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Die Herren von Everon

Die Herren von Everon

Titel: Die Herren von Everon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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hatte keine andere Aufgabe, als zu reiten. Woher Mikey die Energie nahm, ihn so zu tragen, wo doch auch er keine Nahrung zu sich genommen hatte, war ihm ein Rätsel.
    Nach einer Weile verblaßte das Tageslicht. Jef hielt sich, ohne eigens darüber nachzudenken zu müssen, auf Mikeys arbeitendem Rücken. Er schlummerte immer wieder ein, und schließlich versank er in tiefen Schlaf.

 
17
     
    Jef wachte auf und stellte fest, daß Mikey stehengeblieben war. Zwinkernd blickte Jef in das dämmerige Licht rings um sie. Mikey setzte sich, und Jef glitt vom Rücken des Maolots. Er plumpste zu Boden, versuchte aufzustehen und grunzte, weil die Bewegung ihn schmerzte.
    Sein Körper fühlte sich wie Holz an; jeder Muskel war verkrampft und tat ihm weh. Jef hinkte zu einem großen Stein und setzte sich.
    Sie befanden sich in einer kleinen, felsigen Senke mit einem blauen See, die kaum größer als einen oder zwei Morgen war. Über den Wänden des Tals erhoben sich in allen Richtungen Berggipfel. Die Luft war kalt und dünn, und es war kurz vor Tagesanbruch, hell genug um etwas zu sehen, aber die Sonne war noch nicht aufgegangen. Nur vereinzelte koniferenartige Everon-Bäume unterbrachen das Geröll der Abhänge um den See. Als Jef den Blick auf das Wasser richtete, kräuselte ein leichter Wind die blaue Oberfläche, und eine Sekunde später berührten kühle Finger sein Gesicht und seine Hände.
    Plötzlich empfand Jef schrecklichen Durst. Er erhob sich mühsam von dem Felsblock, taumelte die paar Schritte zum Wasser und ließ sich dort aufs Gesicht fallen. Er trank in tiefen Zügen. Das eiskalte Wasser ließ jeden einzelnen Zahn in seinem Mund schmerzen, aber sein Körper schien durch die Zufuhr von Feuchtigkeit wie ein Schwamm aufzuquellen.
    Als er seinen Durst gelöscht hatte, setzte er sich auf und sah zu Mikey hin, der jetzt direkt hinter ihm stand.
    „Wo sind wir?“ fragte Jef. „Was ist das für ein Ort?“
    Er erhielt die Antwort, sie müßten noch ein Stück weiter. Mikey trat an Jef vorbei zum Rand des Wassers, duckte sich und trank ebenfalls. Er duckte sich wie eine Katze, aber er leckte das Wasser nicht, sondern saugte es ein.
    „Warum machen wir dann hier halt?“ erkundigte sich Jef, als Mikey fertig war.
    Mikeys blinde Augen richteten sich auf ihn. Der Eindruck von Unfähigkeit ging von ihm aus. Jef rätselte daran herum, und plötzlich verstand er.
    „Du meinst, du kannst mich nicht länger tragen.“ Das Schuldbewußtsein überwältigte ihn. Wie erschöpft war er schon, und er war getragen worden! Sicher war Mikey jetzt unglaublich stark. Aber es mußte eine furchtbare Anstrengung für ihn gewesen sein, sich in ein Reittier zu verwandeln und über zwölf Stunden lang ein Gewicht von hundertachtzig irdischen Pfunden zu tragen. Und dazu hatte er vor wenigen Tagen eine noch schwerere Arbeit dieser Art vollbracht. Mikey hatte Jefs Reaktion erkannt und widersprach ihm.
    „Ich verstehe nicht …“ begann Jef, und dann verstand er es doch. Es lag nicht daran, daß Mikey es lernte, sich verständlicher auszudrücken. Es war vielmehr so, als entwickle Jef eine stärkere Einsicht. Er begann, Mikeys Ausstrahlungen mit beinahe okkulter Geschicklichkeit zu interpretieren. Es war, als hätten ihm die Müdigkeit und das vom Hunger herrührende Gefühl der Leichtigkeit im Kopf die Fähigkeiten eines Sehers verliehen.
    „Du meinst“, sagte er, „daß es dir von hier an nicht länger möglich ist, mich über das vor uns liegende Terrain zu tragen. Das geht in Ordnung. Mir wird es nur guttun, wenn ich zur Abwechslung einmal zu Fuß laufe …“
    Er hörte seine eigenen Worte, als würden sie von jemand anders gesprochen, der ein kleines Stück weiter weg stand. Jetzt, da ihm der Gedanke einmal gekommen war, erschrak er richtig darüber, wie hungrig und müde er war.
    „Aber ich weiß nicht, wie lange ich marschieren kann“, fügte er hinzu.
    Ermutigung von Mikey.
    „Wenn ich nur etwas zu essen hätte.“
    Negativ. Jef sollte nicht nur nichts essen, es war auch nichts zu essen da.
    „Kann ich mich zuerst eine Weile ausruhen?“
    Das war erlaubt – für eine Weile. Auch Mikey wollte gern eine Pause machen.
    Sie saßen in dem Tal, bis es am Himmel über ihnen völlig Tag geworden war und der See und die steinigen Abhänge die ihnen zustehenden dreidimensionalen Tiefen und Schatten bekommen hatten. Schließlich stellte Mikey sich auf die Füße. Jef versuchte, es ihm gleichzutun. Aber sobald er aufrecht stand,

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