Die Genesis-Affäre: Mind Control (German Edition)
Steuergelder in den Sumpf maroder Industrieunternehmen versenkten und zu einer Neuverschuldung geführt hatten, wie es sie seit Gründung der Bundesrepublik noch nie gegeben hatte. Zieht man den neu gegründeten EU-Rettungsschirm hinzu, wurde hinter vorgehaltener Hand von Billionen statt Milliarden gesprochen. So entmutigend die Finanzsituation auch war, für den Kanzler war sie ein Segen, ließ sich dadurch doch der wahre Grund seines Rücktritts verschleiern. Zumindest fühlte er sich sicher, als er den Pressesaal verließ und mit einer gepanzerten Limousine Richtung Flughafen Schönefeld davonfuhr. Dort wartete ein startklarer Airbus der Luftwaffe, um ihn nach London auszufliegen, wo er auf eigenen Wunsch untertauchen wollte, bis einigermaßen Gras über eine Affäre gewachsen sein würde, die eigentlich ein Skandal war und über deren Ausmaß sich augenblicklich nur spekulieren ließ.
Lena Jansens Gesicht wurde formatfüllend auf den Fernsehschirmen eingeblendet. Ihr im Scheinwerferlicht glänzendes blondes Haar wehte leicht im Wind. Eigentlich hatte sie Urlaub und wollte ihren dreißigsten Geburtstag vorbereiten, als der Sender sie anrief, um sie für diese Sondersendung vor die Kamera zu holen. Nach der Überzeugung des Intendanten kam nur sie in Frage. Sowohl bei den Zuschauern als auch unter den Kollegen war sie durch ihre Ausstrahlung, ihr breit gefächertes Wissen und ihr charmantes Lächeln überaus beliebt. Niemand fühlte sich durch ihren Ehrgeiz und ihr zielgerichtetes, selbstsicheres Auftreten in irgendeiner Weise benachteiligt. Alle im Sender mochten sie und sie behandelte alle gleich, egal ob Redakteure, Techniker, Maske oder Requisite.
Als sie vor laufender Kamera die nächste Sensation ankündigte, konnte sie nicht ahnen, dass sie dabei war, einen Karrieresprung anzugehen, der ihr Leben und ihr Denken verändern würde.
»Vor wenigen Stunden wurde unserer Redaktion Filmmaterial zugespielt,« berichtete sie, »das eventuell Aufschluss über den Hintergrund des Rücktritts bringt.«
Bevor die Einspielung auf den Fernsehschirmen erschien, entschuldigte sich Lena Jansen für die schlechte Bild- und Tonqualität des laienhaft aufgezeichneten Materials, das auf einer Blue-Ray Disc von einem Fahrradkurier im Sender abgegeben worden war. Ein Absender war nicht vermerkt.
Da sich die Fernsehsender in Konferenzschaltung befanden, hatte der Intendant zuvor alle Kollegen angerufen und um ihre Zustimmung zur Ausstrahlung gebeten. Den Verantwortlichen war klar, dass es sich bei dem Video um höchst brisantes Material handelte, dessen Hintergrund jedoch im Dunkeln lag.
Auf den Fernsehschirmen wurde in großen weißen Buchstaben auf schwarzem Hintergrund ein Titel eingeblendet: GENESIS. Es folgte in langsamer Laufschrift: Alle Fakten, die Sie in diesem Film erfahren, sind Beweise für ein globales Verbrechen! Sie sehen unveröffentlichtes Bildmaterial einer Konferenz, die am 12. August 2010 in Bremen stattfand.
Anschließend waren drei Teilnehmer zu sehen, die an der Stirnseite einer Tischanordnung saßen. Aufgrund der Brisanz des Themas spürte man förmlich die Anspannung des Referenten, der zweifellos der Initiator dieser Konferenz war. Als ihn die Kamera heranzoomte, wurde der Name »Lennart Masur« eingeblendet, der als ehemaliger Greenpeace-Aktivist kein Unbekannter war. Die Kamera schwenkte nach rechts auf einen einstigen Luftwaffenoffizier und dann nach links auf eine Person, die es verstand, ihr Gesicht vor der Kamera zu verbergen. Allen Beteiligten war ihre Nervosität anzusehen. Sie fühlten sich in ihrer Haut sichtlich unwohl und wären viel lieber an einem beliebigen anderen Ort als in diesem Konferenzsaal, der für derartige Veranstaltungen gar nicht konzipiert war und eher den Eindruck vermittelte, notdürftig für diese Konferenz hergerichtet zu sein.
Lena Jansen verfolgte den Beitrag im Übertragungswagen. Schlechte Ausleuchtung und Kameraführung machten deutlich, dass es sich niemals um eine professionelle Aufzeichnung handeln konnte.
Die Kamera richtete sich auf Lennart Masur, der die Sitzung eröffnete.
»Es ist nicht leicht, auf Anhieb die gesamte Tragweite eines unfassbaren Projekts zu erfassen«, hörte man Masur sagen. »Helfen Sie mit, diese Sache …«
Plötzlich riss die Übertragung ab, kaum, dass sie begonnen hatte. Auf den Fernsehschirmen war nur noch Schnee zu sehen und Rauschen zu hören. Sekunden später wurde ein Testbild eingeblendet und auf einem schwarzen Balken
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