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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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bei der Vereinigung des Gottes und der Göttin durch den Tor schoß, wurde auf dem Höhepunkt unermeßlich groß. Und so füllten sich zum Segen des ganzen Landes alle Kanäle der Kraft bis hinunter zu den kleineren Adern, die den Tor durchzogen.
    Caillean wartete außerhalb des geweihten Kreises, spürte die Explosion und lehnte sich mit einem Seufzen zurück. Auch die anderen begriffen auf ihre Weise, was geschah. Sie sprangen vor Freude auf und blickten mit leuchtenden Augen zum Himmel hinauf. Die Trommeln, die im ständigen Rhythmus schlugen, seit Sianna zu Gawen gekommen war, entfesselten einen plötzlichen Wirbel. Erst eine Stimme, dann eine zweite stieß einen Freudenruf aus, und bald hallte der Hügel vom Jubel der Menschen wider.
    »Der Gott hat sich mit der Göttin vereinigt!« erklärte die Hohepriesterin schließlich. »Der König hat sich mit dem Land verbunden!«
    Nach dem ungezügelten Ausbruch der Freude schlugen die Trommeln wieder zum Tanz. Lachend und glücklich drehten sich Männer und Frauen im Kreis.
    Alle, auch die ältesten Druiden, hatten die Entladung der Spannung gespürt. Mit ihr verschwand alle Müdigkeit und offenbar auch alle Hemmungen. Auch jene, die vorher dem Tanz nur zugeschaut hatten, bewegten sich im Rhythmus der Trommeln. Ein junges Mädchen aus dem kleinen Volk zog den alten Brannos auf den Platz vor dem Feuer. Er hüpfte und drehte sich mit ihr, als sei er plötzlich wieder ein junger Mann.
    Das Feuer bestand nur noch aus Glut, aber die Hitze war stärker als zuvor und trieb den Tanzenden den Schweiß auf die Stirn. Zu Cailleans Überraschung streifte als erste die Priesterin Lysanda die Tunika ab, aber die anderen folgten schnell ihrem Beispiel. Ein Mann und eine Frau aus dem kleinen Volk sprangen unbehindert von jeglicher Kleidung zusammen über die Glut.
    Caillean sah ihnen zu und dachte, daß sie seit vielen Jahren nicht mehr soviel Freude an Beltane erlebt hatte. In Vernemeton hatten sie stets die Mißbilligung der Römer gefürchtet, und in der ersten Zeit auf Avalon waren sie Neuankömmlinge, die um Anerkennung warben. Jetzt, nachdem sich ein Königssohn der alten Druiden mit der Tochter der Fee vermählt hatte, schienen sich alle Wunden zu schließen. Alle, die heute über das Feuer sprangen, hatten die Gewißheit, in dieser Nacht unter dem Schutz des Gottes und der Göttin zu stehen.
    Aber keine Nacht, auch wenn sie nur ungetrübte Freude brachte, konnte ewig dauern. Paarweise liefen Männer und Frauen davon, um unter den Büschen und Bäumen die Rituale ihrer eigenen Vereinigung zu feiern. Wer das nicht wollte, hüllte sich in seinen Umhang und legte sich in die Nähe der Glut, um den Rausch des Heidebiers auszuschlafen. Die Fackeln um den Ring waren längst erloschen, aber die Steine selbst warfen eine Mauer aus Schatten, in deren Schutz das Königspaar ungestört blieb.
    Kurz vor Anbruch des neuen Tages liefen ein paar jüngere Männer in den Wald und fällten den Beltanebaum. Die Frauen sammelten grüne Zweige, um die Gebäude am Fuße des Tors damit zu schmücken. Die Tänze zu Ehren des Baums würden ebenso fröhlich, aber sehr viel förmlicher sein als die nächtlichen Feiern am Feuer. Das ermöglichte es den noch nicht eingeweihten jungen und Mädchen und den kleineren Kindern, die unten im Tal die Nacht verbracht hatten, ebenfalls am Fest teilzunehmen.
    Caillean hatte wenig getanzt und noch weniger getrunken als die anderen. Außerdem war sie lange Nachtwachen gewöhnt, und so blieb sie auf ihrem erhöhten Sitz am Feuer. Doch als das erste Morgenlicht die Schatten der Nacht vertrieb, fiel auch sie in einen kurzen, erschöpften Schlaf.

    Es war ein besonders schöner Tag. Durch die Blätter und Zweige der Hütte, die man für Gawen errichtet hatte, sah er den Gipfel des Tors und dahinter den bunten Teppich aus Wasser, Wald und Wiesen. Alles strahlte im Sonnenschein des frühen Beltanemorgens. Auch ohne das Glücksgefühl, das ihn bewegte, hätte er an diesem Tag den Zauber der Natur bewundert. Gewiß, sein Körper schmerzte an merkwürdigen Stellen; auch die Stiche der Tätowierung waren noch nicht ganz verheilt und machten sich beim Spannen der Muskeln bemerkbar, aber das alles war kaum der Rede wert im Vergleich zu dem Wohlgefühl, das sein ganzes Wesen erfaßt hatte.
    »Dreh dich um, Herr«, sagte Ambios, »dann kann ich dir den Rücken abreiben.« Als er zum Wasserkrug griff, hörte Gawen von der anderen Seite der Wand, wo Sianna badete, helles

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