Die letzte Schöpfung
letzten Tage schon gehustet. Heute klagte sie über Halsschmerzen und Kopfweh. Ich habe ihr flüssiges Tylenol gegeben, aber vor wenigen Minuten ist das Fieber stark angestiegen, von 38,5 auf 40.«
»Holen Sie Dr. White und eine Assistentin, die den IV-Schlauch legen kann und uns mit dem Rektalthermometer hilft.« Sie zog Callies Augenlider hoch und fühlte ihren Nacken. »Und ich brauche eine Kühlpackung.«
Die erste Schwester eilte los. Ihre Kollegin sagte zu Ethan und Danny: »Würden die Herren bitte das Zimmer verlassen, damit wir uns um die junge Dame kümmern können?«
Ethan spürte, wie Dannys Schulter sich unter seiner Hand versteifte, und drückte sie ermutigend. »Komm. Wir sind hier nur im Weg.«
Als sie das Zimmer verließen, erschien eine andere Frau in einem königsblauen Kittel und zog den Vorhang rund um das Bett zu.
»Setz dich.« Ethan wies auf die Wandstühle und nahm selbst Platz. Ein sehr junger, müde und gehetzt aussehender Mann kam über den Flur, nickte im Vorbeigehen und verschwand in Callies Zimmer.
Ethan fühlte sich mehr als überflüssig. Er kannte Krankenhäuser nicht, noch mochte er sie. Und er hatte das Gefühl, dass es Danny ähnlich ging. »Erzähl mir doch mal, wie Callie und du nach Champaign gekommen seid.«
Danny blickte ihn an, als wäre er nicht bei Trost.
»Das hilft uns, die Zeit zu vertreiben«, erklärte Ethan.
»Okay.« Danny erzählte ihm, was in den Stunden zwischen der Flucht aus dem Park und dem Wiedersehen vor Mulligans Haus geschehen war. Er redete in kurzen, hastigen Sätzen und war nach fünf Minuten fertig. Dennoch fand Ethan die Story erstaunlich. Die Findigkeit des Jungen verwunderte ihn immer wieder. Als Danny geendet hatte, verfielen sie wieder in Schweigen.
Nach ein paar Minuten hielt Ethan es kaum mehr aus. Er konnte sich nur mit Mühe zurückhalten, den Gang auf und ab zu gehen. Dabei hatte er Geduld einst im Überfluss besessen, sowohl bei seinen militärischen Einsätzen als auch im Dienst für die Firma. Er hatte auf seine Ziele gewartet, während er halb im Schlamm eines Waldes oder unter heißem Wüstensand begraben lag. Er hatte die Kunst des regungslosen Wartens perfektioniert, weil davon sein Überleben und das seiner Leute abhing. Aber niemals war seine Geduld so sehr auf die Probe gestellt worden wie in diesem sterilen Krankenhausflur, während er darauf wartete, wie es einem kleinen Mädchen ging, das er erst vor einer knappen Woche kennen gelernt hatte.
Als Sydney endlich aus dem Zimmer kam, sprang Danny auf. »Ist Callie…«
»Sie hält sich tapfer.« Sydney lächelte ermutigend. »Das Fieber war schon auf 41 gestiegen, ist jetzt aber runter.« Ethan nahm Sydneys Arm und zog sie auf einen Stuhl zwischen ihnen. »Aber eine Grippe ist es nicht. Deshalb werden ein paar Untersuchungen gemacht, um herauszufinden, was für eine Infektion es ist.«
»Aber sie wird doch wieder gesund?«, fragte Danny mit zitternder Stimme.
Sydney strich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn. »Sobald wir wissen, welche Krankheit das Fieber auslöst, können wir etwas dagegen tun.«
Danny schien nicht überzeugt zu sein. In diesem Augenblick kam eine der Schwestern aus dem Zimmer. Alle blickten sie erwartungsvoll an.
»Es wird noch eine Weile dauern«, sagte die Schwester freundlich. »Wenn Sie sich einen Kaffee holen möchten, wäre jetzt die Zeit dazu. Außerdem müssen Sie vorn an der Anmeldung noch einige Formulare ausfüllen.«
Ethan stand auf. »Danke. Ich kümmere mich darum.« Als die Schwester außer Hörweite war, sagte er zu den anderen: »Ich seh mich mal ein bisschen um.«
»Glaubst du, die können uns hier finden?«, stellte Danny die Frage, die er auch in Sydneys Augen lesen konnte.
»Wahrscheinlich nicht, aber wir sollten vorsichtig sein.« Ethan hatte das dringende Gefühl, dass er etwas unternehmen müsse. Er steckte die Hände in die Taschen. »Bleib hier bei Sydney und deiner Schwester«, sagte er unnötigerweise, denn Danny hätte man nur mit Gewalt vom Zimmer seiner Schwester fortbringen können.
Ethan machte sich mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf auf den Weg. In jeder anderen Umgebung hätte diese Körperhaltung Verdacht ausgelöst, nicht aber in einem Krankenhaus, wo Leben und Tod oft auf Messers Schneide standen. Ethan sah aus wie ein Mann, der sich große Sorgen um einen geliebten Menschen machte.
An einem Automaten zog er sich einen Becher Kaffee und ging in die Wartezone. Während er an dem heißen Getränk
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