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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , Alfred Ruhemann
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schon halb taub!«
    Der Hund blieb aber bei seinem Gebell, daher vollzog sich der Einzug der Chanteau unter dieser fröhlichen Musik. Sie schoben Pauline, das neue Kind des Hauses, vor sich her; hinterher kam der unermüdlich kläffende Mathieu, dann Minouche, deren nervöses Fell bei diesem schallenden Lärm unaufhörlich zusammenzuckte.
    Martin hatte inzwischen in der Küche zwei Gläser rasch nacheinander hinter die Binde gegossen. Sein Holzfuß klapperte auf dem Fußboden, als er allen einen guten Abend zuschreiend, von dannen humpelte. Veronika hatte ihre inzwischen kalt gewordene Hammelkeule wieder ans Feuer geschoben. Sie erschien jetzt, um zu fragen:
    »Wird gegessen?«
    »Ich glaube wohl, denn es ist schon sieben Uhr«, antwortete Chanteau. »Wir werden aber warten müssen, mein Kind, bis meine Frau und die Kleine sich ein wenig umgekleidet haben.«
    »Paulines Koffer ist noch nicht hier«, warf Frau Chanteau ein. »Zum Glück sind wir unten trocken geblieben... Nimm deinen Hut und deinen Mantel ab, mein Herz ... So hilf ihr doch, Veronika ... Ziehe ihr auch die Schuhe aus, ja? ... Ich habe alles was du brauchst.«
    Die Magd mußte vor dem Kinde niederknien, das sich gesetzt hatte. Währenddessen holte die alte Dame aus der Reisetasche ein Paar Filzschuhe hervor, die sie selbst Pauline an die Füße steckte. Dann ließ auch sie sich die Schuhe ausziehen und tauchte abermals die Hand in den Reisesack, die mit einem Paar Schlurren für sie wieder hervorkam.
    »Ich kann also auftragen?« fragte nochmals Veronika.
    »Sofort... Komm in die Küche, Pauline, um dir das Gesicht und die Hände zu waschen... Wir sind schon halbtot vor Hunger, später werden wir uns gründlich reinigen.«
    Pauline erschien als erste wieder im Zimmer, während sie ihre Tante noch mit der Nase in einer Schüssel zurückgelassen hatte. Chanteau hatte seinen Platz vor dem Feuer in der Tiefe seines Lehnsessels aus gelbem Plüsch wieder eingenommen. Er rieb sich unwillkürlich die Beine, denn er war in beständiger Furcht vor einem neuen Anfall, während Lazare am Tische stand, auf dem seit länger als einer Stunde für vier Personen gedeckt war und Brot für die Gesellschaft absäbelte. Die beiden Männer lächelten etwas verlegen das Kind an, ohne ein Wort für dasselbe zu finden. Pauline sah sich gelassen in dem mit Nußholz-Möbeln ausgestatteten Zimmer um. Sie blickte vom Büfett und dem halben Dutzend Stühlen zur grünkupfernen Hängelampe hinauf. Es fesselten sie besonders fünf eingerahmte Bilder, welche die Jahreszeiten und eine Ansicht des Vesuvs darstellten und sich von der kastanienfarbenen Wandtapete abhoben. Die nachgemachte, von kreidigen Rissen durchzogene Täfelung von gemalter Eiche, der von alten Fettflecken beschmutzte Fußboden, die Öde dieses einsamen Familienzimmers ließ sie den schönen marmornen Wurstladen vermissen, den sie am Abend vorher verlassen hatte. Ihre Augen trübten sich, sie schien für einen Augenblick die unter der Gemütlichkeit der für sie neuen Umgebung verborgene, dumpfe Verbitterung zu ahnen. Nachdem sich ihre Blicke noch für einen in vergoldetem Holzgehäuse steckenden, sehr alten Barometer erwärmt hatten, blieben sie auf einem merkwürdigen Dinge in einem Glaskasten haften, dessen Kanten von schmalen Streifen Papiers zusammengehalten waren. Es nahm den ganzen Kaminsims ein und sah aus wie ein Spielzeug, wie eine hölzerne Brücke im kleinen, aber wie eine Brücke von außerordentlich verwickeltem Gebälk.
    »Das hat dein Großonkel gemacht«, erklärte Chanteau, der sich freute, einen Gesprächsstoff gefunden zu haben. »Ja, mein Vater hat als Zimmermann angefangen ... Ich habe sein Meisterstück stets in Ehren gehalten.«
    Er errötete nicht über seine Abstammung. Frau Chanteau litt die Brücke auf dem Kamine trotz ihres Ärgers beim Anblick dieser Platz raubenden Merkwürdigkeit, die sie stets an ihre Ehe mit dem Sohne eines Arbeiters erinnerte. Die Kleine aber hörte schon nicht mehr auf ihren Onkel: durch das Fenster hatte sie soeben den unendlichen Horizont erblickt. Sie schritt flink durch das Zimmer und stellte sich hinter die Scheiben, deren Musselinvorhänge mit Hilfe von baumwollenen Spangen halb emporgezogen waren. Seit ihrer Abreise aus Paris nahm das Meer ihre Gedanken beständig in Anspruch. Sie träumte von ihm, sie bestürmte im Eisenbahnwagen die Tante mit ewigen Fragen und wollte beim Anblick eines jeden Abhanges wissen, ob sich das Meer hinter diesen Bergen befinde. Am

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