Die letzte Nacht der Unschuld
steckte das Fossil, das Alexander ihm geschenkt hatte.
Als er aus der Garage trat und sich in den Medienrummel mischte, lag seine Hand auf der harten Stelle an seiner Brust. Es war Wahnsinn, den Stein bei einem Rennen dort bei sich zu tragen. Sollte sein Wagen in Flammen aufgehen und er in einem Feuer gefangen werden, würde der Stein die Hitze absorbieren und sich durch seine Haut brennen.
Das Campano-Team hatte sich um seinen Wagen versammelt. Das Grün wirkte wie eine Oase in der Wüste. Die endlose Weite der Wüste erinnerte ihn an das Meer und den Strand in Yorkshire. An Alexander, wie er übermütig über den Sand gelaufen war …
Dio , er musste sich konzentrieren.
Suki drehte sich um und kam auf ihn zu. Ihre Katzenaugen blitzten. Und in genau diesem Moment rührte sich etwas in seinem Kopf. Suki hob sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange …
Wo war Colleen?
Die Frage schoss aus dem Nichts in seinen Kopf, es war wie ein Stromstoß. Er trat von Suki weg, schaute sich um, plötzlich fest davon überzeugt, dass Colleen hier irgendwo sein musste. Und dass sie nach ihm suchte.
Silvio stand mit einer Schar Reporter beim Wagen, sie alle hielten die Mikrofone in der ausgestreckten Hand. Cristianos Puls raste. Ohne nachzudenken, drehte er sich um und ging zurück zu den Garagen. Er ignorierte die Fragen, die die Reporter ihm zuriefen. Suchend schaute er sich um. Colleen war hier, davon war er überzeugt. Er verfiel in einen Dauerlauf, obwohl er wusste, dass er seine Kraft für das Rennen aufsparen sollte.
Sie war hier. Musste hier sein. Er war sich so sicher …
„Cristiano!“
Suki rannte auf ihn zu, ihr Haar wippte bei jedem Schritt. „Komm, du musst einsteigen.“
Die Verzweiflung stach zu wie ein Messer. Ein letztes Mal ließ Cristiano seinen Blick über die Menge gleiten, dann drehte er sich leise fluchend um und ging zu seinem Wagen zurück.
Die breiten Straßen waren mit Palmen gesäumt, dahinter erstreckte sich die Wüste, flach und gelblich und seltsam unvollendet im Vergleich zu der sauberen Prachtallee.
„Wie lange dauert die Fahrt?“, fragte Colleen gepresst.
„Nicht lange.“ Im Rückspiegel warf der Taxifahrer ihr einen neugierigen Blick zu. „Ich fahre schnell – wie die Rennfahrer. Keine Sorge“, sein Lächeln grub kleine Fältchen um seine Augen, „ich bringe Sie rechtzeitig zum Start hin.“
Colleen unterdrückte das frustrierte Stöhnen und starrte aus dem Fenster. „Das ist zu spät. Ich muss jemandem etwas sagen, bevor das Rennen beginnt.“
„Sicher.“ Er bedachte sie mit einem Blick, als wäre sie nicht ganz richtig im Kopf. Oder sogar gefährlich. „Welchen Platz haben Sie denn?“
Colleen las die Information von dem laminierten Pass ab, den Cristiano ihr überlassen hatte. Der Fahrer riss die Augen auf.
„VIP Area.“ Neu erwachter Respekt schwang in seinem Ton mit. „Keine Sorge, wir sind fast da.“
Ein rotes Banner über der Straße hieß die Besucher zum Bahrain International Grand Prix willkommen. Colleens Magen zog sich zusammen, als sie durch die Windschutzscheibe den hohen Turm und die Tribünen erkannte. Am Tor reichte sie dem Sicherheitsmann den Pass, der ihn überprüfte und ihn ihr dann mit unbeweglicher Miene wieder zurückreichte. Schließlich winkte er sie durch.
„Sind Sie ein großer Fan von Autorennen?“, fragte der Taxifahrer, als er wieder anfuhr.
Sie lachte erstickt auf. „Ich hasse sie.“
„Warum sind Sie dann hier?“
Colleen stieß bebend die Luft aus. „Weil mir plötzlich klar geworden ist, dass Liebe tausendmal stärker ist.“
Die dunklen Augen im Spiegel blickten milde, als der Wagen vor dem nächsten Tor abbremste. „Hier muss ich Sie rauslassen, Miss.“
Ihre Finger zitterten, als sie dem Fahrer die Geldscheine gab und ausstieg. Fast wollten ihre Beine sie nicht tragen.
„Viel Glück!“, rief der Fahrer ihr noch nach.
Am Tor wurde ihr Pass von einem weiteren Sicherheitsmann überprüft. „Sie sind ein Gast von Cristiano Maresca?“
„Ja. Wohin muss ich gehen?“, fragte sie atemlos. „Ich muss ihn noch vor dem Start sprechen.“
„Dann müssen Sie sich beeilen. Geradeaus und dann …“
Die Worte des Mannes wurden von einem ohrenbetäubenden Donnern verschluckt. Die Erde bebte, Jubel brandete auf.
„Zu spät“, meinte der Mann mit einem entschuldigenden Lächeln.
Die Sonne hing tief über der Rennstrecke und ließ die Benzindämpfe über dem Asphalt flirren. Von dem Ferrari vor ihm
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