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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Prolog
    Das Jahr 1154 von Brands Schlaf
    Das Jahr 96 des Imperiums von Malaz
    Das letzte Jahr von Imperator Kellanveds Herrschaft
     
    D ie Rostflecken auf der schwarzen, vernarbten Oberfläche von Mocks Wetterfahne sahen aus wie aufgemalte Seen aus Blut. Ein Jahrhundert alt, hockte sie auf der Spitze einer alten Pike, die ganz am äußeren oberen Ende der Festungsmauer angebracht worden war. Monströs und missgestaltet wie sie war - kalt in die Form eines geflügelten Dämons gehämmert, dessen Zähne in einem boshaften Grinsen gebleckt waren -, wurde sie von jedem Windstoß hin und her geschüttelt und quietschte protestierend.
    Es wehte ein aufsässiger Wind an diesem Tag, und Rauchsäulen stiegen über dem Mausviertel von Malaz auf. Das Kreischen der Wetterfahne verstummte für einen Augenblick und kündete damit vom Abflauen der Meeresbrise, die über die zackigen Mauern von Mocks Feste geklettert kam. Doch schon im nächsten Moment erwachte sie quietschend zu neuem Leben, als der heiße, Funken sprühende und rauchgeschwängerte Atem des Mausviertels über die Stadt wehte und über die Hänge des Vorgebirges strich.
    Ganoes Stabro Paran aus dem Haus Paran stand auf Zehenspitzen, um über die Schartenbacke hinwegsehen zu können. Hinter ihm ragte Mocks Feste in die Höhe. Sie war einmal das Herz des Imperiums gewesen; inzwischen jedoch, seit das Festland erobert worden war, war sie einmal mehr zum Sitz einer Faust herabgesunken. Links von ihm befand sich die Pike mit ihrer missgestalteten Trophäe.
    Ganoes kannte die uralte Festung oberhalb der Stadt viel zu gut, als dass sie ihn noch großartig interessiert hätte. Dies war sein dritter Besuch hier oben in ebenso vielen Jahren. Schon vor langer Zeit hatte er den Hof mit seinen ungleichmäßigen Pflastersteinen erkundet; das Gleiche galt für den alten Bergfried - der jetzt als Stall benutzt wurde und dessen oberes Stockwerk Tauben, Schwalben und Fledermäusen eine Heimat bot - und die Zitadelle, in der just in diesem Augenblick sein Vater mit den Hafenbeamten über den Ausfuhr-Zehnten verhandelte. Dabei kannte er die Zitadelle nicht ganz so gut, denn zu den meisten Räumen war selbst ihm als Sprössling eines Adelshauses der Zutritt verboten. Hier, im Innern der Zitadelle, hatte die Faust ihre Residenz, und hier waren auch die Räume, in denen jene Angelegenheiten des Imperiums geregelt wurden, die die Verwaltung der Insel betrafen.
    Ganoes achtete nicht weiter auf Mocks Feste in seinem Rücken; er widmete seine ganze Aufmerksamkeit der zerrissenen Stadt unter sich - vor allem dem Aufruhr, der in ihren ärmsten Vierteln tobte. Mocks Feste erhob sich hoch oben auf einer Klippe und war über eine Treppe zu erreichen, die in Serpentinen in die Kalksteinwand der Klippe gehauen worden war. Von hier bis hinunter zur Stadt waren es etwa achtzig Armspannen, und rechnete man die arg mitgenommenen Wälle der Feste dazu, waren es noch einmal sechs mehr. Das Mausviertel lag in dem Teil der Stadt, der sich dem Hinterland zuwandte, es bestand aus einem ungleichmäßigen Gewirr aus Schuppen und zugewucherten Terrassen und wurde von dem schlammigen Fluss, der auf den Hafen zukroch, in zwei Teile geteilt. Da die Aufstände im weiter entfernt liegenden Teil von Malaz stattfanden und immer mehr Säulen aus schwarzem Rauch die Luft erfüllten, war es Ganoes unmöglich, irgendwelche Einzelheiten auszumachen.
    Es war Mittag, aber die magischen Blitze und Donnerschläge ließen den Himmel dunkel und schwer erscheinen.
    Mit klirrender Rüstung erschien ein Soldat neben ihm auf dem Wehrgang. Der Mann legte von Armschienen geschützte Unterarme auf die Brustwehr; eine Bewegung, die die Scheide seines Langschwertes an den Steinen entlangschaben ließ. »Du bist froh über dein reines Blut, was?«, fragte er, die grauen Augen auf die rauchende Stadt gerichtet.
    Der Junge musterte den Soldaten. Er kannte bereits die gesamte Ausstattung sämtlicher Regimenter der Armee des Imperiums, und demnach musste der Mann an seiner Seite ein Befehlshaber der Dritten sein - einer Elitetruppe, die dem Imperator direkt unterstand. An seinem dunkelgrauen, nur bis zur Taille reichenden Umhang steckte eine silberne Brosche: eine steinerne Brücke, die von Flammen aus Rubinen beleuchtet wurde. Ein Brückenverbrenner.
    Die Insel Malaz war noch immer ein wichtiger Anlaufpunkt, besonders jetzt, da der Krieg mit Korel im Süden begonnen hatte, und häufig kamen hochrangige Soldaten und imperiale Beamte in Mocks

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