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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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man es geschehen. Nun aber drohte ein neuer Krieg der Christen gegen die Gläubigen Mohammeds, und in einem solchen Heiligen Krieg wird der Emir Abdullah den Ketzer Ibrahim nicht mehr schützen können. Der wird fliehen müssen wie seine Väter, ins christliche Spanien, sein Vermögen hinter sich lassend, ein Bettler. War es da nicht klüger, jetzt nach Toledo zu gehen, freiwillig, in Reichtum und Glanz?
    Denn wenn er’s nur will, dann wird er hier in Toledo kein geringeres Ansehen genießen als in Sevilla. Schon auf eine leise Andeutung hin hatte man ihm das Amt des Ibn Schoschan in Aussicht gestellt, des jüdischen Finanzministers, der vor drei Jahren gestorben war. Kein Zweifel, hier in Toledo könnte er, auch wenn er offen ins Judentum zurückkehrte, jede Bestallung erhalten, die er wünschte.
    Durch einen Spalt in der Mauer lugte der Kastellan in den Hof. An die zwei Stunden war der Fremde jetzt da; was sah er an dem baufälligen Gemäuer? Da hockte er, der Ungläubige, als wäre er hier zu Hause, als wollte er für immer bleiben. Die Leute des Fremden, die im äußern Hof auf ihn warteten, hatten erzählt, er habe in seinem Haus in Sevilla fünfzehn edle Pferde und achtzig Diener, darunter dreißig Schwarze. Sie waren reich und üppig, die Ungläubigen. Aber wenn auch das letztemal der König Unser Herr eine Schlappe erlitten hat, eine Zeit wird kommen, da werden die Heilige Jungfrau und Santiago uns gnädig sein, und wir werden sie totschlagen, die Moslems, und ihnen ihre Schätze abnehmen.
    Und der Fremde traf immer noch keine Anstalt, zu gehen.
    Ja, der Kaufmann Ibrahim von Sevilla saß und träumte weiter. Nie in seinem Leben hatte er einen so verfänglichen Entschluß fassen müssen. Denn als damals die Afrikaner ins Andalús einbrachen und er zum Islam übertrat, da hatte er das dreizehnte Jahr noch nicht erreicht, er war vor Gott und Menschen nicht verantwortlich, die Familie hatte für ihn entschieden. Nun mußte er die Wahl selber treffen.
    Herrlich in seiner Reife und Erfüllung strahlte Sevilla. Aber es war Überreife, sagte sein alter Freund Musa; die Sonne des westlichen Islams hatte die Höhe ihres Bogens überschritten, sie war im Niedergang. Hier, im christlichen Spanien, in diesem Kastilien, war Beginnen, war Aufstieg. Alles hier war primitiv. Sie hatten zerstört, was der Islam gebaut hatte, und es notdürftig zusammengeflickt. Die Landwirtschaft war ärmlich, altväterisch, alles Gewerbe verrottet. Das Reich war entvölkert, und die hier saßen, verstanden sich auf den Krieg, aber nichtauf die Werke des Friedens. Er, Ibrahim, wird Menschen hierherziehen, die gelernt haben, was hervorzubringen, die es verstehen, an den Tag zu fördern, was ungenützt in der Erde liegt.
    Es wird mühevoll sein, dem heruntergewirtschafteten, verkommenen Kastilien Atem und Leben einzublasen. Aber gerade das war die Verlockung.
    Zeit freilich brauchte er, lange, ungestörte Jahre des Friedens.
    Und mit einemmal spürte er: es war göttlicher Ruf gewesen, den er gehört hatte schon damals vor fünfzehn Monaten, als Don Alfonso nach seiner Niederlage den Emir von Sevilla um Waffenstillstand bat. Der kriegerische Alfonso war zu mancherlei Konzessionen bereit gewesen, einer Gebietsabtretung, einer hohen Kriegsentschädigung, doch auf die Forderung des Emirs, daß der Waffenstillstand acht Jahre dauern sollte, darauf hatte er nicht eingehen wollen. Er aber, Ibrahim, hatte seinem Freunde, dem Emir, zugeredet und zugesetzt, darauf zu bestehen und sich dafür mit immer kleinerem Landgewinn und immer niedrigerer Entschädigung zu begnügen. Und zuletzt hatte er’s erreicht, und die guten, langen acht Jahre Waffenstillstand waren unterzeichnet und besiegelt worden. Ja, Gott selber hatte ihn damals getrieben und gemahnt: Streite für den Frieden! Laß nicht nach, streite für den Frieden!
    Und der gleiche innere Ruf hatte ihn hierher nach Toledo getrieben. Wenn ein neuer Heiliger Krieg kommt – und er wird kommen –, dann ist der händelsüchtige Don Alfonso versucht, den Waffenstillstand mit Sevilla zu brechen. Aber dann wird er, Ibrahim, zur Stelle sein und dem König mit List, Drohung und Vernunft zureden, und wenn er nicht verhindern kann, daß Alfonso in den Krieg eingreift, so wird er’s doch verzögern.
    Und für die Juden, für seine Juden, wird es ein Segen sein, wenn dann bei Ausbruch des Krieges er, Ibrahim, im Rate des Königs sitzt. Die Juden werden wie früher die ersten sein, über welche die Kreuzfahrer

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