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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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roten und gelben Blöcken bestand. Ringsherum drängten sich, fast wie Küken um eine Pfauenhenne, kleine weiße Schachteln und Kisten. Das Mädchen kletterte von seiner Palme, wusch sich den Schlamm von Gesicht und Händen, schlang das Tuch um ihr Geschlecht und faltete dann die Tierhaut zusammen, um sie wieder auf ihrem Kopf zu balancieren.
    Das Messer in der Hüftschärpe und das Ruder als Wanderstab einsetzend, marschierte sie nach Dilmun. Vor dem Stadttor erstreckten sich die Gemeindeweiden. Die Mauern waren höher als Palmen und blaugelb gestrichen. Der Rest war in lehmigem Ocker belassen. Noch nie hatte sie etwas derart Eindrucksvolles gesehen, nicht einmal in ihren wildesten Träumen. Kein
    Wunder, dass Ziusudra hier lebte. Hierher kamen die Götter zu Besuch. Nachdem die Schafe geweidet hatten, hielt sie Ausschau nach einem Geldeintreiber, denn sie war sicher, dass man für die Tränke zahlen musste. Wasser gab es nicht umsonst. Doch nirgendwo war ein Mensch zu sehen. Also streckte sie die Schultern durch, rückte das Paket auf ihrem Kopf zurecht und trieb ihre Herde auf das offene Tor zu, das in einem tiefen, schattigen Durchgang lag.
    »Willkommen in Ur, willkommen, willkommen«, rief ein Mann aus dem Dunkel heraus. »Du bist bestimmt eine Überlebende der Überschwemmung. Komm herein, komm nur herein. Hier ist es trocken und sicher.«

    Noch nie hatte sie einen Mann wie ihn gesehen, und in solchen Kleidern! Sein Bart war lang und weiß und sein Kopf mit einem goldenen Korb bedeckt. Weißer Stoff, mit Gold besetzt und feiner als jeder Filz und jede Wolle, die sie je gesehen hatte, hing über seiner Schulter und seiner Brust. Seine Augen waren groß und schwarz, seine Zähne weiß. Der Atem, der ihr ins Gesicht schlug, roch süß - wie Hindu-Atem. »Willkommen in Ur«, wiederholte er. »Willkommen, Weib. Du bist vermögend. Wie nennen die Götter dich?«
    Mehr Menschen gesellten sich dazu, weshalb sie in die Hocke ging, zur Flucht bereit. Die Schafe blökten und drängelten und der Ziegenbock knabberte an der Schärpe des Bärtigen, doch der schubste ihn einfach nur weg. »Du bist in Sicherheit, Weib.«
    »Ningal, sie hat eine Wunde am Kopf«, sagte jemand hinter ihr.
    Sie betastete die mit Schlamm und Blut verkrustete Stelle an ihrem Kopf.
    »Tut es weh?«, fragte der Bärtige.
    »Möchtest du vielleicht deine Schafe verkaufen?«
    »Lass mal sehen«, mischte sich ein anderer ein und zerrte an ihrer Tierhaut.
    Zischend fuhr sie herum. Die Schafe verstreuten sich.
    »Ein wildes Ding.«
    Sie eilte ihnen nach, ging in die Hocke, rief die Schafe zurück und lockte den Ziegenbock wieder aus dem Bogentor heraus.
    »Ganz ruhig. Offensichtlich kommt sie von den Hügeln.«
    »Aus der Ebene«, widersprach sie. Sie sprach mit den gleichen Worten wie die Menschen um sie herum.
    »Du kommst aus der Ebene? Aus Shinar?«
    »Shinar! Ja, so ist es. Mein Dorf.«
    »Überschwemmt.«
    »Wie hast du überlebt?«
    »Gibt es noch mehr Überlebende?«
    »Wie heißt du?«
    »Wo war dein Dorf?«
    Sie umringten sie mit ihren langen Barten und den Korbhüten. Lauter Männer, die mit den gleichen Worten sprachen wie sie, deren Stimmen aber hart und fordernd klangen.
    »Dilmun«, sagte sie.
    Alle verstummten. »Was hast du gesagt?«, fragte einer. Sein Umhang war weiß wie bei den anderen, aber wo jene mit Gold eingefasst waren, war seiner rot. Auch war er jünger, wahrscheinlich nicht älter als ... als ... sie konnte sich nicht erinnern. Es ergab alles keinen Sinn.
    »Dilmun. Ich bin auf dem Weg nach Dilmun.«
    »Du bist doch keine Hindu, Mädchen.«
    »Woher weißt du von Dilmun?«
    »Irgendwas muss sie wissen, wenn sie den Namen des Paradieses kennt.«
    Ihr war schwindlig; die Männer umkreisten sie wie schwarze Vögel. Krächzend und flügelschlagend. Sie konnte ihren Worten nicht mehr folgen.
    »Tretet zurück, ihr Herren, sie wird gleich ohnmächtig.« Der Weißbärtige reichte ihr die Hand, nach der sie fasste, um zur Ruhe zu kommen.
    »Brauchst du Wasser?«, fragte er. »Oder braucht deine Herde Wasser?«
    »Ja.«
    »Sie kommt aus der Flut. Ich vermute, sie hatte mehr als genug Wasser«, meldete sich jemand lachend zu Wort.
    »Die toten Tiere«, sagte sie. »Sie haben das Wasser vergiftet.«
    »Kalam, bring ihre Herde zum Brunnen hinüber. Du, Weib, kommst mit mir.«
    Sie drehte sich zu dem Mann um, dem mit dem rot umsäumten Umhang, der inmitten ihrer Schafe stand. Die Tiere sahen sie mit fragenden braunen Augen an. »Schon

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