Die Drachenreiter von Pern 05 - Der weiße Drache
sämtliche Zweifel auslöschen, die in Jaxoms Innern brodelten.
»Ruth, was würde ich je ohne dich anfangen?«
Ich weiß nicht. N’ton erwartet dich. Er war auf Ruatha. Der kleine Braune, der vorhin verschwand, gehört ihm.
Jaxom hielt nervös die Luft an. Typisch Ruth, daß er wußte, wem welche Echse gehörte. Er selbst hatte angenommen, daß der Braune irgendwo auf Ruatha daheim war.
»Warum hast du mir das nicht eher gesagt?« Eilig schwang sich Jaxom auf Ruth. Er wollte N’ton unbedingt sprechen, und ihm lag viel daran, sich die Freundschaft des Weyrführers von Fort zu erhalten. N’ton aber hatte wenig Zeit zur Verfügung.
Ich wollte vorher schwimmen, erklärte Ruth. Wir kommen nicht zu spät. Kaum hatte Jaxom es sich bequem gemacht, da startete der Drache senkrecht in die Höhe. Wir werden sogar noch vor N’ton da sein. Und ehe Jaxom seinen Freund darauf hinweisen konnte, daß es ihnen verboten war, Zeitsprünge zu machen, hatte der Drache sich schon eigenmächtig darüber hinweggesetzt.
»Ruth, wenn N’ton das herauskriegt!« sagte Jaxom mit klappernden Zähnen, als sie aus dem Dazwischen in den strahlen den Vormittag von Telgar stießen und über der Gilde-Halle der Schmiede kreisten.
Er wird nicht danach fragen.
Jaxom fand Ruths Lässigkeit entnervend. Aber der weiße Drache mußte auch nicht N’tons Gepolter ertragen, wenn sie erwischt wurden. Dabei war ein Sprung durch das Zeitkontinuum verdammt gefährlich.
Ich weiß immer, welchen Zeitpunkt ich ansteuern muß, erklärte Ruth völlig ungerührt. Und das können nur wenige Drachen von sich behaupten.
Sie hatten eben zum Landen angesetzt, als N’tons großer Bronzedrache Lioth über ihnen auftauchte.
»Und ich werde nie begreifen, wie du es schaffst, diesen Zeitpunkt so knapp zu berechnen«, meinte Jaxom.
Ach das, entgegnete Ruth leichthin. Ich habe mitgekriegt, wann die Braune Echse zu N’ton zurückkehrte und wählte genau dieses Wann.
Jaxom wußte, daß Drachen eigentlich nicht lachen konnten, aber das Gefühl, das Ruth ausstrahlte, war einem Gelächter so nahe, daß er keinen Unterschied sah.
Lioth flog nahe an Ruth und Jaxom heran, und der junge Baron konnte den Gesichtsausdruck des Bronzereiters erkennen – ein fröhliches Lachen. Hatte Ruth nicht erwähnt, daß N’ton auf Ruatha gewesen war? Dann sah Jaxom, daß der Weyrführer von Fort etwas hin-und herschwenkte – seine Reitjacke aus Wherleder.
Während sie in die Tiefe glitten, erkannte Jaxom, daß sie keineswegs die ersten waren. Er zählte fünf Drachen, darunter F’lessans Golanth und Mirrims Path, der Ruth sofort begrüßte. Der weiße Drache landete elegant auf der Wiese vor der Gilde-Halle. Sekunden später setzte Lioth neben ihm auf. Während N’ton von der Schulter des Bronzedrachen rutschte, tauchte Tris, seine braune Echse, aus dem Dazwischen auf und tschilpte selbstgefällig.
»Deelan sagte mir, daß du deine Reitjacke vergessen hättest«, meinte N’ton und warf Jaxom das Kleidungsstück zu. »Nun, ich schätze, meine alten Knochen sind empfindlicher gegen Kälte als die deinen. Oder sollte das ein Überlebenstraining sein?«
»Bitte, N’ton – nun fangen Sie nicht auch noch an!«
»Womit denn, junger Mann?«
»Sie wissen sicher…«
»Ich weiß gar nichts.« N’ton musterte Jaxom. »Oder hatte Deelans aufgeregtes Geschnatter heute morgen etwas zu bedeuten?«
»Sie haben nicht mit Lytol gesprochen?«
»Nein. Deelan lief mir über den Weg, als ich dich suchte. Und sie schluchzte, weil du ohne deine Jacke losgeflogen warst.« N’ton ahmte Deelans zitternde Unterlippe nach. »Ich kann heulende Weiber nicht ausstehen – zumindest nicht in dem Alter – also packte ich die Jacke und versprach beim Großen Ei, sie eigenhändig über deinen zarten Leib zu streifen. Dann schickte ich Tris auf die Suche nach Ruth – und hier sind wir nun. Sag mal, hat sich heute morgen etwa eine Tragödie ereignet? Ruth sieht prächtig aus.«
Verlegen wich Jaxom dem durchdringenden Blick des Weyrführers von Fort aus; er schlüpfte umständlich in seine Jacke.
»Ich habe heute morgen sämtliche Bewohner von Ruatha angebrüllt.«
»Und ich habe Lytol prophezeit, daß es über kurz oder lang dazu kommen würde.«
»Was?«
»Wer hat das Gewitter denn ausgelöst? Deelan mit ihrem ewigen Geflenne?«
»Ruth ist ein richtiger Drache!«
»Aber sicher«, erwiderte N’ton so energisch, daß Lioth sich umdrehte und ihn erstaunt anstarrte. »Wer behauptet das
Weitere Kostenlose Bücher