Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
wird nun die fünfte und letzte Aufgabe sein, falls du nicht schon lange vorher verloren hast, Kleine?“ fragte Anatoo lächelnd. Pinaa straffte die Schultern und sah ihn direkt an. „Wir werden einen Begleiter rufen.“ sagte sie bestimmt.“Was?“ Anatoo sah sie zweifelnd an. „Wie meinst du das?“ „Wir werden ein wildes Tier besänftigen, dass an unserer Seite bleibt.“ sagte sie. „Ah.“ Er sah weiterhin ratlos aus. Battoo klärte die Details für ihn. „Irgendein Tier?“ Pinaa nickte. „Irgendeins. Aber es muss ihn aus freiem Willen begleiten und ihm folgen.“ Battoo nickte. „Aber dafür braucht man mehr Zeit.“ warf Renaa ein.
„Und das kann nur ein Beschwörer.“ Pinaa nickte. „Ja. Das kann nur ein Beschwörer. Und darum geht es doch hier, oder?“
Eine Vorbereitungszeit von zehn Tagen wurde vereinbart, dann sollten alle Aufgaben nacheinander absolviert werden. Sollte es nach den ersten vier Disziplinen unentschieden stehen, konnte die fünfte und entscheidende Aufgabe zehn weitere Tage in Anspruch nehmen, bis einem der Kontrahenten eine Besänftigung oder zumindest eine Annäherung gelungen war, ansonsten würden sie eine neue Disziplin bestimmen.
Schließlich wurde noch ausgehandelt, was der Verlierer zu tun hatte. Anatoo schlug großzügig vor, sich nicht mehr über Pinaa lustig zu machen und auch die anderen in dieser Hinsicht zu besänftigen. Sollte der Wettstreit jedoch mit einem Sieg für ihn enden, wovon ja auszugehen war, sollte Pinaa das Beschwörungshandwerk vollständig aufgeben und ihn und seinen Vater in Ruhe lassen. Sie sollte akzeptieren, dass sie eine Frau war und sich in Zukunft ausschließlich Frauendingen widmen. Und natürlich sollte sie öffentlich bekunden, dass Anatoo der beste Beschwörer war, den die Sippe nur bekommen konnte, während sie, nun ja, eben eine Frau war. Pinaa hatte nichts anderes erwartet und machte klar, dass sie dazu bereit wäre, jedoch in dem zwar sehr unwahrscheinlichen, aber dennoch zu berücksichtigenden Falls eines Ausgangs des Wettstreits zu ihren Gunsten, doch ein bisschen mehr Unterstützung von Anatoo erwartete. Er sollte ihr dann Zugang zu Salben und Tränken gewähren und sie ab und zu mitnehmen, wenn sein Vater ihm zeigte, wo man bestimmte Kräuter fand und wie man sie verarbeitete. Anatoo willigte ein. Er ging auf jeden Fall von einem einfachen Sieg aus.
Zehn Tage. Pinaa, der erst nach und nach bewusst wurde, auf was sie sich eigentlich eingelassen hatte, überlegte, wie sie vorgehen sollte. Neben ihren Aufgaben blieb ihr einige Zeit des Tages, um sich auf den Wettstreit vorzubereiten, aber sie würde auch Hilfe brauchen.
Wenn sie Glück hatte, benötigte sie etwa einen halben Tag, um die Pflanzen für den Trank zu finden und vorzubereiten. Sie reservierte einen weiteren halben Tag, um die Fertigung einer perfekten Figur zu üben, auch wenn sie sicher war, Anatoo hierbei mit einem Erdklumpen schlagen zu können. Die letzte Aufgabe unbeachtet lassend hätte sie somit einige Tage, um entweder den Lauf zu trainieren oder zu lernen, mit Pfeil und Bogen zu schießen. Sie musste Minoo fragen, was er für erfolgversprechender hielt und ihn um Unterstützung bitten.
Anatoo musste diese Dinge nicht trainieren. Er war kein besonders guter Bogenschütze, aber für jemanden, der noch nie mit dem Bogen geschossen hatte, würde es sicher reichen. Und er war viel schneller als Pinaa, musste also höchstens einen Tag damit zubringen, die beste Laufstrecke durch den Wald auszuwählen und einmal zu testen. Die Zutaten für den Trank würde er ebenfalls an einem halben Tag zusammenstellen können, vielleicht würde er sie sogar einfach aus dem Vorrat des Vaters nehmen, dagegen konnte Pinaa nichts unternehmen. Mit der Erstellung von Figuren aus der roten Erde würde er sich nicht groß abgeben, das sollte Sache der Frauen bleiben. Er hatte somit viel Zeit, um ein wildes Tier zu besänftigen. Pinaa hatte diese Zeit nicht. Sie wusste nicht, warum sie diese fünfte Aufgabe vorgeschlagen hatte. Es war aus einer Eingebung heraus geschehen, sie hatte vorher nicht an ihre Visionen oder an die Wölfin gedacht, aber in diesem Moment hatte sie ihr Bild deutlich vor sich gesehen und für einen kurzen Augenblick hatte sie wieder fest daran geglaubt, dass die Wölfin zu ihr kommen würde.
Und sie musste jetzt auch weiterhin daran glauben, denn nur dann konnte sie diesen Wettstreit gewinnen. Nur dann. Oder? Oder sollte sie die Zeit lieber nutzen, um einen
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