Die Eifelgraefin
gering. Doch zwei Namen sprangen ihm ganz deutlich ins Auge. Der eine lautete «Bongert», der andere «Eginolf von Küneburg».
Erschüttert lehnte sich Martin gegen das kalte raue Gemäuer des Kellergewölbes, konnte sich jedoch nicht von dem seltsamen Schriftstück losreißen. Schließlich las er jedoch auch noch die anderen Briefe, und nach und nach begriff er, dass er nicht nur das Zeugnis eines uralten Schwurs dreier Freunde entdeckt hatte, sondern dass er selbst als Nachfahre eines von ihnen ein Teil davon war. Und nun begriff er auch, wovon die Magd Luzia gesprochen hatte. Dem Namen nach war also auch sie eine Nachfahrin jener drei Männer, die einander auf jenem zweiten Kreuzzug gegenseitige Freundschaft und Hilfe gelobt hatten. Und Elisabeth schien die Dritte im Bunde zu sein.
Rasch legte er die wertvollen Schriftstücke zurück in das Geheimfach und holte noch einmal die Kette aus der kleinen Truhe hervor. Nachdenklich ließ er sie durch seine Finger gleiten. Warum nur war dieser Schwur in seiner Familie in Vergessenheit geraten? Und mit ihm die Erinnerung an die Herkunft seiner Familie. Das war eine Frage, der er sofort beschloss nachzugehen.
Und noch etwas nahm er sich vor. Da die Küneburger und auch Luzias Familie ganz offenbar auch heute noch an jener alten Freundschaft festhielten, wollte er auch seinen Anteil daran leisten. Zu lange war das Versprechen in seiner Familie vernachlässigt – ja vergessen worden.
Er schmunzelte vor sich hin. Einen Anfang hatte er ja mit seinem Beistand gegen Dietrich Branten bereits – wenn auch unbewusst – gemacht. Und genau dies bestärkte ihn darin, seinen Vorsatz in die Tat umzusetzen.
Auf welche Weise er seinen Teil des Schwurs erfüllen sollte, konnte er sich zwar nicht recht vorstellen, denn ElisabethsFamilie schien nun vorerst keinerlei Hilfe mehr zu bedürfen. Und was Luzia betraf, diese unverschämte, wenn auch unerwartet kluge Magd, so spürte er auch hier weder das Bedürfnis noch die Notwendigkeit einer Unterstützung.
Aber man konnte ja nicht wissen, was die Zukunft bringen würde. Zunächst einmal würde er sich den beiden Frauen wohl als Nachfahre jenes Radulf von Wied zu erkennen geben und dann sehen, wohin ihn das führte.
Entschlossen umfasste er die silberne Kette fester und überlegte gerade, ob er die kleine Truhe mit seinen Kindheitserinnerungen nicht ebenfalls mit nach oben nehmen sollte, als er aus den Wohnräumen über ihm fröhliche Stimmen vernahm. Eine davon gehörte ganz offensichtlich seiner Mutter, eine andere seiner jüngsten Schwester.
Erfreut, dass seine Familie bereits früher als erwartet eingetroffen war, eilte er die Treppe hinauf, um sie zu begrüßen und ihnen von seinem sonderbaren Fund zu berichten.
HISTORISCHE NACHBEMERKUNG
Burg Kempenich
Die Burg Kempenich gibt es nicht mehr. Wechselnde Besitzer, Kriege und Vernachlässigung haben dazu geführt, dass heute von der stolzen und wehrhaften Burganlage nur mehr ein kleines Stück der Palasmauer sowie Reste des Burggrabens erkennbar sind. Da das Areal zu einem Privatbesitz gehört, ist es nicht öffentlich zugänglich. Lediglich von einem Wanderweg aus kann der interessierte Betrachter einen Blick darauf werfen.
Im 14. Jahrhundert jedoch muss die Burg einen imposanten Anblick geboten haben. Chronisten schreiben, die Anlage sei mit ihren starken Mauern, vielen Verteidigungstürmen, den beiden Wassergräben, Zugbrücken und vierfachen Toren vor der Erfindung des Schießpulvers schwer oder gar nicht einnehmbar gewesen. Die Grundrisszeichnungen, die mein Mann, Paul Schier, dankenswerterweise für dieses Buch angefertigt hat, sollen zumindest einen kleinen Eindruck davon vermitteln.
Leider gibt es aus der Zeit vor dem 16. Jahrhundert kaum noch Aufzeichnungen über die Burg und ihr ursprüngliches Aussehen, sodass der Grundriss nur eine ungefähre Rekonstruktion sein kann, die anhand meiner intensiven Recherchen vorgenommen werden konnte.
Über den ursprünglichen Palas – das Wohnhaus der Burg – gibt es gar keine Beschreibungen mehr; lediglich seine Lage und die der außen vorgelagerten Anbauten der Kapelle und der Wendeltreppe sind bekannt. So kann ich auch nicht mit Sicherheit sagen, ob dieses Gebäude drei oder vier Obergeschosse aufwies – ich habe mich aufgrund der Gesamtgröße der Burganlage für letztere Version entschieden. Auch kann ich nur vermuten, dass die Außenmauern des Palas, die im Erdgeschoss bis zu zwei Metern dick waren, von Stockwerk zu
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