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Die dunkle Göttin

Die dunkle Göttin

Titel: Die dunkle Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David; Thon Weber
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einer anderen Frau zu sehen, oder auch nur darüber nachzudenken, wie man sich selbst darin fühlte – und sich selbst damit zu bekleiden. Falls man das überhaupt sagen konnte. Sie war fest davon überzeugt, dass ihr die Kleidungsstücke gleich vom Körper rutschen würden! Und obwohl sie von der Natur weit weniger üppig bedacht worden war als Garlahna, entsetzte es sie, wie viel Dekollete das Yathu entblößte, nachdem es eng – sehr eng – festgeschnürt worden war. Falls es entworfen wurde, um ihren Busen bei körperlicher Anstrengung zu halten, so erledigte es seine Aufgabe bemerkenswert gut. Doch sie vermutete, dass sogar die stählernen Brustplatten der Rüstungen ihres Vaters geschmeidiger waren. Und sie konnte einfach nicht begreifen, wie etwas gleichzeitig so fest sitzen und so demütigend enthüllend wirken konnte. Dem Yathu gelang jedoch beides ganz ausgezeichnet.
    Nicht, dass das Chari besser gewesen wäre! Schon schlimm genug, wie viel Bein es zeigte – und sie nahm sich vor, sehr darauf zu achten, wie sie sich hinsetzte. Doch ihr war nicht klar gewesen, wie tief es auf der Hüfte saß, und die Vorstellung, der ganzen Welt ihren Bauchnabel zu präsentieren, gehörte sich für die Tochter des Barons von Balthar einfach nicht. Kaum auszudenken, wie ihre Mutter auf diesen Anblick reagieren würde …!
    Außerdem war es kalt! Man hätte mir wenigstens ein paar Schuhe geben können, dachte Leeana klagend, als Garlahna sie hinaus in die windige Morgendämmerung scheuchte. Sie zitterte am ganzen Körper, während der kalte Wind an ihrer entblößten Haut nagte, doch das war nur eine kleine Unbequemlichkeit im Vergleich zu der feuchten, schlammigen und gelegentlich mit Schotter bestreuten Erde unter ihren nackten Füßen.
    »Ich friere an den Füßen!«, flüsterte sie Garlahna zu.
    »Hah! Nur an den Füßen?« Garlahna lachte. »Süße, ich bin Anfang des Winters nach Kalatha gekommen. Ich hab mir fast
meinen süßen jungen Arsch abgefroren, ganz zu schweigen von den Regionen weiter nördlich!«
    »Du musstest natürlich so was sagen!« Leeana stöhnte und zupfte vergeblich an dem Saum ihres Chari, als ihn ein Windstoß aufblähte. Sie war an lange Röcke oder Hosen gewöhnt, und nun küsste der kalte Wind ihre Haut an Stellen, wo sie bisher niemandem das Recht gewährt hatte, sie zu küssen. Sie wünschte sich sehnlichst, jetzt einen langen Rock oder eine Hose tragen zu können.
    »Ach, hör auf zu jammern!« Garlahnas fröhliches Schnauben nahm ihren Worten die Schärfe. »Du hast bestimmt noch nicht mal Eiszapfen da unten!«
    »Nein, aber sie wachsen schon. Und warum darf ich keine Schuhe tragen?« Leeana fühlte sich in diesem Augenblick zu elend, um an ihren aristokratischen Stolz zu denken.
    »Alles, was dich nicht umbringt, macht dich nur härter!«, antwortete Garlahna mit einem seltsam mitfühlenden Lachen. »Jedenfalls haben sie mir das immer eingebläut! Und selbst wenn es nicht stimmt, hier geht es um eine Frage der Tradition.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich persönlich sehe es so, dass wir auf diese Art beweisen, wie viel härter wir sind … als Männer.«
    »Ich hätte lieber warme Füße. Dafür könnten sie mich ruhig als Weichling verhöhnen!«, murmelte Leeana.
    »Still!«, ermahnte Garlahna. Als Leeana hochblickte, sah sie, dass sie sich gerade vierzig oder fünfzig anderen Kriegsbräuten näherten.
    Zunächst hatte sie angenommen, dass diese allmorgendlichen gymnastischen Pflichtübungen Teil derselben bizarren, selbstquälerischen Philosophie waren, die ihr auch Schuhe verweigerte. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, warum so viele Frauen aller Alterstufen – sie entdeckte sogar Dalthys und Johlana unter ihnen – halb nackt und barfuß lange vor Sonnenaufgang in dem eisigen Wind herumstanden. Erst nachdem sie einige Gesprächsfetzen aufgeschnappt hatte, begriff
sie, dass die meisten freiwillig hier waren! Offenbar genossen sie diese »frische« gemeinsame Morgengymnastik.
    In diesem Augenblick erwog Leeana ernsthaft die Möglichkeit, dass all diejenigen Recht haben könnten, die behaupteten, jede Frau, die zu den Kriegsbräuten ging, müsse verrückt sein.
    Sie stand immer noch zitternd da und sah sich kläglich in dem grauen Licht um, als sich ihnen Erlis und eine andere, jüngere Kriegsbraut mit kastanienbraunem Haar mit energischen Schritten näherten. Erlis hatte eine Pfeife im Mund, auf der sie sofort mit widerlichem Eifer blies. Und so begann der vermutlich schrecklichste

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