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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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sechs Wochen im Keller experimentiert hatte, ohne Ergebnisse zu erzielen, um dann anhand seiner Aufzeichnungen festzustellen, dieselbe Messreihe im Frühjahr schon einmal gemacht zu haben. Auch ohne Ergebnis. Wie viele Jahre? Er wusste es nicht mehr. Er hatte am Casselli-Instrument gearbeitet, schöne Messreihe eigentlich, oder war es Gravitation gewesen, etwas mit Gravitation, das Laborbuch wusste von einem Pfund Quecksilber. Temperaturen. Ja, ja, Anderson. War er nicht gestorben? Maxwell kannte ihn ja nicht. Aber Anderson war doch gestorben, oder?
    Sarah lächelte, brachte Tee.
    Auf dem Tisch lag ein angefangener Brief, er vergaß geschriebene Satzteile, bevor er damit fertig war, und musste vor und
zurück, er konnte Sätze nicht zu Ende konstruieren, was sie ungelenk machte, und schlimmer noch, unsinnig und blöd. Im Notizbuch stand seine Persönliche Erklärung :
    I. Jahre des Glücks hier, aber Zeit aufzuhören. Gedächtnisverlust und Lebensdauer des Gehirns erzeugen Zögerlichkeit und Unsicherheit der Überzeugungen, die der Sprecher zu vertreten hat.
    II. Unfähigkeit, den Geist auf die Schätze des Wissens zu stützen, über die er früher verfügte.
    III. Düsterkeit und Vergesslichkeit der eigenen Standards bezüglich Recht, Würde und Selbstrespekt.
    IV. Strenge Pflicht, anderen gerecht zu werden, aber Unfähigkeit dazu. Rückzug.
    Die Erklärung war nicht von jetzt. War er das? »Ich beschwere mich nicht«, hatte er vor Kurzem krakelig geschrieben, »ich erkläre nur und habe tausend Gründe, zufrieden zu sein.« War das vor Kurzem gewesen? Was hieß das, vor Kurzem, und was der junge Maxwell da, wenn man das rechnen nennen konnte, ob das jemals von, wer sollte, diese Theorie war diese Theorie, wo ist
er ...
    Abbott? Welcher Abbott?
    »Wellen?«, hörte er jemanden sagen.
    Natürlich.
    Er nahm den Brief vom Tisch und knüllte ihn zusammen, bevor das Papier ins Feuer flog. Dann blickte er zum Fenster, wegen der Frischluft. Das Fenster war zu. Was denn? Er hätte gerne seinen Bruder noch einmal gesehen, Wowert, immer meinte Sarah, er habe einen Unfall gehabt, 1846, er sei von der Kutsche gefallen, und sie hätten einen langen Weg vor sich, hörte er sich wie durch Milchglas sagen, das er abwischen wollte mit der Hand, aber es wurde nicht klarer, verdammt, Sarah, nein, er hatte doch dieses Schiffchen aus Papier, schwamm es nicht gerade, und, ich, ja, ich wünschte mich ausruhen zu dürfen. Wo war denn Sarah jetzt hin?
    Zum Abschied umarmte ihn Maxwell.
    »Der mit dem Bart?«
    5 Das Schaltpult
    Hermann Einstein erschien nicht zum Frühstück. Erst kurz bevor sich Albert und Pauline in der Küche hinsetzten, war Hermann vom Schwabinger Fest nach Hause gekommen. Albert war schon wach gewesen, er hatte mit angezogenen Beinen in der Kuhle in seinem Bett gelegen und hatte ihn gehört, weil er einen Stuhl umgestoßen hatte, ins Badezimmer gegangen war, wo er rülpste und sich länger aufgehalten hatte, als es üblich war. Für Zeitabläufe hatte Albert ein äußerst gutes Gefühl, obwohl er sie beim Bau von Kartenhäusern oder Lesen von Büchern ohne Weiteres vergessen konnte.
    »Nun iss«, sagte Pauline.
    Mit aufgestütztem Ellenbogen hatte Albert den Löffel auf Mundhöhe in der Luft gehalten und las in den Münchener Neuesten Nachrichten, die ein Laufbursche eben unten auf die Stufen geworfen hatte. Er hatte die Zeitung hochgeholt, jetzt lag sie neben ihm, die obere Hälfte der ersten Seite nach unten. Auf der unteren las Albert, dass ein Professor H. Herz aus Karlsruhe elektrodynamische Schwingungen, die in einem Kabel stattfanden, auch im Raum um das Kabel herum habe nachweisen können.
    »Hast du auch Onkel Jakob nach Hause kommen hören?«, fragte Pauline irgendwann.
    Die Schwingungen verhielten sich nicht anders als ganz gewöhnliche Lichtwellen. Es gab geradlinige Ausdehnung, Polarisation, Reflexion und Brechung.
    »Nun iss«, wiederholte sich Pauline, die vor zwei Stunden Höchtl geweckt hatte, damit er wenigstens den Generator anstellte. Danach hatte sie sich wieder hingelegt und die Firma sich selbst überlassen.
    Albert aß den Haferbrei, der dampfend vor ihm stand, um sich wenige Minuten später in Mantel und mit ordentlich gebundenem Schal zu verabschieden und zur Schule zu laufen oder besser zu hüpfen, wo er den ganzen Tag einen desinteressierten Eindruck machte und mehrfach ermahnt wurde.
    Er lernte, dass seit 1870 der Papst immer Recht hatte.
    »Aber dich betrifft das nicht«, hatte der Lehrer

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