Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
Vom Netzwerk:
hörte, daß sich – da oben was rührte. Außerdem sah ich ihn immer, von meinem Küchenfenster aus. – An dem Abend war’s ganz ruhig bei ihm, ich hörte, daß er sich Essen machte, daß er den Fernseher einschaltete und zum Schluß – daß er ins Bett ging. Nich, daß es hier so besonders hellhörig wär, aber sonst steht das Haus leer, und wenn dann plötzlich über einem Leben is, dann merkt man das schon, nich?«
    »Das ist nur natürlich«, antwortete ich.
    »Tja«, sagte sie, ging zu einem der Stühle und setzte sich doch. »Am Abend danach ging er aus, so gegen halb acht. Und als er wiederkam, nach zwölf, da war er nich allein.« Das letzte sagte sie mit einer Miene, als sei es eine Todsünde.
    Ich setzte mich vorsichtig auf die Kante eines Stuhls und sagte höflich: »Aha? Hatte er – mehrere bei sich?«
    »Also, ich hab nun nich in der Tür gestanden und nachgezählt, aber …« Schnell sagte sie: »Samuelsen selbst, drei andere Männer und zwei – Frauen.« Das letzte Wort kam in einem Tonfall, als sei ihr da eine ganz spezielle Sorte Ungeziefer ins Haus gekommen.
    »Sechs Leute also?«
    »Ja … So ungefähr.« Sie betrachtete mich mit einem mißbilligenden Zug um die schmalen Lippen. »Und es waren nich gerade Damen, sag ich Ihnen!«
    »Nein? Hatte er öfter …«
    »Nie. Ich hab ihn nie mit irgendwem zusammen gesehen. Aber eins können Sie mir glauben: Man is ja schließlich nich von gestern und weiß, wie der Igel läuft!« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Oder so ähnlich.«
    »Tja, sicher. Soll das heißen – soll das heißen, daß Sie diese – Frauen – kannten?«
    Mit Eis in der Stimme antwortete sie: »Nein, ich kannte keine von ihnen. Aber es war offensichtlich, was sie für welche waren. Und die eine … Ich kann Ihnen sagen: Es herrschen neue Zeiten in Stavanger, im Guten wie im Bösen, und hier sind jetzt so viele merkwürdige Menschen und Frauen … Aber die eine, das is ’n Gewächs von hier, mal so gesagt. Sie kommt von hier unten aus der Straße. Laura Lüstgen.«
    »Lüstgen? Heißt sie …«
    »Naja, Ludvigsen eigentlich, aber sie hieß nie anders als Lüstgen. Sie war ein paarmal verheiratet, aber jetzt is sie schon drei, vier Jahre geschieden, also zur Zeit is sie nur …« Sie suchte nach dem richtigen Wort.
    »Eine Freiberufliche?«
    »So was ähnliches. – Ich könnt Ihnen erzählen … Aber sparn wir uns das für ein andermal. Sie war jedenfalls dabei.«
    »Und die anderen? Kannten Sie die auch?«
    »Nein. Die waren mir nich bekannt. Bis auf die andere Frauensperson waren’s sicher alles Ölleute. Die sahn so aus. Der eine hatte einen Cowboyhut auf.«
    »Einen Cowboyhut?«
    »Ja, das is auch nich so selten in Stavanger heutzutage. Das nächste sind dann wohl die Hottentotten.«
    »Sie wissen nicht zufällig, wo ich diese – Laura Lüstgen finde?«
    »Nein! Das weiß ich nun wirklich nicht!« schnaubte sie. »Das müssen Sie schon selbst rausfinden. Aber interessiern Sie sich nun für Laura Lüstgen oder für Arne Samuelsen?«
    »Samuelsen«, sagte ich eilfertig.
    »Also. Und dann gab es eben eine fürchterliche Feierei in der Nacht.« Es war offensichtlich, daß sie nicht das geringste dagegen hatte zu erzählen.
    »So?«
    »Ja. Ein richtiger Radau. Da klirrten Flaschen, und sie lachten und lärmten und fielen auf den Boden, und überhaupt, es war ein furchtbarer Krawall. Ich hab die ganze Nacht kein Auge zugetan. Und am Ende – ich glaub, sie fingen an, sich zu prügeln, jedenfalls fielen plötzlich Stühle um, und es gab ein Geschreie und Geheule, und dann fiel irgendwas auf den Boden, mit ’nem Knall. Und dann wurd’s still. Und gleich danach polterten sie die Treppe runter, die meisten jedenfalls.«
    »Wer? Wie viele?«
    »Keine Ahnung. Ich war im Bett, tief unter der Decke. Ich hab nich mal gewagt rauszugucken. Aber ich hab gehört, daß noch welche da waren, weil sie noch hin und her gingen da oben, noch eine Stunde danach. Dann gingen die auch. Ich – ich ging zum Fenster.«
    »Ja? Haben Sie gesehen, wer es war?«
    Sie schüttelte beschämt den Kopf. »Nein. Es war zu spät. Und es war dunkel. Die Uhr war – fast sechs in der Früh. Aber es waren jedenfalls zwei Leute, mindestens. Zwei oder drei.«
    »Aber hören Sie – als da so ein Krach war, haben Sie da nicht daran gedacht, hochzugehen und ihnen was zu erzählen?«
    »Denen was erzählen? Sind Sie verrückt, Mann? Wissen Sie, was einer Wirtin passiert is – das stand sogar inner Zeitung

Weitere Kostenlose Bücher