Die Drachenreiter von Pern 04 - Drachensinger
der andere eine polierte Tenorflöte.
»Wir dachten schon, du seist allein losgezogen, Piemur«, keuchte der Junge. »Hier ist meine Flöte. Meister Jerint hat mir und Brolly für sein Tamburin den Stempel gegeben. Nimmst du sie jetzt zum Schätzstand mit?«
»Klar. Der Schätzer ist tatsächlich Pergamol, ein Freund meines Vaters.«
Piemur übernahm die Instrumente, winkte Menolly und ging auf die locker verteilten Stände am Rand des Festplatzes zu.
Zum erstenmal kam Menolly zu Bewußtsein, wie viele Menschen im Bereich der Burg Fort lebten. Sie hätte sich gern noch ein wenig am Rande aufgehalten, um einen Blick auf die Menge zu werfen, aber Piemur nahm sie an der Hand und zog sie mitten ins Gewühl.
Um ein Haar wäre sie mit ihrem Führer zusammengestoßen, als der unvermittelt zwischen zwei Ständen anhielt. Er warf einen warnenden Blick über die Schulter, und Menolly bemerkte, daß er die Instrumente hinter seinem Rücken verbarg, während er eine treuherzige Miene aufsetzte. Ein Gerbergeselle verhandelte mit dem gutgekleideten Schätzer, in dessen Rockaufschlag mit Goldfäden das Emblem der Schmiede-Gilde gestickt war.
»Das ist Pergamol«, wisperte Piemur. Er wandte sich an seine Kameraden. »Los, verschwindet jetzt und wartet drüben am Messerstand, bis ich fertig bin! Kein Mann mag es, wenn er Zeugen bei seinen Handelschaften hat. Nein, Menolly, du kannst natürlich bleiben.« Piemur hielt sie fest, als sie den anderen folgen wollte.
Obwohl Menolly sah, daß sich Pergamols Lippen bewegten, hörte sie nichts von seinen Worten und nur hin und wieder ein Murmeln seines Geschäftspartners. Der Schätzer strich immer wieder über ein fein gegerbtes Wherleder, fast als hoffte er, einen Fehler in dem schönen, hellblau eingefärbten Stück zu finden.
»Vermutlich eigens bestellt«, flüsterte ihr Piemur ins Ohr. »Das kommt teuer. Siehst du, bei uns ist das so. Sobald Jerint ein Instrument gestempelt hat, verkaufen wir es an einem fremden Stand. Der Schätzer braucht dann nicht weiterzusagen, daß es ein Lehrling gemacht hat, und kann es mit Gewinn losschlagen. So kriegen wir einen besseren Preis dafür, als wenn wir am Harfner-Stand verkaufen. Dort sind die Leute verpflichtet, den Hersteller zu nennen.«
Nun begriff Menolly Piemurs Strategie.
Der Handel mit dem Gerber wurde per Handschlag besiegelt, und Marken wechselten ihren Besitzer. Der Schmied faltete sorgfältig das blaue Wherleder und legte es in eine Reisetasche.
Piemur wartete, bis die beiden Geschäftspartner ihr Abschiedsgeplauder beendet hatten – auch das gehörte zu den Spielregeln – und schoß dann blitzschnell an den Stand, ehe ihm jemand zuvorkommen konnte.
»Ja, wen haben wir denn da? Na, mal sehen, was du mitgebracht hast. Hmm – in der Tat gestempelt …« Menolly stellte fest, daß Pergamol nicht nur das Siegel auf dem Tamburin prüfte. Er warf ihr einen fragenden Blick zu, als er die straff gespannte Haut des Tamburins mit dem Knöchel anstieß und die am Rahmen befestigten Schellen zart zu tönen begannen.
»Und welchen Preis hast du dir dafür ausgerechnet?«
»Vier Marken«, erklärte Piemur in einem Tonfall, der enorm bescheiden klang.
»Vier ganze Marken?« staunte Pergamol, und ein zähes Ringen begann.
Menolly war mehr als beeindruckt von Piemurs Schlauheit, als die beiden den Handel bei dreieinhalb Marken abschlossen. Der Junge schien das Feilschen schon in der Wiege gelernt zu haben, so gut beherrschte er die Regeln. Der Handel um die Flöte ging rascher voran, weil Pergamol zwei Bauern bemerkte, die geduldig im Hintergrund warteten. Aber auch dieses Geschäft kam zustande und wurde mit Handschlag besiegelt, und Piemur steckte die Marken ein. Seine Miene verriet, daß er unendlich enttäuscht über Pergamols Geiz war. Menolly tat er fast leid. Aber kaum hatten sie sich ein paar Schritte von dem Stand entfernt, da grinste er sie breit an.
»Na, was habe ich gesagt? Mit Pergamol kommt man klar!«
»Wie?« Menolly war völlig verwirrt.
»Aber ich bitte dich! Dreieinhalb Marken für ein Tamburin und drei für eine Flöte! Das sind Spitzenpreise.« Die Jungen umringten ihn, und Piemur schilderte in dramatischen Worten, wie er Pergamol erpreßt habe. Er bekam für seine Mühe von jedem der Freunde eine Viertelmarke und erklärte Menolly, damit seien sie noch billig weggekommen, denn am Harfnerstand müßten sie eine halbe Marke Vermittlungsgebühren bezahlen.
»Los, Menolly, gehen wir!« drängte er und zerrte sie
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