Die Kirschblueten aller vergangener Jahre
um ihren Ehemännern zu erklären, warum sie anschließend so ausgeglichen waren. Also, Mara, nicht alle intellektuellen Frauen sind so langweilig.
MEB
Wollen wir es für ihre armen Männer hoffen! Kurz und gut: ich packte meinen Koffer, verabschiedete Johannes Maria noch einmal standesgemäß auf dem Hochstand und gab meiner Mutter einen Kuss zum Abschied. Es war nicht mein Schicksal, als Haushaltsgehilfin Auge in Auge mit einem Misthaufen Karriere zu machen. Mein Leben lag da draußen. Auf mich wartete in München eine andere Welt. Ich schwebte die ersten Wochen wie auf Wolken. Diese wunderbare Stadt mit all ihren Möglichkeiten. Die Modegeschäfte, die aufregende Arbeit in der Redaktion mit interessanten Leuten. Ich fühlte mich, als sei ich endlich zu Hause angekommen. Ich arbeitete mich rasch hoch, denn ich hatte ein Talent für Sprache und ein Gespür für Männer. Ich bin eine Nymphomanin, musst du wissen. Warum sollte ich mich auf EINEN Mann beschränken, wenn so viele Männer sich anbieten. Ich kann nicht nur mit einem einzigen Mann Händchen halten. Und die Männer boten sich an, nein, sie drängten sich auf. Nach einem halben Jahr hatte ich den Job, in dem ich prominente Frauen interviewen musste, ein Appartement und einen neuen Liebhaber. Einen Schauspieler, der in den Filmen immer den Schurken spielte. Er war fantastisch und amüsant. Ralf war natürlich sehr aufgebracht, er nannte mich eine undankbare Hure. Er hatte gehofft, er könnte sich das Dummchen vom Lande noch für einige Jahre warm halten, doch ich hatte ihn schon längst überrundet. Nun, sei nicht albern, sagte ich zu ihm. Du weißt, dass ich keine Hure bin und gerne mit dir zusammen war. Ich bin dir auch für alles dankbar, doch mein Leben geht weiter, deine Redaktion hier ist nur ein Sprungbrett für mich. Ein Sprungbrett in den Ozean, nicht in der Pool!
BR
Ich kann mir gut vorstellen, dass auch er deinem Tempo auf Dauer nicht gewachsen war. Bist du denn nie an einen Mann geraten, bei dem du bleiben wolltest? Einen, den du für dich alleine haben und ohne den du nicht leben konntest? Ich find’ das immer noch das wichtigste, auch wenn du das nicht bei meinem Job vermutest. Du siehst, so ganz kann ich meine strenge Erziehung nicht leugnen. Du hast deine Liebhaber wahrscheinlich weiterhin wie die Hemden gewechselt?
MEB
Du bist einfach goldig, Bento! Du hast wahrscheinlich auch zu viele Liebesfilme im Fernsehen geschaut! Ich war meinen Liebhabern immer dankbar und auch auf gewisse Weise treu, weiß Gott! Hörst du: dankbar! Aber ich verfiel nicht in eine romantische Gefühlsduselei. Oder liebst du etwa die Kellnerin, die dir ein saftiges Steak serviert? Oder die Köchin? Nein, du liebst das Essen auf deinem Teller! Den Gaumenkitzel. Wie sagt noch unser guter Nietzsche: „Alle Sinnlichkeit will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit!“ Sex ist ein sinnliches Vergnügen, und wer etwas anderes behauptet, hat nie richtig gebumst! Sex ist ein sinnlicher Köder der Natur, um die Fackel des Lebens weiter zu reichen. Oder um es schlichter zu auszudrücken: um für Nachwuchs zu sorgen, für Kinder!
BR
Die du nicht hast?
MEB
Um Gottes Willen! Ich habe die Sache gleich von Anfang durchschaut und diesen Köder nicht geschluckt! Ich mag kleine Kinder, auch wenn sie brüllen und die Windeln voll scheißen, aber nur, wenn sie anderen
Leuten gehören! Aber romantische Gefühlsduselei und die Forderung nach Treue ist nichts anderes als der Versuch, dieses sinnliche Erleben zu glorifizieren und sich für die Zukunft sichern. Nach dem Motto: du darfst nur mit mir bumsen! Ist DAS Liebe? Nein, das ist eine Abmachung wie eine Hausratsversicherung!
BR
In deinen Büchern läuft das aber ganz anders, soviel ich weiß. Da beschreibst du romantische Dinner bei Kerzenlicht oder Plaudereien am Kamin. Da legst du der Angebeteten zärtliche Geständnisse in den Mund, lässt sie an Liebeskummer erkranken bis endlich der Prinz oder gräfliche Filius kommt und sich der keuschen Braut zur Füßen wirft. Von Vögeln ist in deinen Büchern doch nur die Rede, wenn die beiden wie Turteltauben gurren! Ist denn gar nichts von dir in deinen
Geschichten?
MEB
Alles ist von mir, doch so viel vorweg: diese Bücher, Filme und das Fernsehen sind für die Menschen ein Ersatz für das wirkliche Leben, von dem sie selber nur einen dünnen Aufguss löffeln. Für das wirkliche Leben fehlt es ihnen an Leidenschaft und Mut. Das
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