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Die geheime Reise der Mariposa

Die geheime Reise der Mariposa

Titel: Die geheime Reise der Mariposa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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Fleisch und ein paar alte Kleider neben den Kanistern. Der Stoff war brüchig, es war leicht, einen Streifen davon abzureißen. Oskar beobachtete ihn ängstlich, als er sein Gefieder mit dem rumdurchtränkten Hemdstoff säuberte. Aber er hielt brav still und ließ sich verbinden. Jonathan arbeitete sorgfältig und konzentriert – und dann wurde ihm klar, dass es nicht Oskar war, den er verband. Im Geiste verband er andere Leute: seine Schwester Julia. Seine Mutter. Seinen Vater.
    Er verbarg sein Gesicht in Oskars weichem Gefieder und atmete den tranigen, salzigen Fischgeruch. So saß er lange auf der schmalen, harten Bank, den Pinguin im Arm, bis er merkte, dass der Vogel eingeschlafen war. Er legte die Wolldecke auf den Boden und bettete den Vogel darauf. Dann nahm er eine Dose mit eingemachten Erbsen vom Regal und stieg zurück an Deck. »Zwei Fragen«, sagte er. »Erstens: Hast du etwas, um diese Dose zu öffnen? Zweitens: Willst du mir nicht endlich erzählen, wohin wir fahren und weshalb?«
    So erzählte José die Mariposa durch die Nacht und durch die Angst, von dem anderen Schiff entdeckt zu werden. Er erzählte von Baltra und von der Farm zu Hause auf Isabela und von seinen erwachsenen Brüdern. Vom Fliegen erzählte er und von seinem Traum, ein Held zu sein. Und zum Schluss davon, was der junge Amerikaner am Hafen gesagt hatte.
    »Wir werden herausfinden, wer auf der Isla Maldita lebt«, sagte er. »Falls jemand dort lebt. Und dann werden wir fliegen. Wir beide. Wie die Fregattvögel.«
    Jonathan schwieg lange.
    »Und die Karte?«, fragte er schließlich. »Sie haben gesagt, sie suchen eine Karte.«
    »Ja, das … das ist seltsam«, sagte José. »Ich habe eine Karte. Die Kopie einer Karte. Angeblich liegt ein alter Piratenschatz auf der Isla Maldita. Aber wer glaubt schon an Piratenschätze? Der Letzte, der daran glaubte, war mein Urgroßvater. Und der ist nicht zurückgekommen von der Insel.«
    »Vielleicht finden wir ihn dort«, sagte Jonathan. »Er sitzt mit dem Schatz ganz allein auf der Insel und ärgert die Amerikaner, wenn sie vorbeifahren.«
    »Hm«, sagte José und überlegte. »Hundertundzwei. Er wäre jetzt hundertundzwei. Irgendwie unwahrscheinlich. Aber eine hübsche Vorstellung: wie der zahnlose Alte dasitzt und einen Berg Diamanten lutscht wie Bonbons …«
    In diesem Moment rissen die Wolken auf, genau wie in der Nacht zuvor, und das Mondlicht fing sich gleißend hell in den Segeln der Mariposa.
    Jonathan sah sich um. »José«, flüsterte er. »Sieh nur.«
    Hinter ihnen fing sich das Mondlicht in den Segeln eines zweiten Schiffs. Eines größeren, stolzeren Schiffs. Die Roosevelt. Sie hatte wirklich keine Lichter gesetzt. José fluchte. Das andere Schiff war ein gutes Stück entfernt – weit genug, um zu hoffen, dass die Männer darauf die Mariposa noch nicht entdeckt hatten. Links von ihnen erstreckte sich die Küste von Santiago. An manchen Stellen lagen große, zerklüftete Felsen vor der Küste.
    »Kopf runter!«, zischte José. Jonathan gehorchte, und der Mastbaum schwang zur anderen Seite, als José die Mariposa abrupt wendete. Dann drückte José Jonathan das Steuer in die Hand.
    »Zwischen die Felsen!«, sagte er. »Steure sie zwischen die Felsen!«
    Jonathans Hand zitterte, als er das Steuer übernahm. Es war wahrscheinlicher, dass er das Schiff gegen die Felsen steuerte. Doch José war schon nach vorn geklettert, um die Taue der Segel zu lösen. Als sie am ersten der Felsen vorüber waren, ließ er das Großsegel herunter und rief etwas, das Jonathan nicht verstand, aber er riss das Ruder herum. So glitt die Mariposa mitten zwischen die Felsen. Sie streifte einen von ihnen, ein hässliches Schaben ertönte, einen Moment später hatte José das Vorsegel eingerollt und den Anker geworfen. Die Mariposa ruckte einmal an der Ankertrosse und stand, zitternd wie ein Pferd nach einem Wettlauf.
    José kletterte zurück nach hinten und eine Weile saßen er und Jonathan ganz still nebeneinander. Sie sahen die Roosevelt nicht mehr, zwei der hohen Felsen lagen jetzt zwischen ihnen und dem offenen Wasser.
    Es wird nichts nützen, dachte Jonathan. Es ist ein schlechtes Versteck. Es gibt keine guten Verstecke für eine ganze Jacht, nicht einmal für eine so kleine Jacht wie die Mariposa …
    »Jonathan!«, flüsterte José und zeigte auf eine Lücke zwischen den Felsen. »Sie … sie fahren vorüber! Sie fahren einfach weiter!«
    Josés Augen glänzten in der Dunkelheit. Es schien ihm direkt

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