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Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Titel: Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Baustil stammte aus der Dritten Runendynastie, das erkannte man daran, dass die Bögen nicht rund waren, sondern dass zwei Halbbögen in der Mitte in einem spitzen Winkel zusammenliefen, während Rundbögen der Ersten und Spitzbögen der Zweiten Runendynastie angehörten.
    Zum Schlafen gab es echtes Stroh. Auch eine Schüssel mit Maiskörnern und Erbsen hatten sie bekommen und das war richtig gut. Gut und viel! Ein paar Maiskörner und Erbsen hatte der kleine Elf einem Rudel entzückender, großer Mäuse mit schönem, glänzend schwarzem Fell geschenkt, die von allen Seiten herbeigekommen waren, als sich der Geruch nach Essen verbreitete, und die auf dem Steinboden in alle Richtungen huschten.
    Dieser Ort war wirklich das Paradies.
    Und nirgendwo Regen, außer auf dem Gesicht der Frau, die seltsamerweise ganz für sich allein regnete.
    »Warum tröpfelst du?«, fragte der Kleine die Frau.
    »Das nennt man ›Tränen‹«, antwortete der Mann, »das ist unsere Art des Weinens.«
    »Wirklich? Und das Zeug, das ihr aus der Nase rinnt und das sie mit dem Ärmel abwischt?«
    »Das gehört auch zum Weinen.«
    »Wenn wir traurig sind, dann klagen wir, dann hören die anderen unsere Trauerklage und tun etwas, um unseren Schmerz zu lindern«, sagte der Kleine mit schlecht verhohlenem Stolz. »Aber auf dem Boden zu sitzen und es aus Augen und Nase rinnen zu lassen, sodass man rote Augen bekommt und durch den Mund atmen muss, das ist doch, als würde man sich extra einen Schnupfen zulegen.«
    »Ganz genau«, bemerkte der Mann trocken.
    »Warum weinst du?«
    Wieder war es der Mann, der antwortete.
    »Weil man uns morgen früh hängen wird.«
    »Ach wirklich? Und was heißt das?«
    »Nein«, sagte die Frau, »ich bitte dich, nicht, sonst fängt er wieder an zu weinen und ich kann sein Weinen nicht hören.«
    »Na, immerhin ist es ja sein Verdienst, wenn...«
    »Nein«, wiederholte die Frau, »ich ertrage es nicht, ihn weinen zu hören.«
    »Nun gut. Hör zu, Kleiner: Morgen wird man uns hängen und das ist wunderschön. Man wird uns hoch oben aufhängen und da können wir die ganze Menge von oben sehen und über die Häuser und Dächer hinwegschauen. Es wird sein, als ob wir Vögel wären und fliegen könnten.«
    »Ohhhhhhhhhh. Wirklich? Und warum tröpfelt sie dann?«
    »Sie weint, weil sie an Schwindel leidet. Wenn sie hoch oben ist, wird ihr ganz schlecht und sie muss sich auch erbrechen. Für sie wird das schrecklich morgen. Ein richtiger Albtraum.«
    »Ohhhhhhhhhhhhhhhhh. Wirklich?« Der kleine Elf war sprachlos. Man lernte doch immer noch dazu.
    »Dann nicht. Nein, nein, nein, nein, nein, nein. Wenn ihr davon schlecht wird, dann gibt es kein Hängen«, sagte der Kleine entschlossen. Dieses Baumeln über den Dächern musste wunderbar sein, aber nicht wenn einem schlecht davon wurde.
    »Nicht?«
    »Nein.«
    »Und wie sollen wir das machen? Sie haben schon beschlossen, dass sie uns hängen werden.«
    »Wir könnten fortgehen.«
    »Richtig. Gute Idee.« Der Jäger schien wirklich beeindruckt. »Wirklich eine gute Idee. Du bist gut im Nachdenken. Weißt du eine Lösung für die Schlösser?«
    »Wir öffnen sie«, erklärte der Kleine eifrig.
    »Na sicher, klar. Absolut genial! Und die Schlüssel?«
    »Diese langen Dinger, die man umdreht, die klank machen, und die Türen gehen auf?«
    »Ganz genau, diese langen Dinger, die man umdreht, die klank machen, und die Türen gehen auf.«
    »Sie hängen acht Schritt hinter der Ecke, man sieht es, wenn man zwischen den Stäben hindurchschaut.«
    Der Jäger, der gelegen hatte, sprang mit einem Satz auf.
    Auch die Frau, die auf dem Boden gehockt hatte, die Arme um die Knie geschlungen, wischte sich das Gesicht ab und stand ebenfalls auf.
    »Und du, woher weißt du das?«
    »Es ist in ihrem Kopf«, sagte der Kleine und deutete auf die Ratten. »Sie kommen tausendmal am Tag dort vorbei. Sie wissen zwar nicht, was Schlüssel sind, aber sie tragen ihre Form im Kopf.«
    »Kannst du etwas tun, um an die Schlüssel zu kommen? Was weiß ich, sie hierherfliegen lassen.«
    »Aber neiiiiiiin, sicher nicht, so etwas ist doch nicht möglich. Die Schwerkraft ist unantastbar.«
    »Die was?«
    »Das Gesetz, demzufolge alles nach unten fällt«, erklärte der Kleine. »Siehst du?« Er ließ die letzten zwei Erbsen fallen und die Ratten stürzten herbei.
    Der Mann und die Frau setzten sich wieder hin.
    »Das ist das Gesetz, demzufolge unsere Köper morgen nach unten fallen, während der Hals im Strang

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