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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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horse!“ und hieb ihrem ziemlich dicken Pferd mit der flachen Linken auf den weiß Gott nicht flachen Bauch. „Aha“, sagte der Reporter, „verstehe. Das Gefesseltsein als Metapher der postliberalen Existenz, die Entfesselung quasi oder praktisch oder irgendwie die Befreiung von den Zwängen des Finanzmarkts oder, siehe Libyen, aus den Kerkern des Diktators. Richtig?“ „Besser hätte ich es nicht formulieren können“, formulierte Krause und war sehr damit beschäftigt, seine Reiterin abzuschütteln, was ihm schließlich auch gelang. „Und das ist äh... Theaterblut, was sie beide da im Gesicht haben?“ „Jaaaa“, ächzte Regitz mit schiefem Lächeln, „das soll unser politisches Anliegen noch unterstreichen.“
    Mir war speiübel geworden. Die Burschen, das musste man anerkennend feststellen, drehten das Desaster zum Triumph, schon sah ich die Schlagzeilen der Morgenzeitung vor mir, „Genialer Marketingclou in Großmuschelbach“, vielleicht mit zünftigem „Riot“, wie er jetzt in ist, entfesselte Horden junger Menschen, die über die Hähnchenmastfarm herfielen, nicht um die armen Tiere zu befreien, sondern sich besonders frische Chicken McNuggets für den kleinen Hunger zwischendurch zu organisieren. Die Kamera schwenkte noch einmal über die Szenerie der tanzenden halbnackten Körper, badete im Schweiß der vorschriftsmäßig außer Rand und Band geratenen Jugend – sah ich da nicht am rechten unteren Bildrand schon die erste mobile Würstchen- und Bierbude? Ja doch, es war eine, inzwischen gab es eine ganze Industrie von ambulanten Händlern, die sich auf Facebookparties spezialisiert hatten und immer dort auftauchten, wo sehr spontan gefeiert wurde. Wie ich Krause kannte, würde er daraus eine ständige Einrichtung machen, das Bergwerk als origineller Chillraum, wo man seinen Extasyrausch auspennen konnte, den Handel mit der Droge würde Regitz organisieren. Herrliche Aussichten.
    Ich schaltete den Fernseher aus und versuchte wieder zu schlafen. Es gelang nicht. Die Gedanken wollten nicht aus meinem Kopf, nicht einmal das Fernsehen hatte es geschafft, mich völlig gedankenleer zu machen, was doch eigentlich seine Aufgabe ist.
     
     
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    Marxer taumelte. So musste es den Helden seiner Kriminalromane ergehen, nachdem sie gerade die Welt oder wenigstens eine schöne Frau vor dem Verderben gerettet hatten. Dieses moralische Hochgefühl, ein gesunder und berauschender Cocktail aus Adrenalin, Testosteron und dem Zeug, das in der Schokolade drin ist und Glücksgefühle produziert. Müsste man nachschlagen.
    Sie waren endlich daheim. Oxana und Sonja Weber teilten sich das Badezimmer, aus dem es so penetrant erotisch nach draußen drang, dass Marxer an jedem anderen Tag in schwülstig-warme Phantasien eingetaucht wäre, um sich von ihnen fortreißen zu lassen. Heute jedoch nickte er die ganze Chose mit einem Lächeln des Verständnisses ab und erinnerte sich an Oxanas Versprechen, „etwas“ bei ihr gut zu haben. Allein die Aussicht darauf ließ ihm schwarz vor Augen werden. Und müsste er nicht auch bei Sonja Weber etwas gut haben? Wenn es nur einen Funken Weltgerechtigkeit gibt, dachte Marxer, dann wird sich baldigst der letzte noch unerfüllte Traum meiner Pubertät vollenden: Mit zwei atemberaubenden Frauen ins Bett gehen, gleich zwei Danach-Zigaretten genüsslich schmauchen dürfen, ein Buch darüber schreiben und es auf der SPIEGEL-Bestsellerliste im Sprint nach oben schießen sehen.
    In seinem Arbeitszimmer setzte sich Marxer sofort an den Computer, seine Beine waren Säulen aus Wackelpudding, sein Kopfinhalt von ähnlicher Konsistenz und der Explosivität handelsüblichen Plastiksprengstoffs, seine Abteilung Schwellkörper beherbergte einen Hornissenschwarm on dope. Und in diesem Kopf setzten sich gerade ganze Romane wie riesige Puzzles zusammen. Fast wie von selbst, doch es waren fragile Gebilde, man musste sie auf der Stelle fixieren, mit der routinierten Sprache des Vielschreibers provisorisch binden. Diese Kunst beherrschte Marxer, dem das Schreiben schon immer so vertraut gewesen war wie anderen Leuten das Verlegen von Badezimmerfliesen.
    Badezimmer. Oxana und Sonja waren diesem soeben entkommen, liefen jetzt – so hörte es sich jedenfalls an – barfuß über den Flur, jauchzend und giggelnd, nachfeiernd und vorfreudig, stoppten vor dem Arbeitszimmer, öffneten die Tür, streckten die Köpfe hinein und wisperten ein „Gute Nacht"-Duett. Allein das hätte Marxer umgehauen, doch dazu

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