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Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Titel: Die Falschmünzer vom Mäuseweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Dengenbach. Es dunkelte. Die Temperatur sank. Ab und zu wurden
sie von einem Auto überholt. Karl entdeckte einen Hasen, der übers verschneite
Feld hoppelte. Klößchen bedauerte mehrfach den Verlust seiner Schokolade. Gaby
begann zu frieren. Tarzan gab ihr seinen Wollschal, den sie erst nicht wollte.
Wortlos wurde er ihr um den Hals gewickelt. Sie sagte nichts. Aber ihr Lächeln
dankte.
    Ihm machte es nichts aus, dass
er jetzt keinen Schal hatte. Er war enorm abgehärtet, fror nie. Auf Handschuhe
verzichtete er ohnehin immer. Und die kleine Wollmütze, die auf seinen Locken
thronte, trug er eigentlich nur zum Spaß.
    In Dengenbach erstrahlten
zahlreiche Lichter — und in den Gärten einige mit elektrischen Kerzen verzierte
Weihnachtsbäume. Es war Anfang Dezember und so viel Schnee wie in diesem Jahr
hatte es seit Langem nicht gegeben.
    Sie brachten die Schlitten zum
Sportgeschäft zurück und bezahlten die Leihgebühr. Dann gingen sie zur
S-Bahn-Station, die etwas außerhalb lag.
    »War ein toller Ausflug«,
stellte Tarzan fest.
    »Himmlisch!« Gaby bibberte ein
bisschen und schlang die Arme um sich. Aber was sie sagte, war ernst gemeint.
    »Nächsten Sonntag wieder!«,
schlug Karl vor. »Sofern das Wetter so bleibt.«
    »Aber dann nehme ich einen
Rucksack mit«, entschied sich Klößchen. »Nochmal passiert mir das nicht, dass
ich meine Schokolade verliere.«
    Sie erreichten die
S-Bahn-Station, eine ehemalige Bedarfshaltestelle. Es gab kein Gebäude. Nur
einen überdachten Bahnsteig mit dem Schild DENGENBACH und einem
Fahrkartenautomaten. Freilich konnte man hier nur bis zur Endstation lösen, bis
Floriansau, oder bis zur Stadt. Weiter nicht.
    Die Kinder hatten ihre Karten
schon, Rückfahrkarten.
    Der Bahnsteig war leer.
    Sie warteten. In der Ferne
ertönte das Pfeifsignal. Dann rollte die S-Bahn heran.

2. Sinnlose Zerstörungswut
     
    Tarzan wusste, dass die Strecke
wenig befahren war. In der Zeitung hatte gestanden, sie sollte stillgelegt
werden. Aber dazu war es dann doch nicht gekommen, weil Anlieger, die gern aufs
Auto verzichteten, protestiert hatten.
    Die Diesellok zog nur drei
Wagen. Leere, hell erleuchtete Abteile rollten an den TKKG-Freunden vorbei.
    »Wir müssen uns beeilen!«, rief
Gaby in den Lärm klirrender Räder und pfeifender Bremsen. »Er hält nur eine
Minute.«
    Vor ihnen kam der letzte Wagen
zum Stehen.
    Die Tür schwang auf und schlug
gegen die Außenwand.
    Mit gewaltigem Satz sprang ein
Typ auf den Bahnsteig.
    Es war wirklich ein Typ: Von
oben bis unten in schwarzes Leder gekleidet, mit viel Silbernieten,
Achselklappen und anderem Schnickschnack. Er mochte 16 oder 17 Jahre alt sein,
hatte brandrotes, viel zu langes Haar und ein grobes Gesicht voller
Sommersprossen. Er war so groß wie Tarzan, wirkte aber schwerer — nicht zuletzt
wegen seiner monströsen Motorradkleidung.
    Drei gleichartige Typen quollen
nach ihm aus der Abteiltür.
    Das heißt: Nur in der
Aufmachung glichen sie ihm.
    Der Zweite war etwas kleiner
und eckig gebaut, hatte aber so krumme Beine wie ein Jockey (berufsmäßiger
Rennreiter) nach 30 Dienstjahren auf widerspenstigen Gäulen. Ihm spross ein
schwarzer, aber noch recht flaumiger Schnurrbart unter der Nase. Seine
schwarzen Haare waren bürstenkurz geschnitten — wie bei einem Punker.
    Der Dritte hatte ein
Raubvogelgesicht und schien der Älteste zu sein. Er sah noch bösartiger aus als
die anderen.
    Nummer vier entpuppte sich beim
zweiten Blick als Mädchen — als Rockerbraut. Auch ganz in Leder, mit den
gleichen schweren Stiefeln und der gleichen Alkoholfahne.
    Rotschopf und Krummbein hielten
Schnapsflaschen in der Hand. Der Raubvogel hatte leere Hände. Das Mädchen
qualmte einen schwarzen Zigarillo.

    Ihr Gesicht war weiß gekalkt
wie die Wände im Krankenhaus. Den Mund hatte sie sich dick und knallrot
angemalt — es sah aus, als wollte sie gerade eine Vollreife Tomate ausspucken.
Reichlich grüne Lidschatten waren rund um die Augen verteilt, die Haare so gelb
gefärbt wie...
    ...als hätte ihr ein Baby auf
den Kopf gemacht, dachte Tarzan. Sieht ja widerlich aus! Igitt, ist die
hässlich!
    Schnapswolken waberten durch
die kalte Luft.
    Krummbein gröhlte: »Heh, heh!«
    Alle starrten die TKKG-Bande
an, als hätten sie noch nie ordentliche Kinder gesehen.
    Tarzan kannte Typen dieses
Schlages zur Genüge und hatte schon manchen Strauß mit ihnen ausgefochten.
Pöbeleien gehörten bei denen dazu. Auch jetzt war ihre Streitlust mit Händen zu
greifen. Aber Tarzan

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