Der Fluch des Khan
10. August 1281
Hakata-Bai, Japan
A rik Temur spähte in die Dunkelheit und lauschte auf den lauter werdenden Schlag der Ruder, die ins Wasser eintauchten. Als das Geräusch nur noch wenige Meter entfernt war, drückte er sich in den Schatten und zog den Kopf ein.
Diesmal werden wir den Angreifern hier an Bord einen heißen Empfang bereiten, dachte er mit grimmiger Vorfreude.
Das Klatschen der Ruder brach ab, doch ein dumpfer Laut verriet ihm, dass das kleine Boot am Heck des großen Schiffes längsseits haltgemacht hatte. Nur eine schmale Mondsichel stand am mitternächtlichen Himmel, die kristallklar funkelnden Sterne tauchten das Schiff aber in ein wattig weißes Licht.
Temur kniete sich lautlos hin, als er eine dunkle Gestalt über die Achterreling klettern sah, gefolgt von einer weiteren und dann noch einer, bis fast ein Dutzend Männer an Deck standen. Die Angreifer trugen leuchtend bunte Seidengewänder unter ihren ledernen Panzerhemden, die bei jeder Bewegung leise knarrten.
Vor allem war es aber das Schimmern der rasiermesserscharfen Katanas, der einschneidigen Duellschwerter, das ihm ins Auge fiel, während sie sich sammelten.
Sobald der Köder angenommen und die Falle zugeschnappt war, wandte sich der mongolische Befehlshaber an einen neben ihm kauernden Jungen und nickte ihm zu. Unverzüglich schlug der Junge einen schweren Bronzegong an, den er unter den Arm geklemmt hatte, worauf ein metallisch dröhnender Ton durch die stille Nachtluft hallte. Die Angreifer erstarrten, vom jähen Alarm erschreckt. Dann sprangen dreißig bewaffnete Soldaten lautlos aus dem Schatten. Mit spitzen Eisenspeeren bewehrt stürzten sie sich auf die Gegner und stachen mit mörderischer Wut auf sie ein. Die Hälfte der Angreifer wurde auf der Stelle getötet, getroffen von zahllosen Speerspitzen, die ihren Harnisch durchdrangen. Die verbliebenen Gegner schwangen ihre Schwerter und versuchten sich zu wehren, wurden aber von der Masse der Verteidiger rasch überwältigt. Binnen Sekunden lagen sämtliche Angreifer tot oder tödlich verwundet auf dem Schiffsdeck. Mit Ausnahme eines Mannes, der wie ein einsamer Derwisch dastand.
Bekleidet mit einem reich bestickten roten Gewand und einer Pluderhose, die in Bärenfellstiefeln steckte, war er offenkundig kein einfacher Bauer, den man zum Söldnerdienst gepresst haben musste. Blitzschnell und mit verheerender Treffsicherheit überraschte er die vorrückenden Verteidiger, als er kurzerhand herumfuhr, genau auf sie zustürmte und mit flinken Schwertschlägen die Speerstöße ablenkte. Im Nu hatte er zu einer dreiköpfigen Verteidigergruppe aufgeschlossen, fällte sie allesamt mit funkelnder Klinge und hieb einen Mann mit einem einzigen Streich fast entzwei.
Als er sah, wie dieser Wirbelwind seine Soldaten dahinmetzelte, sprang Temur auf, zückte sein Schwert und stürmte voran.
Der Schwertkämpfer bemerkte Temur, parierte geschickt einen Speerstoß von der Seite, drehte sich herum und hieb nach dem anrückenden Krieger. Der mongolische Kommandeur, der im Laufe seines Lebens schon mehr als zwanzig Männer getötet hatte, wich der sausenden Klinge seelenruhig aus. Die Schwertspitze zischte an seiner Brust vorbei und verfehlte die Haut nur um Millimeter. Sobald sein Gegner ins Leere schlug, hob Temur seine Klinge und stieß ihm die Spitze in die Seite. Der Angreifer erstarrte, als der kalte Stahl in seinen Brustkorb drang und das Herz durchbohrte. Mit letzter Kraft verbeugte sich der Angreifer vor dem Mongolen, verdrehte dann die Augen und kippte tot um.
Die Verteidiger stießen einen Jubelruf aus, der über das Hafenbecken hallte und den übrigen Schiffen der hier versammelten mongolischen Eroberungsflotte verriet, dass der Angriff in dieser Nacht fehlgeschlagen war.
»Ihr habt tapfer gekämpft«, lobte Temur seine Soldaten, hauptsächlich Chinesen, die sich um ihn scharten. »Werft die Leichen der Japaner ins Meer, danach waschen wir ihr Blut von unserem Deck. Heute Nacht werden wir gut und voller Stolz schlafen.«
Inmitten weiterer Jubelrufe kniete sich Temur neben den Samurai und löste das blutbefleckte Schwert aus der Hand des Toten. Im schummrigen Lichtschein der Schiffslaternen musterte er die japanische Waffe, bewunderte die feine Schmiedekunst und die rasiermesserscharfe Schneide und schob sie dann mit einem zufriedenen Nicken in die Scheide an seiner Taille.
Während die Toten kurzerhand über die Bordwand geworfen wurden, wandte sich der Kapitän des Schiffes, ein
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