Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
verdächtigten die Chinesen, die Chinesen die Russen, die Brasilianer die Venusianer. Alle verdächtigten die Amerikaner.
So beobachteten die vier anderen Kreuzer gewiss die Brasilianer schärfer als uns. Aber wir alle wussten, wenn unsere verschlüsselten Geleitscheine nicht dem entsprochen hätten, was die fünf verschiedenen Konsulate am Abflughafen auf der Erde übermittelt hatten, wäre der nächste Schritt kein Einspruch gewesen, sondern ein Torpedo.
Es ist komisch. Ich konnte mir diesen Torpedo vorstellen. Ich konnte mir den Soldaten mit dem kalten Blick vorstellen, der zielen und feuern würde, und wie unser Schiff als eine Fackel aus orangerotem Licht aufflammen und wir alle in Atome zerlegt würden … Nur war der Torpedoschütze auf diesem Schiff damals ein Waffenmaat namens Francy Hereira, da bin ich ziemlich sicher. Wir wurden später recht gute Freunde. Er war nicht das, was man ernsthaft einen eiskalten Killer nennen würde. Ich weinte nach meiner Rückkehr von meinem letzten Flug in meinem Hospitalzimmer den ganzen Tag in seinen Armen, während er mich eigentlich nach Schmuggelgut durchsuchen sollte. Und Francy weinte mit.
Der brasilianische Kreuzer flog davon, und wir drückten uns an allen erreichbaren Bullaugen die Nasen platt, dann zogen wir uns ans Fenster mit den Griffen zurück, als unser Schiff sich Gateway näherte.
»Sieht aus wie ein Pockenfall«, sagte jemand aus der Gruppe.
So war es, und manche der Pockennarben waren offen. Das waren die Docks für die Schiffe, die zu einer Mission unterwegs waren. Manche würden für immer offen bleiben, weil die Schiffe nicht zurückkommen würden. Aber die meisten der Pockennarben waren überwölbt von Buckeln, die aussahen wie Pilzkappen.
Diese Kappen waren die Schiffe selbst, das, worum es bei Gateway überhaupt ging.
Die Schiffe waren nicht leicht zu sehen. Gateway selbst übrigens auch nicht. Der Asteroid hatte schon von Haus aus eine niedrige Albedo und war nicht sehr groß: wie gesagt, in der Längsachse etwa zehn Kilometer, die Hälfte davon am Rotationsäquator. Aber man hätte ihn entdecken können. Nachdem diese erste Tunnelratte sie hingeführt hatte, begannen die Astronomen einander zu fragen, weshalb er nicht schon hundert Jahre früher bemerkt worden war. Jetzt, wo sie wissen, wo sie suchen müssen, finden sie ihn. Manchmal erreicht er, von der Erde aus gesehen, die Lichtstärke eines Sterns siebzehnter Größe. Das ist hell. Man möchte glauben, er wäre bei einem routinemäßigen Vermessungsprogramm entdeckt worden.
Die Sache ist die: Es gab nicht so viele routinemäßige Vermessungsprogramme in dieser Richtung, und Gateway war offenkundig nicht da, wo sie suchten, wenn sie suchten.
Die Stellarastronomie richtete ihr Augenmerk gewöhnlich von der Sonne fort. Die Solarastronomie blieb gewöhnlich in der Ekliptikebene – und Gateway hat eine rechtwinklige Umlaufbahn. So fiel es durch das Sieb.
Das Piezophon schnalzte und sagte: »Andocken in fünf Minuten. Zurück in die Kojen. Gurtnetz anlegen.«
Wir waren fast da.
Sheri Loffat streckte die Hand aus und hielt die meine unter dem Netz. Ich drückte die ihre. Wir waren nie miteinander im Bett gewesen – sie hatte auf dem Schiff gleich die Koje neben mir belegt, aber das, was zwischen uns ablief, war beinahe sexuell. So, als vereinten wir uns auf die großartigste, beste Weise, die es überhaupt geben konnte; doch es war nicht Sex, es war Gateway.
Als die Menschen auf der Venusoberfläche herumzustochern begannen, fanden sie die Hitschi-Grabungen.
Sie fanden keine Hitschi. Wer immer die Hitschi auch gewesen sein, wann immer sie auf der Venus gewesen sein mochten, sie waren fort. Nicht einmal eine Leiche in einem Grab war zurückgeblieben, damit man sie hätte ausgraben und sezieren können. Alles was es gab, waren die Tunnels, die Höhlen, die wenigen, armseligen kleinen Artefakte, die technologischen Wunderdinge, über die menschliche Wesen sich die Köpfe zerbrachen, bemüht, sie nachzubauen.
(Niederschrift von Fragen und Antworten, Vortrag Professor Hegramet.)
Frage: Wie sahen die Hitschi aus?
Professor Hegramet: Das weiß niemand. Wir haben nie etwas gefunden, was einer Fotografie oder einer Zeichnung gleicht, abgesehen von zwei oder drei Karten. Oder einem Buch.
F: Hatten sie nicht irgendein System der Wissensspeicherung, wie die Schrift?
Professor Hegramet: Nun, das muss natürlich der Fall gewesen sein. Aber worin es bestand, weiß ich nicht. Ich habe eine
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