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Die Farben des Alls

Die Farben des Alls

Titel: Die Farben des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Kapitel 1
     
    Der Lhari-Raumhafen paßte nicht auf die Erde.
    Schon damals, als er ihn zum erstenmal zu Gesicht bekommen hatte, war er dieser Ansicht gewesen. Zu jenem Zeitpunkt war er erst zwölf Jahre alt und erfüllt von Begeisterung über seinen ersten Besuch auf der Erde – der legendären Heimat der Menschen vor dem Raumfahrt-Zeitalter, dem Heimatplaneten von Barts Vorfahren. Sein erster Eindruck von der Erde, nach dem Verlassen des Raumschiffs, war der Lhari-Raumhafen gewesen.
    Und in diesem Augenblick hatte er sich gedacht: er paßt nicht auf die Erde.
    Das hatte er auch zu seinem Vater gesagt, und das Gesicht seines Vaters hatte einen eigenartig bitteren und in sich gekehrten Ausdruck angenommen.
    »Viele Leute sind deiner Meinung, Bart«, hatte Captain Rupert Steele mit leiser Stimme erwidert. »Das Problem ist nur, daß wir ohne den Lhari-Raumhafen gar nicht hier wären. Denk daran.«
    Bart dachte daran, fünf Jahre später, als er das Personenlaufband am Rande der Straße verließ. Er wandte sich zurück, um auf Tom Kendron zu warten, der gerade sein Gepäck von der mittleren Spur des Straßenlaufbands nahm. Bart Steele und Tom Kendron hatten tags zuvor gemeinsam ihr Abschlußdiplom an der Raumfahrt-Akademie der Erde erhalten. Tom, der auf dem neunten Planeten des Fixsterns Capeila geboren war, flog jetzt mit einem Lhari-Sternenkreuzer zu seiner fernen Heimat. Barts Vater kam mit dem gleichen Schiff zur Erde, um mit seinem Sohn zusammenzutreffen.
    Fünf Jahre, dachte Bart. Ich bin neugierig, ob mich Paps erkennt.
    »Kann ich dir was tragen helfen, Tom?«
    »Ich komme schon zurecht«, grinste Tom und wuchtete den Plastikkoffer hoch. »Auf diesen Lhari-Schiffen ist ja nur wenig Gepäck erlaubt – jedenfalls bestimmt nicht mehr, als ich schleppen kann.«
    Die beiden jungen Leute blieben kurz vor dem Eingang zum Raumhafen stehen. Über der hohen, spitz zulaufenden Pforte aus einem farblosen glasähnlichen Material befand sich ein gezacktes Symbol, das an einen Blitz erinnerte. Bart wußte, wie jeder andere auch, daß dies in der Sprache der Lhari das Schriftzeichen für ihre Heimatwelt war.
    Sie gingen durch die spitze Glaspforte und hielten beide gleichzeitig einen Moment inne, um einen Blick auf den gewaltigen Lhari-Raumhafen zu werfen.
    Hier war einst eine großflächige Wüstenlandschaft gewesen. Nun war das gesamte Gebiet mit einer seltsamen Substanz bedeckt, weder Glas noch Metall oder Beton. Es sah aus wie glitzernder Kristall, und in dem gleißenden Licht der Mittagssonne wurde der Glanz in Millionen Regenbogenschlitzen zurückgeworfen. Tom blinzelte; er legte zum Schutz die Hände vor die Augen und bemerkte durch seine gespreizten Finger: »Die Lhari müssen ja komische Augen haben, wenn sie dieses Gleißen aushalten!«
    Hinter der gläsernen Pforte befand sich eine Barriere, und ein uniformierter Beamter gab jedem von ihnen eine dunkle Brille. Er sagte, wie er es schon viel zu oft in der letzten halben Stunde oder so getan hatte: »Setzt sie gleich auf, Jungs. Und schaut das Schiff bei der Landung nicht direkt an, selbst mit Brille.«
    Tom schob sich die Bügel der dunklen Brille über die Ohren und seufzte vor Erleichterung. Bart betrachtete die Brille stirnrunzelnd, doch schließlich setzte er sie auf. Er konnte viel Helligkeit vertragen, denn er war auf dem dritten Planeten der Wega geboren worden, die die Erde an Helligkeit um ein Vielfaches übertraf. Und Barts Mutter war Mentorianerin gewesen – vom Planeten Mentor des Fixsterns Deneb, der tausendmal heller strahlte als die Erdensonne. Bart hatte ihre Augen geerbt. Doch die Mentorianer waren auf der Erde nicht beliebt, und Bart hatte gelernt, seine Mutter nicht zu erwähnen. Er setzte also die dunkle Brille auf; das Gleißen verlor sich in einem schwachen Glitzern.
    Weit draußen im Zentrum des Raumhafens erhob sich ein riesiger Wolkenkratzer aus purem Glas, der das Sonnenlicht in Millionen Farben reflektierte. Kleine Hubschrauber und Robo-Taxis umflogen das Gebäude und entließen ihre Passagiere, und auf den Laufbändern herrschte eifriges Kommen und Gehen. Hier und da waren in der Menge die ungewöhnlich großen Gestalten der Lhari in ihren metallen schimmernden Umhängen zu erkennen.
    »Wie war’s, wenn wir hinuntergingen?« Tom sah ungeduldig auf seine Uhr. »Der Sternenkreuzer landet in weniger als einer halben Stunde.«
    »Na gut wir können das Band dort drüben nehmen.« Widerwillig riß Bart seine Augen los von dem

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