Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
den Säuberungen gesprochen, die auf Veranlassung von Imperatrix Laseen nach dem vorzeitigen Tod ihres Vorgängers stattgefunden haben.«
    Der Hauptmann biss die Zähne zusammen und senkte das Kinn, um den Helmriemen zu lösen. Er hatte keine Zeit gehabt, sich zu rasieren, und die Schnalle scheuerte. »Es wurden nicht alle getötet, Mandata. Die Menschen von Itko Kan sind nicht besonders reizbar. Es hat hier weder Aufstände noch Massenhinrichtungen wie in anderen Teilen des Imperiums gegeben. Wir haben alle einfach nur stillgehalten und abgewartet.«
    »Ihr seid kein Adliger, nehme ich an, Hauptmann?«, meinte die Mandata mit einem dünnen Lächeln.
    Er grunzte. »Wenn ich von Adel wäre, hätte ich nicht überlebt, nicht einmal hier in Itko Kan. Das wissen wir doch beide. Ihre Befehle waren sehr präzise, und nicht einmal die komischen Kanesen hätten es gewagt, sich der Imperatrix zu widersetzen.« Er machte ein finsteres Gesicht. »Nein, ich habe mich hochgedient, Mandata.«
    »Wo wart Ihr zuletzt stationiert?«
    »In der wickanischen Ebene.«
    Sie ritten einige Zeit schweigend weiter, passierten hin und wieder Soldaten, die entlang der Straße postiert waren. Zu ihrer Linken machten die Bäume zerzaustem Heidekraut Platz und gaben den Blick auf die schaumgekrönte Weite der See frei. »Das Gelände, das Ihr abgeriegelt habt - wie viele Eurer Leute habt Ihr eingesetzt, um darauf zu patrouillieren?«, ergriff die Mandata wieder das Wort.
    »Elfhundert«, erwiderte der Hauptmann.
    Sie drehte sich zu ihm um; ihre kühl blickenden Augen unter dem Helmrand verengten sich leicht.
    Der Hauptmann studierte ihren Gesichtsausdruck. »Das Gemetzel erstreckt sich eine halbe Länge vom Meer und eine Viertellänge landeinwärts, Mandata.«
    Die Frau sagte nichts.
    Sie näherten sich der Hügelkuppe. Eine größere Anzahl Soldaten hatte sich dort oben versammelt, und andere warteten entlang des Hangs. Alle hatten sich umgedreht, um zu ihnen herüberzusehen.
    »Seid bereit, Mandata.«
    Die Frau musterte die Gesichter am Straßenrand. Sie wusste, dass dies harte Männer und Frauen waren, Veteranen der Belagerung von Li Heng und der Wickan-Kriege auf den Ebenen im Norden. Aber hier waren sie auf etwas gestoßen, das sie angeschlagen und verletzlich gemacht hatte. In ihren Augen stand eine Sehnsucht, die die Mandata beunruhigend fand - als hungerten sie nach Antworten. Sie unterdrückte den Drang, ihnen etwas zu sagen, als sie vorbeiritt, irgendwelche tröstenden Worte zu sprechen. Wie auch immer - es war nicht ihre Art, solche Gaben zu verteilen, war es nie gewesen. In dieser Beziehung ähnelte sie der Imperatrix sehr.
    Von jenseits der Hügelkuppe drangen die Schreie von Möwen und Krähen an ihr Ohr, Geräusche, die sich zu einem schrillen Lärm steigerten, als sie die Hügelkuppe erreichten. Ohne die Soldaten links und rechts der Straße zu beachten, trieb die Mandata ihr Pferd vorwärts. Der Hauptmann blieb dicht hinter ihr. Sie kamen zum Kamm und machten Halt. Die Straße führte hier vielleicht eine Fünftellänge abwärts und stieg erst in der Ferne wieder zu einem Vorgebirge auf.
    Tausende von Möwen und Krähen bedeckten den Boden, bevölkerten die Bewässerungsgräben oder hockten im niedrigen, struppigen Heidekraut und Stechginster. Unter diesem sich ständig bewegenden Meer von schwarzen und weißen Vogelleibern war der Boden gleichmäßig rot. Hier und dort ragten die halb skelettierten Kadaver von Pferden aus dem Durcheinander, und zwischen den kreischenden Vögeln blitzte Eisen auf.
    Der Hauptmann löste seinen Helm. Er nahm ihn langsam vom Kopf und hängte ihn schließlich an den Sattelknopf. »Mandata ...«
    »Ich heiße Lorn«, sagte die Frau leise.
    »Einhundertfünfundsiebzig Männer und Frauen. Zweihundertzehn Pferde. Das neunzehnte Regiment der Achten Kavallerie von Itko Kan ...« Irgendetwas schien dem Hauptmann die Kehle zuzuschnüren. Er sah Lorn an. »Tot.« Sein Pferd scheute, als ihm eine von unten heraufwehende Brise in die Nüstern stieg. Der Hauptmann riss wild an den Zügeln. Das Tier erstarrte, die Nüstern gebläht, die Ohren angelegt, mit zitternden Muskeln. Der Hengst der Mandata stand so still da wie eine Statue. »Alle hatten ihre Waffen gezogen. Und alle haben gegen den Feind gekämpft - wer auch immer sie angegriffen hat. Aber alle Toten sind unsere Leute.«
    »Ihr habt den Strand überprüft?«, fragte Lorn. Sie starrte noch immer die Straße entlang.
    »Nicht das geringste Anzeichen einer

Weitere Kostenlose Bücher