Die letzte Generation
kam keine Antwort. Der Mann ihm gegenüber regte sich nicht und sprach auch nicht. Er saß mit halbgeöffneten Lippen da, und seine Augen waren jetzt blind und leblos. Die andern um ihn her waren ebenfalls regungslos, in gezwungenen, unnatürlichen Haltungen erstarrt. Mit einem Laut des Entsetzens sprang Stormgren auf und ging rücklings zur Tür.
Die Stille wurde plötzlich unterbrochen. »Das war eine gute Rede, Rikki. Ich danke Ihnen. Jetzt können wir, glaube ich, gehen.«
Stormgren drehte sich auf den Fersen herum und starrte in den dunklen Gang. In Augenhöhe schwebte dort eine kleine unscheinbare Kugel, ohne Zweifel die Quelle der geheimnisvollen Kraft, die die Overlords eingesetzt hatten. Man konnte es kaum mit Sicherheit sagen, aber Stormgren bildete sich ein, ein leises Summen wie von einem Bienenkorb an einem schläfrigen Sommertag zu hören.
»Karellen! Gott sei Dank! Aber was haben Sie getan?«
»Beunruhigen Sie sich nicht; den Leuten ist nichts passiert. Sie können es eine Lähmung nennen, aber es ist viel einfacher. Sie leben nur etwa tausendmal langsamer als gewöhnlich. Wenn wir fort sind, werden sie nicht wissen, was geschehen ist.«
»Sie werden sie hier lassen, bis die Polizei kommt?«
»Nein, ich habe einen viel besseren Plan. Ich lasse sie gehen.«
Stormgren empfand eine überraschende Erleichterung. Er warf einen letzten Abschiedsblick auf den kleinen Raum und seine erstarrten Insassen. Joe stand auf einem Bein und starrte töricht ins Nichts. Plötzlich lachte Stormgren und griff in die Tasche.
»Schönen Dank für die Gastfreundschaft, Joe«, sagte er. »Ich glaube, ich lasse ein Andenken hier.« Er sah die verschiedenen Zettel durch, bis er die gesuchten Zahlen gefunden hatte. Dann schrieb er auf ein verhältnismäßig sauberes Blatt:
»Die Bank von Manhattan soll an Joe einhundertfünfunddreißig Dollar und fünfzig Cent (135,50 Dollar) zahlen.
R. Stormgren.«
Als er den Zettel neben den Polen legte, fragte Karellens Stimme: »Was machen Sie da eigentlich?«
»Wir Stormgrens bezahlen unsere Schulden immer. Die andern beiden haben betrogen, aber Joe hat ehrlich gespielt. Wenigstens habe ich ihn nie beim Mogeln ertappt.«
Er fühlte sich sehr munter und beschwingt und um ganze vierzig Jahre jünger, als er zur Tür ging. Die Metallkugel glitt zur Seite, um ihn vorbeizulassen. Er nahm an, daß es eine Art Roboter wäre; dadurch erklärte sich, wie Karellen ihn durch die Felsschichten zu erreichen vermocht hatte.
»Gehen Sie etwa hundert Meter geradeaus«, sagte die Kugel mit Karellens Stimme. »Dann nach links, bis ich Ihnen weitere Weisungen gebe.«
Stormgren schritt rasch vorwärts, obwohl er sich sagte, daß er sich nicht zu beeilen brauche. Die Kugel blieb im Gang schweben, wahrscheinlich, um seinen Rückzug zu decken.
Eine Minute später kam er an eine zweite Kugel, die an einer Abzweigung des Ganges auf ihn wartete.
»Sie haben einen halben Kilometer zu gehen«, sagte sie. »Halten Sie sich links, bis wir uns wieder treffen.«
Sechsmal begegnete er solchen Kugeln auf seinem Weg ins Freie. Zuerst überlegte er, ob der Roboter es irgendwie fertigbrächte, ihm immer vorauszueilen; dann vermutete er, daß eine Kette von solchen Apparaten vorhanden sein müsse, die eine regelrechte Leitung zu den Tiefen der Mine bildete. Am Eingang formte eine Gruppe von Wächtern ein unwahrscheinliches Denkmal, das wieder von einer der allgegenwärtigen Kugeln bewacht wurde. In wenigen Metern Entfernung lag am Berghang das kleine Flugschiff, in dem Stormgren stets seine Reisen zu Karellen unternommen hatte.
Einen Augenblick blinzelte er im Sonnenlicht. Dann sah er die zerstörten Bergwerksmaschinen um sich her und dahinter ein verlassenes Eisenbahngleis, das sich den Berghang hinunterzog. In mehreren Kilometern Entfernung erstreckte sich am Fuß des Berges ein dichter Wald, und ganz in der Ferne konnte Stormgren das Wasser eines großen Sees blinken sehen. Er nahm an, daß er irgendwo in Südamerika wäre, obwohl er kaum hätte sagen können, wie er zu dieser Vermutung kam.
Als er das kleine Flugschiff bestieg, warf Stormgren einen letzten Blick auf den Grubeneingang und die erstarrten Männer. Dann schloß sich die Tür hinter ihm, und mit einem Seufzer der Erleichterung sank er auf den vertrauten Sessel.
Eine Weile wartete er, bis er wieder zu Atem gekommen war; dann stieß er eine einzige, von Herzen kommende Silbe aus: »Nun?«
»Es tut mir leid, daß ich Sie nicht früher
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