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Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Titel: Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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KAPITEL 1
    E s regnete schon seit Tagen. Er watete bis zu den Knien durch den Schlamm. Die Welt hatte sich in eine einzige Schlammlache verwandelt, und wenn es nicht aufhörte zu regnen, würden darin zuletzt bestimmt auch noch die Frösche ertrinken.
    Er selbst würde mit Sicherheit umkommen, wenn er nicht bald einen trockenen Platz fand, wo er bleiben konnte.
    Es war kalt auf der Welt. Bei Großmutter am Herd war es immer warm gewesen. Aber das war lange her. Das Herz des kleinen Elfen krampfte sich zusammen vor Heimweh.
    Seine Großmutter sagte, wenn du nur fest genug träumst, dann werden die Dinge wahr. Aber Großmutter konnte nicht mehr träumen. Eines Tages war die Mama dorthin gegangen, von wo niemand wiederkehrt, und Großmutter hatte nicht mehr träumen können. Und er war noch zu klein zum Träumen. Oder vielleicht doch nicht.
    Der kleine Elf schloss ein paar Sekunden lang die Augen und träumte, so fest er konnte. Er spürte das Gefühl von Trockenem auf der Haut, von knisterndem Feuer. Er spürte, wie seine Füße warm wurden. Etwas zum Essen.
    Der kleine Elf schlug die Augen wieder auf. Die Füße fühlten sich noch eisiger an als vorher und sein Magen noch leerer. Er hatte nicht fest genug geträumt.
    Er zog die klitschnasse Kapuze über die klitschnassen Haare. Er trug den gelben Elfenmantel. Der grob gewebte gelbe Jutestoff war schwer, rau und schützte vor nichts. Es lief ihm nur noch mehr Wasser in den Nacken und rann ihm den ganzen Rücken hinunter bis in die Hosen. Alles, was er am Leib trug, war gelb, rau, klitschnass, schmutzig, schäbig und kalt.
    Eines Tages würde er Kleider haben, so weich wie Vogelflaum, so warm wie Entendaunen und in Farben wie die Morgenröte und das Meer.
    Eines Tages würde er trockene Füße haben.
    Eines Tages würde die Finsternis weichen und der Frost ein Ende nehmen.
    Die Sonne würde wiederkehren.
    Die Sterne würden wieder funkeln.
    Eines Tages. Der Traum vom Essen nahm wieder sein ganzes Denken ein.
    Er dachte an Großmutters Fladenbrot: Und wieder krampfte sich alles in ihm zusammen vor Trauer.
    Großmutter hatte nur ein einziges Mal Fladenbrot gebacken, solange der kleine Elf auf der Welt war. Das war beim letzten Neumondfest gewesen, als auch an die Elfen ein halber Sack Mehl ausgegeben worden war und als der Mond noch leuchtete.
     
     
    Der kleine Elf legte eine Hand über die Augen und versuchte, durch den Regen zu spähen.
    Das Tageslicht wurde schwächer. Bald würde es dunkel sein. Er musste etwas finden, wo er bleiben konnte, bevor die Nacht hereinbrach. Einen Ort, an dem er schlafen konnte, und etwas zum Essen. Noch eine Nacht im Schlamm und mit leerem Magen würde er nicht überleben.
    Vor Anstrengung kniff er die großen Augen zusammen, während sie das Grau der Baumschatten absuchten, das unmerklich in das Grau von Erde und Himmel überging, dann blieben sie bei einem dunkleren Fleck hängen. Sein Herz hüpfte. Die Hoffnung kehrte wieder. Er lief, so schnell er konnte, die müden Beinchen sanken bis zu den Knien ein, die Augen hielt er unablässig auf den dunklen Fleck gerichtet. Als der Regen einen Moment lang dichter wurde, befürchtete er schon, es könne alles nur ein etwas dunklerer Baumschatten sein. Doch dann konnte er ein Dach erkennen und Mauern. Da lag, umstanden von hohen Bäumen und völlig überwuchert von Kletterpflanzen, ein winziges Häuschen aus Holz und Stein.
    Es war wohl eine Schäfer- oder Köhlerhütte.
    Großmutter hatte recht. Wenn du nur fest und lang genug träumst, wenn der Glaube dich ganz erfüllt, dann wird aus Hoffnung Wirklichkeit.
    Noch einmal drehten sich alle Gedanken des Elfen um den Traum von einem wärmenden Feuer. Der Geruch von Rauch, zusammen mit dem Duft vom Harz der Pinienzapfen, durchdrang ihn so sehr, dass ihm ein paar Sekunden lang warm wurde. Kläffendes Hundegebell riss ihn aus seinen Träumen. Er hatte sich getäuscht. Das war kein Traum. Da war tatsächlich frischer Rauch und der Duft von brennenden Pinienzapfen. Das war nicht nur in seinem Kopf. Er war zu einem Feuer bei Menschen gelangt.
    Nun war es zu spät.
    Träumereien können tödlich sein.
    Das Hundegebell dröhnte ihm in den Ohren. Der kleine Elf begann wegzulaufen. Vielleicht schaffte er es ja. Wenn er schnell genug war, würde er ausreichend Abstand zwischen sich und den Hund legen. Sonst würden ihn die Menschen erwischen und von einem friedlichen Tod in Kälte und Hunger konnte keine Rede mehr sein. Er stolperte über eine Wurzel, sein

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