah Ken einen schmalen Streifen des Himmels. Eine einzelne Lampe schien von der Seite her. Waales Kopf erschien.
    »Alles in Ordnung«, sagte er leise. »Jetzt ist der beste Augenblick.«
    Jernigan und Ken kamen aus ihrem Versteck hervor. Sie sprangen von der Pritsche. Waale wies zur Seite.
    »Dort ist der Lieferantenlift.«
    Ken sah auf. Sie befanden sich auf einem Hof, der auf drei Seiten von hohen Gebäudewänden umschlossen war. Die vierte Seite war offen. Von dort war Waale mit seinem Laster gekommen. Die Lampe, deren Schein Ken bemerkt hatte, hing an der Kante des Gebäudes, das den Hof rechts flankierte. Sie war schwach und fast hundert Meter entfernt und hatte nicht genug Kraft, um den ganzen Hof zu erhellen.
    Ken und Jernigan hielten sich in Richtung des Aufzugs. Es mußte irgendwo eine Tür geben. Waale kletterte wieder in seinen Wagen und drehte ihn so, daß er die Ladepritsche auf die Bodenplatte der geräumigen Aufzugkabine schieben konnte. Für die beiden Eindringlinge kam der Aufzug nicht in Frage. Wohin er auch immer fuhr, am Ende der Fahrt stand Personal, um ihn zu entladen.
    Ken sah die Tür als erster. Sie lag unweit der Kante zwischen dem Hauptgebäude und dem Bau, der den Hof links flankierte. Er wies Jernigan darauf hin. Jernigan nickte.
    Sie waren noch fünf Meter von der Tür entfernt, als das Licht aufflammte – grelle, blauweiße Helligkeit, die den Hof bis in den hintersten Winkel erfüllte und jede Einzelheit schmerzhaft deutlich ins Auge treten ließ. Ken erstarrte. Er sah die Tür sich unendlich langsam öffnen. Im grellen Licht erschienen die Umrisse eines Mannes. Er trat heraus. Es war ein alter Mann, klein, fast schwächlich. Ken erkannte ihn. Er hatte ihn zuvor gesehen. Vorgestern, im Treppenhaus des Hotels. Und er wußte plötzlich, warum er ihm bekannt vorgekommen war. Die Begegnung vorgestern war nicht die erste gewesen. Er war ihm schon einmal über den Weg gelaufen.
    Auf Palamera. In der Empfangshalle des Hotels. Der alte Mann, der in seine Rollzeitung vertieft war und scheinbar nicht wahrnahm, was um ihn herum vorging.
    Ken duckte sich, sprang zur Seite, im Sprung nach der Waffe greifend, die er in der Tasche trug. Der Aufprall wirbelte ihn halb herum. Er sah, daß der alte Mann nicht allein gekommen war. Der gesamte Hof war mit Uniformierten besetzt.
    Die Hand bekam den Kolben der Waffe zu fassen. Unbändiger Zorn über die Niederlage hatte Ken gepackt. Er riß die Pistole heraus, brachte den

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