Die Liebe zu Rosen mit Dornen
hochhackigen Schuhen laufen müsste wie die böse Hexe aus dem Zauberer von Oz . »Bei What Not to Wear? hieà es, so was trägt man heute«, protestiert sie dann.
»Man soll es nicht tragen. So heiÃt doch die Show«, sage ich dann immer, um sie zu ärgern. »AuÃerdem ist Kabelfernsehen Mist. Es ist zu teuer, und das Leben ist zu kurz.«
Da rollt sie dann immer mit den Augen, als wäre sie meine kleine Schwester und nicht eine vier Jahre jüngere Kollegin.
»Du wirst noch zu spät kommen.« Sie stützt ihren Ellbogen auf einen Tisch und hält ihr Gesicht in den Wind vom Ventilator. »Kaum zu glauben, dass du hier drinnen nicht tot umfällst.«
»Ich könnte auch selbst fahren.« Ich lege die von den Blüten befreiten Staubblätter in ein sauberes Glas. Später werden die Staubbeutel an der Spitze ihren Pollen abgeben, den ich dann wiederum einsammle und auf die Mutterpflanze übertrage.
Nachdem ich den Blütenstaub von der Vaterrose auf die Mutterrose weitergegeben habe, lasse ich sie eine Weile in Ruhe. Mit etwas Glück reift die Mutterblüte zu einer Hagebutte heran, in der sich die Samen befinden. Ich schneide die Frucht auf und stecke sie in Torfmoos; dann stelle ich sie in den Kühlschrank, um die Winterruhe einzuleiten. Im nächsten Frühling werde ich die Samen einpflanzen, und aus dieser Kreuzung erwächst hoffentlich eine wunderschöne Rose, mit den besten Eigenschaften ihrer Eltern.
Die Mutter ist eine Hulthemia von kräftigem Purpurrot, mit einem ebenso kräftigen, blutroten Herz, das zu den Blütenblättern hin verläuft. Hulthemias sind nicht sehr bekannt. Sie sind relativ neu und besonders schwierig zu ziehen. Von der Zucht lassen die meisten Laien lieber gleich die Finger. Die Blüten sind rund wie bei einer Alten Rose, aber die Mitte öffnet sich und zeigt das gelbe Staubblatt und den unverwechselbaren dunklen Fleck im Herzen. »Fleck« ist nicht das hübscheste Wort, aber das sagen Züchter nun mal. Die Flecken sind normalerweise rot, können jedoch auch von dunklem Rosa zu Purpur oder Orange variieren. Sie sind immer dunkler als die sie umgebenden Blütenblätter.
Wenn sie anders aussehen als andere Rosen, die man so kennt, dann weil sie es sind. Sie sind keine echten Rosen. Diese Rosen sind Hybride einer Blume namens Hulthemia persicas , die für die Perser nur wucherndes Unkraut mit dornigen Ranken war. 1836 erregte eine zufällig im Garten des Palais du Luxembourg wachsende Hulthemia-Hybride die Aufmerksamkeit der Rosenzüchter. Sie wollten für ihre normalen Rosen auch so rote Herzen haben.
Es dauerte hundertneunundvierzig Jahre, bis man so weit war. Die ersten Hulthemias, einschlieÃlich des Exemplars im Pariser Garten, waren unauffällig und unfruchtbar. Der Durchbruch gelang erst Ende der 1960er Jahre einem Engländer namens Jack Harkness, dem mit der berühmten Harkness- Rose. Sein Freund Alec Cocker war davon überzeugt, dass die Blume zu züchten sein müsste. Er beschaffte sich Hulthemia-Samen aus dem Iran und gab einige davon an Harkness weiter. 1985 schlieÃlich gelang ihm eine Sorte, die sich fortpflanzte: Tigris. Diese frühe Hulthemia wurde mit echten Rosen gekreuzt, ein Projekt, an dem zahlreiche Züchter beteiligt waren, und schlieÃlich kam das heraus, was wir heute kennen.
Es gibt spezifische Anforderungen, die eine Hulthemia für den einfachen Rosenfreund erfüllen muss. Die Leute wollen einen Rosenbusch, der ihren kleinen Hinterhof nicht überwuchert. AuÃerdem wollen sie duftende Blüten. Sie wollen einen Rosenbusch, dessen zahllose Knospen immer wieder nachwachsen. Dieses wiederholte Aufblühen wurde unseren modernen Rosen erst vor nicht allzu langer Zeit angezüchtet, übernommen von den chinesischen Rosen. Erst um 1798 begann man in Frankreich, chinesische mit europäischen Rosen zu kreuzen.
Kurz gesagt erwartet der Kunde immer das Unmögliche. Zum Supermarktpreis.
Bisher gibt es eine solche Hulthemia nicht. Der Erste, der eine derart konsumentenfreundliche Blume auf den Markt bringt, wird ein Vermögen machen. Ihren (denn ich habe vor zu gewinnen) Namen werden Rosenzüchterbarden singen und lobpreisen.
Dem Duft ist von allen Anforderungen am schwersten beizukommen. Er wurde den modernen Sorten ausgetrieben. Ãblicherweise hatten es die Rosenzüchter eher auf Strapazierfähigkeit und
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