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Die Erpresserin

Die Erpresserin

Titel: Die Erpresserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Schätzung nach etwa neunzehn, und ein Blick genügte,
um mich davon zu überzeugen, daß es zwischen uns keine Geheimnisse gab. Sie lag
splitterfasernackt da, und ihr Kopf hing über das eine Ende der Couch herab, so
daß ich ihr Gesicht kaum erkennen konnte, aber ihr prachtvoller rosigweißer
Körper bot sich in völliger Perfektion dar. Kleine, tadellos geformte Brüste
und zart gerundete Hüften, die in lange, anmutige Beine übergingen. Ihre
Zehennägel waren silbern lackiert, stellte ich beiläufig fest, und wenn dies
das berühmte Künstlerdasein bedeutete, so war es an der Zeit, mir sofort den
nächsten Dachboden zu mieten.
    »Geld wollen Sie also nicht,
das liegt bereits fest«, sagte der Künstler in einer Art monotonen
Geschnatters. »Was wollen Sie dann, Freund?«
    »Sind Sie Harold Loomis?«
fragte ich ihn, mit äußerster Willensanstrengung den Blick von dem Modell
lösend.
    »Ich bin Loomis«, sagte er.
»Und?«
    »Ich habe von Ihren Arbeiten
gehört«, sagte ich. »Ich dachte, ich werfe einmal selbst einen Blick darauf.«
    »He, Angie!« Er lachte
beglückt. »Hast du das gehört? Endlich berühmt!« Er blickte zu mir zurück. »Wer
hat Ihnen von meinen Arbeiten erzählt, Freund? Dieser verdammte Hauswirt,
darauf gehe ich jede Wette ein!«
    Das Modell setzte sich auf und
betrachtete mich mit gemäßigtem Interesse, sich ihrer Nacktheit aufs
großartigste unbewußt.
    »Soll das heißen, daß Sie was kaufen wollen?« erkundigte sie sich mit ungläubiger Stimme.
    »Vielleicht«, sagte ich. »Ich
bin mir noch nicht sicher.«
    »Ich glaube es nicht!« Sie
blickte Loomis mit aufgerissenen Augen an und
schüttelte langsam den Kopf. »Ich glaube es einfach nicht!«
    »Wie wär’s damit?« Er wies mit
dem Pinsel auf die Leinwand. »Es ist beinahe fertig. Hier ist Ihre große
Chance, das letzte Meisterwerk Loomis’ zu kaufen, noch bevor die Farbe trocken
ist, Mr. — ?«
    »Holman«, sagte ich bereitwillig.
»Rick Holman.«
    Ich warf einen Blick auf die
Leinwand und wünschte etwa fünfzehn Sekunden später, ich hätte es nicht getan.
Der schöne Körper des Modells war mit gewandter, fast lebensechter Akkuratesse
wiedergegeben, und so weit sagte mir das Ganze zu. Aber die individuellen
Zugaben des Künstlers veranlaßten mich, mühsam zu
schlucken: Dinge wie das klaffende Loch in der Mitte ihres Bauches, das einen
Übelkeit erregenden Wirrwarr an inneren Organen enthüllte, ein Anblick, der nur
einem Coroner zugänglich sein sollte, der Blutstrom, der aus der klaffenden
Wunde floß und sich reichlich über ihre Oberschenkel ergoß — beides reichte
aus, um einen Vampyr in einen Vegetarier zu
verwandeln.
    »Wie«, krächzte ich,
»bezeichnen Sie das?«
    »Ich nenne es Akt — mit Einblick«,
sagte Loomis beglückt. »Wie würden Sie es bezeichnen, Mr. Holman?«
    »Als irre!« Ich schauderte.
»Weshalb zum Teufel tun Sie einem schönen Körper so etwas an?«
    »Weil es ein toter Körper ist —
eine Leiche.« Seine Stimme klang sehr geduldig, als ob er einem kleinen Kind
etwas erkläre. »Ich drücke mich aus, Freund. Ich —   Harold Loomis — nicht Harold Goya — oder
Harold da Vinci — oder auch nur Harold Gloop ! Wissen
Sie, was das Bedeutsamste in Ihrem ganzen Leben ist — in jedermanns Leben?«
    »Sie meinen, es gibt außer Sex
noch etwas?« fragte ich müde.
    »Tod«, sagte er. »Tod ist das
Allerbedeutsamste im Leben, Freundchen. Schnippen Sie es ab, kapseln Sie es
ein, schöpfen Sie das Fett ab — und was haben Sie dann?«
    »Eine dünne Leiche?«
    »Wie witzig, Freund.« Er starrte
mich einen Augenblick lang bösartig an. »Ich will Ihnen sagen, was Sie dann
haben: einen gewaltsamen Tod!« Der Pinsel fuhr wieder auf die Leinwand zu wie
ein Rapier auf die Brust des Gegners. »Sie haben einen Akt — mit Einblick.
Einen Einblick in das ganze schmutzige, abstoßende, erschreckende, scheußliche
Drum und Dran eines gewaltsamen Todes!« Er holte tief Luft. »Sie können es
haben — für fünfzig Dollar in bar.«
    »Ich würde Ihnen keine zehn
Cent dafür geben«, sagte ich wahrheitsgemäß.
    »Okay.« Er zuckte erheitert die
Schultern. »Ihr Verlust ist der meine, Freund. Ich habe einen ganzen Stapel
Bilder dort drüben.« Er wies auf das andere Ende des Raumes. »Wollen Sie sie
ansehen?«
    »Sind sie alle so?« Ich wies
mit dem Kopf auf die Staffelei. »Die meisten«, gab er zu. »Obwohl es sich nicht
nur um Schnittwunden handelt: Ich habe auch ein paar Einschüsse, zwei
Erdrosselungen, und eines

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