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Die Karte der Welt (German Edition)

Die Karte der Welt (German Edition)

Titel: Die Karte der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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gemütliches Leben führen, wenn auch kein besonders wohlriechendes.
    Er packte die Zeichensachen in den Schulterbeutel, hob die Handschuhe auf und eilte den Hügel hinunter. Weg von den Bergen, hinein in den Stallmist.
    »Sei gegrüßt, Vater«, sagte er und stapfte durch die schlammige Suhle.
    Elger Stoli lächelte. Wex war sein einziger Sohn, ein Einzelkind. Elgers Ein und Alles. Wex’ Mutter war tot. Sie war gestorben ungefähr zu der Zeit, als die Mühle in Zornfleck gebaut wurde. Wex war damals gerade einmal fünf Jahre alt gewesen. Er hatte sie als emsige Frau in Erinnerung, die ihn herumtrug und ihm das Essen machte. Tüchtig, fleißig, kühl. An Umarmungen oder Gutenachtlieder konnte er sich nicht erinnern. Tatsächlich konnte Wex im Nachhinein kaum einen Unterschied feststellen zwischen der Art, wie sie die Frischlinge versorgte, und der, wie sie sich um ihn kümmerte. Aber sein Vater hatte sie geliebt, so wie er jeden liebte. Und Wex liebte er am meisten von allen.
    »Was hast du heute gezeichnet, Sohn?«, fragte Elger.
    »Die Berge.«
    »Schon wieder?«
    »Das Licht ist anders.«
    »Aber es sind doch jeden Tag dieselben Berge.«
    »Der Frühling kommt, und der Schleier ließ sie heute Morgen nicht so dunkel aussehen.«
    Bei dem Wort »Schleier« wurde sein Vater nachdenklich. »Vielleicht solltest du die Berge einmal ohne diesen vermaledeiten Schatten zeichnen.«
    Wex legte die Stirn in Falten. Es war schwer, sich die Berge ohne die schwarze Decke vorzustellen, die über ihnen lag. Der Schleier war schon immer die nördliche Grenze von Abrogan gewesen, noch bevor die ersten Papiermacher die Welt mit dem Geschenk der Geschichtsschreibung beglückten und noch bevor man vor zehn Generationen im Palast begonnen hatte, Aufzeichnungen zu machen. Er zog eine scharfe Linie, hinter der alle Gipfel verborgen lagen. Niemand näherte sich ihm. Wer es dennoch tat, verschwand einfach. So gingen zumindest die Gerüchte, die man sich in der Taverne erzählte, wo der alte Hampten Hochprozentiges aus seiner klapprigen Destille ausschenkte. Manchmal fragte sich Wex, ob die Gerüchte nicht vielleicht auf wundersame Weise aus den Dämpfen der Destille selbst entstanden, und dennoch bezweifelte er nicht, dass mit dem Schleier nicht zu spaßen war. Wex war mit ihm aufgewachsen, hatte ihn Dutzende Male gezeichnet, und immer noch verfolgte er ihn in seinen Alpträumen.
    »Stell dir vor, wie diese Berge ohne ihn aussehen würden«, sprach sein Vater weiter. »Du könntest jeden einzelnen Gipfel zeichnen. Fröhlichere Bilder würden sich vielleicht auch besser verkaufen.« Er hob einen Eimer hoch und reichte ihn Wex. »Aber jetzt gibt es erst einmal Arbeit zu tun. Komm, hilf mir, dieses Schwein ausbluten zu lassen. Ich weiß, du kannst das Zeug für deine Farbe brauchen.«
    Brynn von Zornflecks Hermelinstiefel waren genauso hell wie ihr weißblondes Haar. Das lange Kleid hob sie sorgsam an, während sie am Stolihof vorbei über die schlammige Straße stapfte.
    Wex kannte all ihre Geheimnisse. Sein Vater war einer der Fleischlieferanten des Grafen von Zornfleck, und die Köchin des Hauses erledigte nicht nur die Einkäufe, sie hatte auch ein loses Mundwerk. Vor allem, wenn sie in der Gesellschaft von verwitweten Männern in ihrem Alter war. Manchmal brauchte Elger den ganzen Vormittag, um die Bestellungen abzuliefern, und das obwohl das gräfliche Anwesen gerade mal zwei Wegstunden entfernt war. Oft kam er mit Geschichten zurück, die besser weder erzählt und noch viel weniger von irgendjemandem gehört werden sollten, und gelegentlich auch mit verrutschten Kleidern.
    Die von Zornflecks waren in der Gegend die einzige Familie von Bedeutung. Brynns Ururgroßvater Baen war Mitglied im Kabinett von Fürst Kryst gewesen. Aber als Krysts Sohn, der zehnte in der Linie, seinem Vater auf dem Thron folgte, drängte er die alten Kabinettsmitglieder hinaus, um Platz für seine eigenen jungen Gefolgsmänner zu schaffen. Baen war zum Grafen ernannt worden und herrschte von nun an über eine Ansammlung kleiner Höfe und ein paar Gemeinhäuser in der nördlichsten Ecke von Abrogan, auch bekannt als Zornfleck, die bescheidenen Lande von Wex’ Vorfahren. Außerdem erhielt der frischgebackene Graf mehrere hundert Morgen Land gleich außerhalb der etwas prahlerisch als »Stadt« bezeichneten Siedlung. Baens Enkel jedoch, Brynns Vater, hatte wenig Geschäftssinn, und die Besitzungen schrumpften zusehends. Der eine Teil, hundert Morgen Flussland,

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