1142 - Piraten-Terror
Vorsichtig wie eine Katze stieg Laura Watson die brüchigen Sprossen der Leiter hinab. Sie sollte eine Treppe sein, hatte man ihr gesagt, aber das war sie nicht. Die Tür oben hatte sie wieder zugezogen. So war auch der letzte Rest an Helligkeit verschwunden.
Weil sie sich mit beiden Händen festhalten musste, hatte sie die Stablampe in die rechte Tasche ihrer Jacke gesteckt. Laura wollte sie erst einschalten, wenn sie wieder festen Boden unter den Füßen spürte, und das dauerte noch drei Sprossen. Bei der letzten hatte sie das Gefühl, die Treppe würde zusammenbrechen, aber sie hielt wider Erwarten.
Laura atmete auf, als sie die Leiter hinter sich hatte. Tief holte sie Luft, die nach feuchtem Lehm roch. Es war nicht kalt, es war nicht warm, und es war auch kein direkter Keller, wie man ihn von Häusern her kennt.
Er lag neben dem Haus. Zwar unter der Erde, aber auf dem normalen Niveau wellte sich noch ein Hügel hoch. Mit einer Eingangstür, die sie hatte öffnen müssen. Hügel und Keller waren mit dem in der Nähe stehenden Haus nicht verbunden, gehörten aber zusammen.
Laura wusste, dass sie hier richtig war. Sie hatte recherchiert und sich erst dann zu diesem Ausflug in die Dunkelheit entschlossen. Dass sie entdeckt werden würde, bezweifelte sie. Die Bewohner des Hauses waren angeblich in die Kirche gefahren, und so hatte sich die Gelegenheit ergeben.
Was sie tun wollte, das musste getan werden. Es durfte einfach nicht soweit kommen, dass gewisse Dinge wieder aufgewühlt wurden und für Menschen ein schlimmes Ende nahmen.
Auch als eine gewisse Zeit vergangen war, hatten sich ihre Augen noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt. Nur oberhalb der Leiter, wo sich die Tür befand, schimmerte noch etwas graues Licht durch.
Laura schaltete die Lampe ein. Ein heller Arm schnitt in die Finsternis hinein. Sein Lichtkegel traf eine Wand aus Lehm und wanderte von dort aus weiter nach links. Bevor sie etwas unternahm, wollte Laura dieses Versteck durchsuchen, und nach dem ersten schnellen Rundblick war sie enttäuscht. Sie hatte nicht das gefunden, was sie wollte. Wie ein Blitz war der Lichtkegel immer wieder über die hier lagernden Gegenstände gehuscht. Über Gerümpel, alte Kisten, verrostete Metallteile. Strandgut, das angeschwemmt worden und hier versteckt worden war. Vom Salzwasser zerfressene Bootsplanken, halb zerstörte Rettungsringe, Kleider, Geschirr, zwei Seesäcke, mit Schimmel auf der Oberfläche, eine alte Boje, zwei leere Koffer und noch einige andere Kleinigkeiten.
Das Zeug taugte nicht einmal mehr für den Trödel, und Laura verstand nicht, wie man so etwas sammeln konnte. Allerdings gab es genügend Menschen, die den Strand abgingen und nach Treibgut suchten. Auch wenn sie mit dem Zeug nichts anfangen konnten, sie sammelten es einfach und errichteten so ein kleines Museum.
Das ganze Zeug war ihr egal, denn Laura kam es auf etwas Bestimmtes an. Auf einen besonderen Gegenstand, den sie jedoch nicht sah. Dabei hatte sie fest damit gerechnet, ihn zu finden. Umso größer war jetzt die Enttäuschung.
Sie blieb an einem freien Platz stehen und nagte gedankenverloren an ihrer Unterlippe. Sie wollte nicht umkehren, zumindest nicht so schnell.
Es war auch möglich, dass jemand das Fundstück bewusst versteckt hatte. Und hier gab es genügend Ecken, in denen es abgestellt sein konnte, verborgen von anderen Gegenständen.
Es war ungefähr eine Minute vergangen, als Laura die Lampe wieder einschaltete. Diesmal ging sie systematisch vor. In der Mitte des Kellers lag der Gang frei. Dort konnte sie sich normal bewegen, und sie nahm sich zunächst die Seite vor, die ihr gegenüberlag.
Es war der gleiche Krempel wie vorhin, doch sie räumte jetzt die Kisten von der Wand fort.
Sie sah die Wand, aber sie sah auch das, was hinter den Seesäcken verborgen gewesen war. Im ersten Moment wollte sie es nicht glauben.
Zudem war sie so überrascht, dass die Hand, in der sie die Lampe hielt, zu zittern begann. Dann musste sie einfach lachen, denn dieses Lachen befreite.
Es war geschafft. Sie hatte den Gegenstand gefunden, auch wenn er noch nicht sichtbar vor ihren Augen stand und durch eine schützende Decke verhängt worden war.
Sie hatte es gefunden. Es konnte nichts anderes sein. Auch die Decke war nicht in der Lage, den viereckigen Umriss zu verbergen. Das musste einfach das Bild sein.
Mit einem Rucken zerrte sie die Decke ab. Der feuchte und deshalb schwer gewordene Stoff rutschte zur Seite und gab das Bild
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