Die Geliebte des Prinzen
für Alan arbeitete, wusste sie, wie hinterhältig Menschen sein konnten. Im Geschäft und in der Liebe.
Spekulierte der Prinz darauf, mit ihrer Unterstützung die Fusionsmöglichkeit und seine Verlobte zurückzubekommen?
„Ihnen ist hoffentlich klar, dass ich nicht über Alan oder Geschäftliches mit Ihnen sprechen werde, nur weil Sie mir diesen Gefallen erweisen“, sagte sie.
Er streifte sie mit einem prüfenden Blick. „Glauben Sie, ich sei auf Ihre Hilfe angewiesen?“
„Sind Sie es nicht?“
An der Limousine angekommen, nickte er seinem Chauffeur kurz zu und hielt Grace die Wagentür auf. „Steigen Sie ein.“
Mitten im weihnachtlichen Einkaufstrubel blieb sie stehen und sah unschlüssig auf die offene Tür. War sie gerade dabei, sich auf einen Pakt mit dem Teufel einzulassen?
„Sie haben doch nicht etwa Angst vor mir, Miss Cannon?“, fragte Maxim Rostov spöttisch, als sie sich nicht von der Stelle rührte.
Sie sah in sein schönes, markantes Gesicht. Doch, sie hatte Angst vor ihm. Vor seinem Reichtum, seiner Macht, seiner berühmt-berüchtigten Skrupellosigkeit.
Noch mehr aber vor den Gefühlen, die er in ihr weckte, wann immer er sie berührte. Oder sie ansah.
„Nein“, log sie und schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Angst vor Ihnen.“
„Dann steigen Sie ein.“ Er öffnete die Tür ein Stück weiter.
Ein scharfer Wind blies Grace die nassen Schneeflocken ins Gesicht, die jetzt vom Himmel fielen. Das blonde Haar klebte an ihren Wangen. Doch sie spürte die Kälte nicht. Prinz Maxims dunkler, beschwörender Blick machte jede Gegenwehr zwecklos.
So traf sie denn eine Entscheidung, da ihr eigentlich gar keine andere Wahl blieb, und kletterte auf die Rückbank des Rolls-Royce. Die Tür fiel zu. Grace schrak auf wie eine Schlafwandlerin, die sich plötzlich im Buckingham-Palast wiederfand und nicht wusste, wie sie dort hingekommen war. Hier saß sie nun, in Prinz Maxim Rostovs Limousine. Sie hatte sich mit dem Feind verbündet.
Aber er ist nicht mein Feind, dachte sie verwirrt, als sie ihn um den Wagen herumkommen sah. Er ist Alans Feind. Doch war nicht der Feind eines Freundes automatisch ein Feind? Oder der Feind eines Feindes ein Freund …
Die Tür ging auf, und der bestaussehende, meistgefürchtete Geschäftsmann von ganz London nahm neben ihr auf der ledernen Rückbank Platz. Wieder wurde ihr ganz heiß und zittrig, als er ihr einen langen Blick zuwarf.
„Warum sind Sie eigentlich so nett zu mir?“, fragte sie verlegen.
„Bin ich das?“
„Wenn Sie mich über meinen Chef aushorchen wollen …“
„Es ist Weihnachten. Das Fest der Liebe und der Freude“, verkündete er mit breitem Raubtierlächeln und ließ seine blitzweißen Zähne sehen. „Und ich werde Ihnen Freude bereiten.“ Er wandte sich an seinen Chauffeur. „Davai.“
Leise surrend setzte sich der schwarze Rolls-Royce in Bewegung. So kam es, dass Grace den grauen Alltag, das Gedränge und die bittere Kälte hinter sich ließ und von Prinz Maxim Rostov in seine Welt des Luxus entführt wurde.
2. KAPITEL
Maxim warf einen kurzen Blick auf die junge Frau neben ihm im Wagen, die ihn aus ihren hübschen blauen Augen verwirrt ansah, während sie in Richtung Mayfair fuhren. „Nett“ hatte Grace Cannon ihn genannt. Er wiederholte es in Gedanken, als sei es ein Fremdwort für ihn.
Nett?
Prinz Maxim Rostov hatte seine Machtposition nicht durch Nettsein erlangt.
Sein Urgroßvater war nett gewesen, damals während seines Pariser Exils. Er hatte das Geld mit vollen Händen ausgegeben, als sei er immer noch ein Großfürst mit eigenen Ländereien in Sankt Petersburg. Hatte jeden armen Schlucker beschenkt, der sich in seine Unterkunft verirrte.
Auch sein Großvater war nett gewesen. So nett, dass er das Wenige, das vom Vermögen der Rostovs noch übrig war, in London verprasst hatte, wo er vergeblich auf den Rückzug der Sowjets aus Russland wartete. Und darauf, dass man ihn bat, in sein Heimatland zurückzukehren.
Und sein Vater war nett gewesen. In dem verzweifelten Bemühen, für seine süße, junge amerikanische Ehefrau zu sorgen, hatte er die niedersten Arbeiten verrichtet, ehe er sich, so wie sein Vater vor ihm, mit Wodka zu Tode trank. Und seine Frau mit dem elfjährigen Sohn und der neugeborenen Tochter allein in Philadelphia zurückließ.
Maxim aber … Maxim war nicht nett. Er war egoistisch. Er war skrupellos. Er nahm sich, was er haben wollte. Auf diese Weise hatte er aus dem Nichts heraus ein
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