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Ungnade: Thriller (German Edition)

Ungnade: Thriller (German Edition)

Titel: Ungnade: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GJ Moffat
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Prolog: Der Vertrag
    » Wie lange töten Sie jetzt schon für mich, Carl?«
    Carl Hudson war seinem Gegenüber noch nie begegnet, aber er kannte die Sorte. Solche Typen versuchten immer den anderen zu provozieren, um ihn damit aus der Reserve zu locken. Hudson ignorierte die Frage, führte die weiße Tasse zum Mund und nippte an seinem Espresso.
    » Nun zieren Sie sich doch nicht so, Carl.« Der andere ließ nicht locker. » Sie sind hier unter Freunden.«
    Er machte eine ausladende Geste mit den Armen und grinste über seinen eigenen Witz. Sie waren die einzigen Gäste an den Tischen vor dem ziemlich nichtssagend wirkenden Coffeeshop. Der Laden hatte erst vor wenigen Minuten aufgemacht, und die Angestellten waren noch damit beschäftigt, auf dem Gehsteig die letzten Tische für die morgendlichen Gäste aufzustellen.
    Es war ein warmer Tag Ende August, und der Mann, der Carl Hudson gegenübersaß, zog sein Jackett aus. Als er es über die Stuhllehne hängte, ließ er Hudson einen Blick auf das Etikett werfen: Es stammte von einem Maßschneider. Dann zupfte der Mann sein Hosenbein zurecht und schlug die Beine übereinander, wobei der sommerlich leichte Wollstoff ein leises Geräusch von sich gab.
    Hudson nippte noch einmal an seinem Espresso und schob mit dem Zeigefinger seiner freien Hand die Sonnenbrille auf seiner Nase ein Stückchen höher. Er musterte sein Gegenüber und registrierte dessen besondere Merkmale, während der sich in seinem Stuhl zurücklehnte. Hudson beschloss, dass er dem Typen endlich einen Namen geben musste.
    Uhr von TAG Heuer.
    Brille von Armani.
    Seidenkrawatte von Paul Smith.
    » Ich muss Sie ja irgendwie anreden«, sagte Hudson und ignorierte nach wie vor die Frage des Mannes. » Was würden Sie von Paul halten?«
    » Von mir aus. Was immer Sie wollen.«
    » Ich gebe zu, dass ich etwas neugierig geworden bin«, sagte Hudson. » Warum wollten Sie sich gerade jetzt mit mir treffen? Ist dieser Job etwas Besonderes?«
    » Ich beschäftige mich gern mit Geschichte«, sagte Paul, zündete sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Lungenzug. Dann pickte er sich einen Tabakkrümel von der Zunge und schnipste ihn aufs Pflaster. Der Rauch seines Glimmstängels kräuselte sich im grellen Sonnenlicht.
    » Was ich sagen will– man kann aus der Geschichte eine Menge lernen«, fügte er nach einer Pause hinzu. » Wenn ich Ihnen das an ein paar Beispielen erläutern dürfte?«
    Die glühende Sonne wurde Hudson auf seinem kurz geschorenen Schädel allmählich zu heiß, außerdem war er nicht in Plauderstimmung. Aber er musste Paul gewähren lassen; schließlich war er es, der die Schecks ausstellte– im übertragenen Sinne.
    » Das erste Beispiel dürfte Ihnen nicht ganz fremd sein angesichts…«, Pauls Blicke schossen in alle Richtungen, während er nach dem treffenden Wort suchte, » Ihres persönlichen Hintergrundes.« Augenscheinlich war er hochzufrieden mit dem Ausdruck, der ihm eingefallen war, und konnte nun seinen Gedankengang fortsetzen. » Wussten Sie zum Beispiel, dass die erste Autobombe im Westen…«
    Er beendete den Satz nicht und sah stattdessen Hudson an. » Tut mir leid. Das war wohl ziemlich laienhaft formuliert, nicht wahr? Habt Ihr Typen von der Army nicht so einen Spezialausdruck dafür?«
    Hudson war sich bewusst, dass Paul Katz und Maus mit ihm spielte, musste sich aber wohl oder übel darauf einlassen.
    » Wir nennen es VBIED , ein Akronym für Vehicle Borne Improvised Explosive Device – Geplanter Anschlag mittels eines in einem Fahrzeug deponierten Sprengstoffs«, erklärte er, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt.
    » Gott, wie unglaublich banal sich das anhört, wenn Sie es sagen. Finden Sie nicht auch?«
    Hudson wertete das als eine rein rhetorische Frage und erwiderte nichts.
    » Jedenfalls«, nahm Paul den Faden wieder auf, indem er sich durch sein dichtes graues Haar fuhr, » wurde so eine Bombe in der westlichen Hälfte der Welt zum ersten Mal 1920 in New York verwendet. Irgend so ein italienischer Spinner karrte einen mit Sprengstoff vollgeladenen Pferdewagen mitten in den Finanzdistrikt von Manhattan und brachte damit vierzig Menschen um. Scheußliche Geschichte.«
    Hudson fragte sich, worauf Paul hinauswollte, merkte aber auch, dass dieser nun erst recht in Fahrt geriet. Es wäre ein Fehler, ihn jetzt zu unterbrechen.
    » Sie haben das, was so ein Anschlag anrichtet, ja bereits aus unmittelbarer Nähe gesehen, nicht wahr? Wo war das gleich– im

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