Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Rindern ausgesucht, die beiden anderen wollten so weit weg wie möglich von den Fliegen und dem Gestank. Er richtete sich so ein, dass er auf der Kiste mit dem Werk lag. So konnte es keiner heimlich stehlen, während er schlief. Er träumte. Ein Insekt kroch aus seinem Bauchnabel, ein anderes aus seinem Geschlecht. Mit seinen langen Fühlern tasteten sie sich über seinen Körper und krabbelten langsam den Bauch herauf. Dann erklommen sie den Kopf und versuchten sich durch die Nase wieder in den Körper hineinzuzwängen. Aber dort verstopften kleine, gelbe Maden den Weg, die sich wütend hervorwanden, den warmen Platz nicht aufgeben wollten. Schweißnass wachte er auf und fuhr sich hysterisch schnaufend durch das Gesicht, fand aber nichts und fiel zurück in das muffig riechende Stroh. Mit einem Mal hörte er ein Stöhnen hinter sich, das sich mit dem Schnaufen und Scharren der Kühe vermischte. Ruckartig drehte Aken sich um, wand sich aus der stinkenden Wolldecke und griff nach seinem Dolch, den er immer an der Seite mit sich führte. Langsam und vorsichtig zog er sich an den Holzbohlen der Wand hoch. Erneut stöhnte jemand gedämpft. Schnaufen war zu hören. Nur ein fahler Mond und die langsam anbrechende Morgendämmerung spendeten durch die Ritzen des Gemäuers etwas Licht. Jemand kniete hinter den Holzbohlen. Es war einer seiner Begleiter. Sein Gesicht war sehr nah an den Bohlen, so dass Aken seinen fauligen Atem riechen konnte. Sein Körper wurde von einem dauerhaften Zittern durchzogen. Konnte das sein? Aken wandte seinen Kopf, so weit er konnte, zur Seite und sah das Unglaubliche. Er erkannte den anderen Mailänder. Der hatte seinen Kopf zwischen den Pobacken des Mannes versenkt und leckte und küsste den von Grinden und Pickeln überzogenen Arsch seines Begleiters. Osculum infame, schoss es Aken durch den Kopf. Der Kuss des Satans. So hatte es ihr Lehrer, ein Dominikaner, in Brabant einst gelehrt. So wird der Teufel durch seine Jünger begrüßt. War er mit Dämonen gereist? Hatte ihm Antonio Grimani bewusst diese Abgesandten der Hölle zur Seite gestellt? In seinem Kopf hämmertees, und er glaubte fast, das Bewusstsein zu verlieren. Er stieß nach vorn gegen die Wand. Prompt verharrten die beiden Männer wie erstarrt und horchten. Da hatte sich Aken aber schon aus der Box gestohlen, das Werk unter seinem Arm, und sich hinter einer auf dem Boden liegenden dicken Kuh versteckt. Im nächsten Moment wurde die Tür zum Stall aufgerissen. Mit Schrecken erkannte Aken das Tuch eines venezianischen Söldners. Sie hatten sie gefunden. Der Erste war mit einem Schritt in der Box seiner Begleiter. Ohne ein Wort zu verlieren, hieb er mit einem Schwert auf den nackten Rücken des oben liegenden Mailänders. Das Schwert war so scharf und schwer, dass es den Leib teilte. Der darunterliegende, nun vom Blut seines Freundes völlig besudelte Mailänder versuchte noch sich zu erheben, hatte aber das Metall des Häschers schon in seinen Eingeweiden, ehe er nach seinem Dolch greifen konnte. Aken robbte sich schnell und dennoch vorsichtig an den Kühen vorbei bis zur hinteren Stalltür. Wie ein Kreuz bei einer Pilgerreise hielt er seinen Dolch in beiden Händen. Mit seinem Leib schob er das in einem Kasten versteckte Werk unter sich her. Kurze Zeit später war er unbemerkt aus dem Stall entkommen. Draußen sattelte gerade eine Reisegruppe aus Deutschland, gut erkennbar an dem groben Stoff ihrer Kleider, ihre Pferde. Aken warf den Umhang über seinen Kopf, drückte zwei der Goldtaler aus dem Saum, die ihm der Admiral gegeben hatte, und sprach den Führer der Gruppe leise an. Die Deutschen, wortkarge Tuchhändler aus der Hansestadt Osnabrück, wollten sich bis zu den Lawinen vorkämpfen und dann selbst, so gut es ging, räumen, um vor dem nächsten Schnee nach Innsbruck hinunterzugelangen. Jede Hand war da willkommen. Dennoch kostete es Jeroen van Aken aus ’s-Hertogenbosch, den man Jahrhunderte später nur unter dem Namen seiner Heimatstadt kannte, zwei weitere Goldmünzen, um von Mittenwald, dem Ort, der später als Brennerpass berühmt wurde, hinein in die deutschen Lande und weiter ins Herzogtum Brabant zu kommen. Die Leichen der beiden Mailänder fanden Wölfe wenige Tage später am Ufer der Eisack und zerfleischten sie bis auf die Knochen.
Heute
Mo’ynoq, Usbekistan, 01. 11., 07.30 Uhr
Die Sonne hing erst seit wenigen Minuten fahl über dem Horizont und übergoss die schneebedeckte Steppe mit einem müden Licht. Draußen
Weitere Kostenlose Bücher