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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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entstanden ist? Ist es glaublich, dass natürliche Zuchtwahl einerseits ein Organ von so unbedeutender Wichtigkeit, wie z. B. den Schwanz einer Giraffe, welcher als Fliegenwedel dient, und andererseits ein Organ von so wundervoller Struktur, wie das Auge hervorbringen kann?
    Drittens: Können Instinkte durch natürliche Zuchtwahl erlangt und abgeändert werden? Was sollen wir z. B. zu einem so wunderbaren Instinkte sagen, wie der ist, welcher die Bienen veranlasst, Zellen zu bauen, durch welche die Entdeckungen tiefsinniger Mathematiker praktisch antizipiert worden sind?
    Viertens: Wie ist es zu begreifen, dass Spezies bei der Kreuzung mit einander unfruchtbar sind oder unfruchtbare Nachkommen geben, während, wenn Varietäten mit einander gekreuzt werden, deren Fruchtbarkeit ungeschwächt bleibt?
    Die zwei ersten dieser Hauptfragen sollen hier, einige verschiedene Einwürfe in dem nächsten Kapitel, Instinkt und Bastardbildung in den beiden darauf folgenden Kapiteln erörtert werden.
    Mangel oder Seltenheit vermittelnder Varietäten
    Da die natürliche Zuchtwahl nur durch Erhaltung nützlicher Abänderungen wirkt, so wird jede neue Form in einer schon vollständig bevölkerten Gegend streben, ihre eigene minder vervollkommnete Stammform, so wie alle anderen minder vollkommenen Formen, mit welchen sie in Konkurrenz kommt, zu verdrängen und endlich zu vertilgen. Aussterben und natürliche Zuchtwahl gehen daher Hand in Hand. Wenn wir folglich jede Spezies als Abkömmling von irgend einer anderen unbekannten Form betrachten, so werden Urstamm und Übergangsformen gewöhnlich schon durch den Bildungs- und Vervollkommnungsprozess der neuen Form selbst zum Aussterben gebracht sein.
    Da nun aber doch dieser Theorie zufolge zahllose Übergangsformen existiert haben müssen, warum finden wir sie nicht in unendlicher Menge in den Schichten der Erdrinde eingebettet? Es wird angemessener sein, diese Frage in dem Kapitel von der Unvollständigkeit der geologischen Urkunden zu erörtern. Hier will ich nur anführen, dass ich die Antwort hauptsächlich darin zu finden glaube, dass jene Urkunden unvergleichbar minder vollständig sind, als man gewöhnlich annimmt. Die Erdrinde ist ein ungeheueres Museum, dessen naturgeschichtliche Sammlungen aber nur unvollständig und in einzelnen Zeitabschnitten eingebracht worden sind, die unendlich weit auseinander liegen.
    Man kann nun aber einwenden, dass, wenn einige naheverwandte Arten in einerlei Gegend beisammen wohnen, wir sicher in der Gegenwart viele Zwischenformen finden müssten. Nehmen wir einen einfachen Fall an. Wenn man einen Kontinent von Norden nach Süden durchreist, so trifft man gewöhnlich von Zeit zu Zeit auf andere einander nahe verwandte oder stellvertretende Arten, welche offenbar ungefähr dieselbe Stelle in dem Naturhaushalte des Landes einnehmen. Diese stellvertretenden Arten grenzen oft an einander oder greifen in ihr Gebiet gegenseitig ein, und in dem Maße, als die eine seltener und seltener wird, wird die andere immer häufiger, bis die eine die andere ersetzt. Vergleichen wir aber diese Arten da, wo sie sich mengen, mit einander, so sind sie in allen Teilen ihres Baues gewöhnlich noch eben so vollkommen von einander unterschieden, wie die aus der Mitte des Verbreitungsbezirks einer jeden entnommenen Exemplare. Nun sind indes nach meiner Theorie alle diese Arten von einer gemeinsamen Stammform ausgegangen; jede derselben ist erst während des Modifikationsprozesses den Lebensbedingungen ihrer Gegend angepasst worden und hat dort ihren Urstamm sowohl als die Mittelstufen zwischen ihrer ersten und jetzigen Form ersetzt und verdrängt. Wir dürfen daher jetzt nicht mehr erwarten, in jeder Gegend noch zahlreiche Übergangsformen zu finden, obwohl dieselben existiert haben müssen und ihre Reste wohl auch in die Erdschichten aufgenommen worden sein könnten. Aber warum finden wir in den Zwischengegenden, wo doch die äußeren Lebensbedingungen einen Übergang von denen des einen in die des anderen Bezirkes bilden, nicht jetzt noch nahe verwandte Übergangsvarietäten? Diese Schwierigkeit hat mir lange Zeit viel Kopfzerbrechen verursacht; indessen glaube ich jetzt, sie lasse sich großenteils erklären.
    An erster Stelle sollten wir sehr vorsichtig mit der Annahme sein, dass eine Gegend, weil sie jetzt zusammenhängend ist, auch schon seit langer Zeit zusammenhängend gewesen sei. Die Geologie veranlasst uns zu glauben, dass fast jeder Kontinent noch in der

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