Die historischen Romane
hinter der großen Insel im Westen kamen und sich der Bucht näherten. Es waren Boote aus hohlen Baumstämmen ähnlich denen der Indianer der Neuen Welt, aber immer zwei miteinander verbunden: In dem einen saßen die Ruderer, und das andere glitt wie ein Schlitten übers Wasser.
Pater Caspar hatte zuerst gefürchtet, dass sie zur Daphne kämen, aber sie schienen das Schiff eher meiden zu wollen und hielten direkt auf die Landestelle hinter dem Kap zu. Er hatte zu schreien versucht, um die Männer auf der Insel zu warnen, aber die schliefen ihren Rausch aus. Kurzum, die Männer der Daphne fanden sich plötzlich umringt von Eingeborenen, die zwischen den Bäumen hervorlugten.
Sie waren aufgesprungen, die Eingeborenen hatten sofort kriegerische Absichten bekundet, aber niemand wusste, was tun, und schon gar nicht, wo sie ihre Waffen gelassen hatten. Nur der Kapitän war vorgetreten und hatte einen der Angreifer mit einem Pistolenschuss niedergestreckt. Als die Eingeborenen den Schuss hörten und ihren Gefährten tot umfallen sahen, ohne dass er berührt worden war, machten sie Unterwerfungsgesten, und einer von ihnen näherte sich dem Kapitän, um ihm eine Kette zu reichen, die er um den Hals getragen hatte. Der Kapitän beugte sich vor, um sie entgegenzunehmen, dann suchte er wohl nach einem passenden Tauschgeschenk und drehte sich zu seinen Leuten, um sie etwas zu fragen.
Damit hatte er den Eingeborenen den Rücken gekehrt.
Nach Pater Caspars Ansicht waren die Eingeborenen sofort, noch vor dem Pistolenschuss, beeindruckt gewesen von der Statur und Haltung des Kapitäns, der ein batavischer Hüne mit blondem Bart und blauen Augen war, Eigenschaften, die jene Insulaner vermutlich den Göttern zuschrieben. Doch kaum sahen sie dann von diesem Fremden den Rücken – denn offenbar glaubten jene wilden Völker nicht, dass Götter auch einen Rücken haben –, hob ihr Häuptling sofort seine Keule und schlug sie ihm auf den Schädel, und als der Fremde daraufhin vornüberstürzte und reglos liegenblieb, fielen die schwarzen Männer über die Seeleute her, die sich nicht zu wehren wussten, und metzelten sie allesamt nieder.
Dann bereiteten sie sich ein schreckliches Mahl, das drei Tage lang währte. Der kranke Pater hatte alles durchs Fernrohr beobachtet, ohne etwas unternehmen zu können. Aus den Männern der Daphne sei Kesselfleisch gemacht worden, sagte er. Zuerst seien die Toten entkleidet worden (unter dem Freudengeheul von Wilden, die sich Gegenstände und Kleider teilten), dann seien sie zerlegt, dann gekocht und schließlich in aller Ruhe verzehrt worden, begleitet von Schlucken aus einer dampfenden Schale und von Gesängen, die jeder für friedlich gehalten hätte, wären sie nicht auf einem so schaurigen Gelage erklungen.
Danach hatten die Eingeborenen, nun gesättigt, begonnen, einander das Schiff zu zeigen. Vermutlich hatten sie es nicht mit der Anwesenheit der getöteten Fremden in Verbindung gebracht: Majestätisch, wie es ihnen mit seinen Masten und Segeln erschienen sein musste, unvergleichlich verschieden von ihren Einbäumen, hielten sie es nicht für Menschenwerk. Nach Ansicht von Pater Caspar (der behauptete, die Mentalität der Götzenanbeter in aller Welt gut zu kennen, da ihm seine reisenden Ordensbrüder bei ihrer Rückkehr nach Rom davon erzählt hatten) hielten sie das Schiff für ein Tier, und die Tatsache, dass es neutral geblieben war, als sie sich ihren kannibalischen Riten hingaben, habe sie überzeugt. Im übrigen habe bereits Magellan erzählt, versicherte Pater Caspar, dass manche Eingeborenen glaubten, die Schiffe kämen vom Himmel herabgeflogen und seien die natürlichen Mütter der Schaluppen, die sie säugten, wenn sie sie an den Bordwänden hängenließen, und die sie dann entwöhnten, indem sie sie ins Wasser warfen.
Aber nun musste wohl einer angeregt haben, es könnte sich vielleicht lohnen, wenn das Tier gutmütig war und sein Fleisch so saftig wie das der Fremden, sich seiner zu bemächtigen. Jedenfalls waren sie plötzlich in ihre Boote gesprungen und hatten sich der Daphne genähert. Daraufhin hatte der friedliche Jesuit, um sie fernzuhalten (sein Orden verlangte schließlich von ihm, dass er lebte ad maiorem Dei gloriam , und nicht, dass er starb zur Befriedigung einiger Heiden, cuius Deus venter est ), Feuer an die Lunte einer Kanone gelegt, die schon geladen und auf die Insel gerichtet war, und eine Kugel abgeschossen. Welchselbige mit einem großen Krachen, indes die
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