Die Kirschblueten aller vergangener Jahre

Schwanz, ich mit meinem Herzen. Meine beiden Romane wurden jetzt unter meinem vollem Namen Mara Erzsébet Belinda veröffentlicht. Erzsébet, um eine mögliche Verbindung zum ungarischen Adel anzudeuten, die ich jedoch immer kokett leugnete. Beide Romane wurden erfolgreich verfilmt. Ich sorgte dafür, dass mein ehemaliger Liebhaber, der Schauspieler, der mir die Bekanntschaft mit Istvan verschafft hatte, eine Nebenrolle bekam. Ich musste für den Verlag wieder meine Lesungen geben, jetzt aber nur noch in Großstädten. Ich signierte meine Bücher, gab Interviews und verfeinerte dabei immer mehr meine zweite Identität als Mara Erzébet Belinda.
    Es gab genügend attraktive Männer, die hinter mir her waren, aber auch welche, die es auf mein Geld und meine Prominenz abgesehen hatten. Doch ich erkannte sie, ließ sie links liegen,  da ich vom gleichen Schlage und genauso durchtrieben war.
     
    Robert Bento
    Wohl wahr!
     
    MEB
    Ich gab meine Wohnung  auf und kaufte mir eine Eigentumswohnung in Rom. Auf einer der vielen Partys lernte ich einen römischen Finanzier kennen, der mit allen Wassern gewaschen war. Er sorgte für ein Konto in der Schweiz und einen Wohnsitz in Monaco. Er löste meinen Vertrag mit meinem alten Verlag auf, der weiß Gott genug an mir verdient hatte und schuf die Verbindung zu einem amerikanischen Verlag, bei dem von jetzt ab meine Romane und auch Übersetzungen erschienen. Doch Harald, meinem Lektor, blieb ich treu. Er sah privat all meine weiteren Manuskripte durch und ich habe ihn immer fürstlich entlohnt.
     

Robert Bento
    Das ist ja rührend . Du hast ihm die Treue gehalten, als du berühmt und reich warst. War das vielleicht dein Anteil an der Romantik, Mara? Aber er war auch dein Liebhaber gewesen. Du wirst ihm in dieser Beziehung kaum treu geblieben sein. Wie hat er das aufgenommen?
     
    MEB  
    Bento! Du kommst mir wie ein gefallener Engel vor, der wieder den Faden der platonischen Liebe aufnehmen will, der aber zum Teufel ist, wenn er einmal verloren gegangen ist. Harald ist ein intelligenter Mensch. Ich bin ein exotischer Falter, der eine Motte wie ihn für eine Weile in den wilden Dschungel mit seinen geheimnisvollen Blüten und verführerischen Düften entführt hat. Er wusste diesen Ausflug als einen vorübergehenden Rausch zu schätzen. Harald ist kein weltfremder Romantiker und als Motte auch nicht geeignet für den Dschungel. Das weiß er. Er ist ein Germanist, der für seinen Verlag Manuskripte auf eine etwaige Rendite am Markt überprüft. Seine wahre Leidenschaft gilt alten Texten in Mittelhochdeutsch. Das Nibelungenlied – das ist sein Dschungel! Und was ist Treue? Die Moral der Impotenten. Sie ist ein Vertrag und Abkommen für Menschen, die ihre Liebe dingfest machen wollen und sie hinter Gitter sperren! Wahre Liebe will nichts festhalten und besitzen! Wahre Liebe will sich verströmen. Das habe ich gemacht, ich habe mich in meiner Geilheit, wie du so schön sagst, immer verströmt. Und die Männer, die in meine Umlaufbahn gezogen wurden, haben es nie bereut. Manche waren allerdings heilfroh, wenn sie es hinter sich hatten und noch gesund waren. Wirst du heilfroh sein, Bento, mein gefallener Engel,  wenn du diese Vorlesungsreihe mit mir hinter dir hast? Das ist heute erst der Anfang! Sechs gemeinsame Wochen liegen noch vor uns beiden!
     

Robert Bento
    Gefallener Engel? Unsinn, Mara! Dass ich nicht lache. Wenn du nie geliebt hast, wie willst du wissen, was ich verloren habe.
     
    Bento baut sich mit ausladender Handbewegung und einer Verneigung  vor Mara auf.
     
    Euer Ritter ist  gewappnet, Lady Erzébet! Meine Lanze wird zur Ehre Euch gereichen!
     
    MEB
    So wi ll ich dich hören, brünstiger Knappe! Besser als dieses Geflenne von den Schmetterlingen im Bauch. Darunter leidet noch nicht einmal die Heldin in meinen Geschichten, schließlich schreibe ich keine Groschenromane.  Mein Burgfräulein hat ein wild pochendes Herz und einen wogenden Busen, wenn der Liebste die Bühne betritt. Schmetterlinge im Bauch, - sicher waren es nur Blähungen. Doch egal. Reichst du mir den Bügel mit meinem Kostüm und der Bluse?
     
    Bento holt den Bügel. MEB zieht die Bluse und das Kostüm an. MEB sieht dem Plakat in der Buchhandlung jetzt schon sehr  ähnlich. Sie beginnt nun ihr Haar zu einem Knoten zu stecken.
     
    So gingen die Jahre ins Land, wie man so schön sagt. Auch meine Jahre. Ich schrieb mir ein Vermögen zusammen.  Es kam eine Eigentumswohnung in Paris hinzu und