Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
verschiedenen Richtungen auseinander gegangen sind. Nach beiderlei Ansichten müssen wir annehmen, dass die Viscache mehr von den erblichen Charakteren des alten Stammvaters an sich behalten hat, als sämtliche anderen Nager; und deshalb zeigt sie keine besonderen Beziehungen zu diesem oder jenem noch vorhandenen Beutler, sondern nur indirekt zu allen oder fast allen Marsupialien überhaupt, indem sie sich einen Teil des Charakters des gemeinsamen Urerzeugers oder eines früheren Gliedes dieser Gruppe erhalten hat. Andererseits besitzt nach Waterhouse’s Bemerkung unter allen Beuteltieren die Phascolomys am meisten Ähnlichkeit nicht zu einer einzelnen Art, sondern zur ganzen Ordnung der Nager überhaupt. In diesem Falle ist indes sehr zu vermuten, dass die Ähnlichkeit nur eine Analogie sei, indem die Phascolomys sich einer Lebensweise anpasste, wie sie Nager besitzen. Der ältere DeCandolle hat ziemlich ähnliche Bemerkungen hinsichtlich der allgemeinen Natur der Verwandtschaft zwischen verschiedenen Pflanzenordnungen gemacht.
Nach dem Prinzip der Vermehrung und der stufenweisen Divergenz des Charakters der von einem gemeinsamen Ahnen abstammenden Arten in Verbindung mit der erblichen Erhaltung eines Teiles des gemeinsamen Charakters erklären sich die außerordentlich verwickelten und strahlenförmig auseinander gehenden Verwandtschaften, wodurch alle Glieder einer Familie oder höheren Gruppe miteinander verkettet werden. Denn der gemeinsame Stammvater einer ganzen Familie, welche jetzt durch Erlöschung in verschiedene Gruppen und Untergruppen gespalten ist, wird einige seiner Charaktere in verschiedener Art und Abstufung modifiziert allen gemeinsam mitgeteilt haben, und die verschiedenen Arten werden demnach nur durch Verwandtschaftslinien von verschiedener Länge miteinander verbunden sein, welche in weit älteren Vorgängern ihren Vereinigungspunkt finden, wie es das so oft angezogene Schema darstellt. Wie es schwer ist, die Blutsverwandtschaft zwischen den zahlreichen Angehörigen einer alten adeligen Familie sogar mit Hilfe eines Stammbaumes zu zeigen, und fast unmöglich, es ohne dieses Hilfsmittel zu tun, so begreift man auch die außerordentliche Schwierigkeit, auf welche Naturforscher, ohne die Hilfe einer bildlichen Skizze, stoßen, wenn sie die verschiedenen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den vielen lebenden und erloschenen Gliedern einer großen natürlichen Klasse nachweisen wollen.
Erlöschen hat, wie wir im vierten Kapitel gesehen haben, einen bedeutsamen Anteil an der Bildung und Erweiterung der Lücken zwischen den verschiedenen Gruppen in jeder Klasse gehabt. Wir können selbst die Trennung ganzer Klassen von einander, wie z. B. die der Vögel von allen andern Wirbeltieren, durch die Annahme erklären, dass viele alte Lebensformen ganz verloren gegangen sind, durch welche die ersten Stammeltern der Vögel vordem mit den ersten Stammeltern der übrigen damals weniger differenzierten Wirbeltierklassen verkettet gewesen sind. Dagegen sind nur wenige von den Lebensformen erloschen, welche einst die Fische mit den Batrachiern verbanden. In noch geringerem Grade ist dies in einigen andern Klassen, z. B. bei den Krustern der Fall gewesen, wo die wundersamst verschiedenen Formen noch durch eine lange und nur teilweise unterbrochene Verwandtschaftskette zusammengehalten werden. Erlöschung hat die Gruppen nur umgrenzt, durchaus nicht gemacht. Denn wenn alle Formen, welche jemals auf dieser Erde gelebt haben, plötzlich wieder erscheinen könnten, so würde es zwar ganz unmöglich sein, die Gruppen durch Definitionen von einander zu unterscheiden, demungeachtet würde eine natürliche Klassification oder wenigstens eine natürliche Anordnung möglich sein. Wir können dies ersehen, indem wir unser Schema betrachten. Nehmen wir an, die Buchstaben A bis L stellen elf silurische Gattungen dar, wovon einige große Gruppen abgeänderter Nachkommen hinterlassen haben. Jedes Mittelglied in allen Arten und Zweigen ihrer Nachkommenschaft sei noch am Leben, und diese Glieder seien so fein wie die zwischen den feinsten Varietäten abgestuft. In diesem Falle würde es ganz unmöglich sein, die vielfachen Glieder der verschiedenen Gruppen von ihren unmittelbaren Eltern und Nachkommen durch Definitionen zu unterscheiden. Und doch würde die in dem Bilde gegebene Anordnung ganz gut passen und auch natürlich sein; denn nach dem Vererbungsprincip würden alle von A herkommenden Formen unter sich etwas gemein
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