Die Kunst engagierter Gelassenheit
ich jede Frau, die sich ärgert und einen höheren Puls bekommt, wenn ihr Partner während des Essens wie ein Teenager kichernd SMS austauscht oder auf Geschäftsreisen sein Handy ausschaltet. Der tiefere Grund für Eifersucht sind Verlassenheitsängste. Der Ausweg aus der Eifersucht kann wohl nur in der klaren und nüchternen Haltung liegen: Wir sind miteinander zusammen, weil wir uns lieben. Und wenn wir beide uns als Partner nicht mehr lieben oder nicht mehr genügen, dann versuchen wir etwas zu verändern. Und wenn das nicht geht, sind wir offenbar nicht (mehr) füreinander geschaffen und werden das Glück auf getrennten Wegen suchen müssen.
Kränkungen
»Ungelassen bin ich, wenn mich falsche Anschuldigungen treffen.« (Frau, 35 Jahre)
»Ich verliere meine Gelassenheit, wenn Menschen Abmachungen nicht einhalten und ich mich im Stich gelassen fühle.« (Frau, 61 Jahre) »Den stärksten Gelassenheitshemmer erlebe ich, wenn ich merke, dass ich angelogen, bedroht oder manipuliert werde.« (Frau, 70 Jahre)
»Ich kann nicht immer gelassen sein, wenn meine chronischen Muster getroffen werden. Diese haben persönliche aber auch iden titätsbezogene Wurzeln (zum Beispiel wegen Geschlecht, der Ethnie oder Religion).« (Mann, 55 Jahre)
Kränkungen, Enttäuschungen, Verletzungen, Demütigungen, Verleumdungen, ungerechte Behandlung, Benachteiligung, Diskriminierung, Betrug, Lüge, Übergriffe und Missbrauch rauben einem die Gelassenheit nicht nur während einiger Tage, sondern je nach Grad der Traumatisierung ein Leben lang. Missbrauchserfahrungen oder Dreiecksbeziehungen sind extreme Gelassenheitskiller. Scham- und Schuldgefühle verhindern die Seelenruhe. Eine Bekannte leidet seit über zehn Jahren an Schlaflosigkeit, weil sie sich durch Medien und Gerichte ungerecht behandelt fühlt. Da wir uns keine Stahlpanzer zulegen wollen, die uns immun machen gegen Verletzungen, bleibt nur die Alternative, unsere Verletzlichkeit und Verletzbarkeit zu akzeptieren. Wenn ich Biografien von Nelson Mandela, Sophie Scholl, Dietrich Bonhoeffer, Aung San Suu Kyi, Oscar Romero und anderen Menschen lese, die sich extrem verletzlich machten, erhalte ich in diesen Begegnungen viel Kraft und Zuversicht.
Druck und Stress
»Ich bin nicht gelassen, wenn ich als Krankenschwester und Sterbebegleiterin zu viel Arbeit habe und den Patienten nicht gerecht werde.« (Frau, 46 Jahre)
»Ich kann nicht gelassen sein, wenn ich als Ärztin meine Angehörigen und Freunde behandle, ihnen Schmerz zufüge oder ihnen schlechte Botschaften überbringen muss.« (Frau, 65 Jahre)
»Ich verliere die Ruhe, wenn ich zu spät dran bin für eine Einladung oder den Theaterbesuch.« (Frau, 46 Jahre)
»Wenn ich müde bin und etwas unbedingt noch fertig machen will oder muss, aber nicht mehr die Energie dazu habe, verliere ich im Privatleben sehr schnell die Gelassenheit beim kleinsten Missgeschick. « (Mann, 55 Jahre)
»Ich verliere jegliche Gelassenheit, wenn ich es nicht schaffe, die Steuererklärung rechtzeitig abzugeben.« (Frau, 40 Jahre).
Wer ständig von oben und unten und von allen Seiten gedrückt, gezogen und gestoßen wird, überfordert ist und an Lasten und Verantwortlichkeiten leidet, verliert nicht nur die innere Ruhe, Heiterkeit und Leichtigkeit, sondern wird aufgerieben und brennt aus. Immer mehr Menschen in wirtschaftlichen Unternehmen sowie in Verwaltungen beklagen sich darüber, dass sie immer mehr Dinge in immer kürzerer Zeit und mit immer weniger personellen und finanziellen Ressourcen zu bewältigen haben. In solchen Fällen gilt es, die Situation jeweils klar zu analysieren und zu differenzieren. Welcher Druck und Stress ist eher quantitativ, welcher qualitativ? Je nachdem hilft eher ein Delegieren von Arbeit oder eine Weiterbildung. Und welcher Anteil vom Druck
und Stress gründet in meinen eigenen hohen Erwartungen oder meiner Unfähigkeit nein zu sagen und mich abzugrenzen?
Fixierungen
»Früher war ich ungelassen, wenn es nicht nach meinen Plänen ging. Ich fühlte mich dann ausgeschlossen, nicht akzeptiert (beruflich), bedroht oder gar wertlos (im privaten Bereich).« (Mann, 70 Jahre)
»Ich verliere meine Gelassenheit, wenn im Beruf Dinge nicht so gehen, wie ich sie mir vorstelle, sei dies verursacht durch mich oder durch andere.« (Frau, 49 Jahre)
Menschen, die sich weitgehend befreit haben von materiellen Gütern und Werten, sind darum aber noch nicht gelassen. Oft hängen sie dann umso mehr an immateriellen Werten, vor allem an
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