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Die Glücksritter von Schreckenstein

Die Glücksritter von Schreckenstein

Titel: Die Glücksritter von Schreckenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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die hinterste Ecke verkröchen. Ritter stehen zu ihren Taten.
Der Rex trat ein, gefolgt von Ottokar, der die Tür schloß und davor stehenblieb. Keinem der beiden war anzusehen, ob es sich um etwas Schwerwiegendes handelte oder nur um eine Information. Vor dem Kachelofen räusperte sich der Rex, drückte den Steg seiner Hornbrille gegen die Nase und begann in ruhigem Ton. „Wir haben einen neuen Rekord zu verzeichnen! Pummel und Eugen haben mit dem Surfbrett den See in beiden Richtungen überquert und waren dreieinhalb Minuten schneller als Andi vor vierzehn Tagen. Eine beachtliche Leistung!“
In das erstaunte Raunen der Ritter über diese Eröffnung platzte die helle Stimme des kleinen Herbert: „Und das nachts! Bei Tag wären die noch viel schneller gewesen.“
„Wenn du Licht mit Wind verwechselst, bestimmt“, antwortete der Rex. Ritter lachten. Solche Bemerkungen waren typisch für ihn.
„Leider…“ Direktor Meyer zog die Schultern hoch. „Leider darf man bei aller Umsicht, die für einen Rekord nötig ist, nicht nur an sich denken. Man muß sich auch überlegen, wie das, was man tut, auf Außenstehende wirkt. Es läßt sich nämlich auch anders sehen. Wer uns nicht unbedingt wohl will, könnte sagen: Schreckensteiner begeben sich nachts in Lebensgefahr und dringen in fremde Gebäude ein, wo sie sich’s gutgehen lassen. Macht man sie auf ihren Leichtsinn aufmerksam, schlagen sie angebotene Hilfe aus und begeben sich erneut in Lebensgefahr! — Wenn sich eine solche Betrachtungsweise bis zum Schulamt herumspricht, haben wir große Mühe zu beweisen, wie umsichtig und verantwortungsbewußt wir in Wirklichkeit sind. Alles hat eben zwei Seiten. Wir können jetzt nur eins tun: Dafür sorgen, daß es soweit nicht kommt. Wir müssen unser freies Schulsystem erhalten. Vielleicht hat einer von euch eine gute Idee. Ja, das war’s.“ Ohne eine Strafe oder auch nur eine Rüge für die neuen Rekordmänner auszusprechen, verließ er den Raum.
Pummel und Eugen sahen einander an. Beide dachten dasselbe: War wieder mal einsam ultra, unser Rex!
Stubenkamerad Mücke trat zu ihnen und schaltete am schnellsten. „Kein Grund zur Aufregung! Ist ja nicht das erstemal, daß uns die Horn den Schwarzen Peter anhängen will.“ Spätestens seit dem Frühstück wußten alle Bescheid. Weitere Ritter traten hinzu und redeten, als hätten sie bereits die beste Idee.
„Ihr müßt rüber und euch entschuldigen!“ meinte Miniritter Kuno. „Auf Höflichkeit fährt sie voll ab.“
„Aber bringt ein Geschenk mit!“ empfahl Dampfwalze. „Ein Stück Seife, für das Bad, das ihr genommen habt. So ‘ne richtige Duftbombe.“
„Mann! Die riecht doch nichts mit ihrer Pappnase!“ widersprach Witzbold Klaus. „Schenkt ihr ‘nen Waschlappen.“
„Oder ein Handtuch mit Monogramm! Damit’s keine Verwechslung gibt, falls ihr wieder mal baden geht“, schlug Beni vor. „In Neustadt gibt’s eine Firma, die druckt jeden Text drauf. Wasserfest! Ich weiß es von meiner Mutter.“
„Hast du ihr Topflappen zum Muttertag drucken lassen?“ höhnte Eugen, während Hans-Jürgen den Vorschlag ausbaute: „Druckt ein Herz drauf und obendrüber UNSERER LIEBEN ADELE.“
„Keine Späße!“ warnte Stephan. „Humorlose werden sauer, wenn andere lustig sind. Weil sie da nicht mitkommen.“
Als Ottokar dazutrat, schlängelte sich Pummel durch und nahm ihn beiseite. „Ich melde uns hiermit ab“, sagte er. „Wir müssen das gleich erledigen.“
Wer am Nachmittag die Burg verlassen wollte, sei es zum Haarschneiden, zum Zahnarzt oder in sonst einer dringenden Angelegenheit, mußte sich beim Schulkapitän abmelden.
Ottokar fragte nichts, sagte nichts, er nickte nur. Damit waren Pummel und Eugen vom Leichtathletiktraining befreit.
Das Wohnzimmer leerte sich und auch die beiden Rekordmänner machten sich auf den Weg.
„Komisch“, sagte Stephan zu Ottokar. „Über den Tippfimmel wurde überhaupt nicht geredet.“
„Der kommt noch!“ meinte der Schulkapitän und sah auf seine Uhr. „Wir könnten Sonja anrufen. Mal fragen, wie das Wetter drüben ist.“
Das andere Wetter, das draußen, war noch immer ziemlich windig. Deshalb nahmen Pummel und Eugen nicht die Fahrräder und nicht die Surfbretter. Sie wollten weder wassertriefend noch verschwitzt ankommen, vielmehr auch mit der Kleidung einen guten Eindruck machen und wählten ihr Eigenbau-Segelboot als geeignetes Fahrzeug.
Am öffentlichen Fernsprecher dauerte es ziemlich lang, bis abgenommen wurde.

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