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Die Macht des Schmetterlings

Die Macht des Schmetterlings

Titel: Die Macht des Schmetterlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Dickson
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brauchte eine ganze Reihe von Sekunden, um das Geschehene zusammenzusetzen. Sie war sich bewusst, dass sie verkehrt herum in ihrem Sitz hing und an ihrem Sicherheitsgurt baumelte. In ihrem Haar waren Glasscherben, und Splitter davon waren ihr in die Augen gedrungen. Ein Baumstamm hatte sich durch eines der Cockpitfenster gebohrt. Das zerschmetterte Ende drückte sie gegen die Lehne ihres Sitzes. Sie konnte hören, wie jemand vor Schmerz stöhnte.
    Mach, dass du aus diesem Wrack kommst, befahl sich Tina. Bevor das ganze Ding Feuer fängt.

163
    Nordwand des Mount Everest, Nepal
    Kuni erreichte den Rand der Gletscherspalte und zog sich nach oben. Sie biss sich auf die Lippe, als ihr verwundetes Bein hinter ihr ungünstig verdreht wurde. Dann fiel sie auf sicherem Boden nieder. Ihr Atem ging in kurzen, verzweifelten Stößen.
    Sie war aus der Gletscherspalte befreit. Jetzt hatte sie eine Chance, zu überleben.
    Aber erst musste sie sich ausruhen   – der zehn Meter lange Aufstieg an der beinahe vertikal verlaufenden Eiswand hatte sie völlig entkräftet, und ihr gebrochener Oberschenkel bereitete ihr inzwischen ununterbrochene, fast unerträgliche Schmerzen. Sie schleppte sich ein kurzes Stück von der Gletscherspalte weg und fand einen relativ flachen Bereich, wo sie sich hinlegen konnte. Sie barg ihren Kopf in ihrer Armbeuge und presste das weiche Material ihres Höhenanzugs schützend gegen die vom Wind gepeitschte Haut ihrer Wange.
    Du kannst es dir nicht erlauben, dich auszuruhen.
    Kuni zwang sich, sich aufzusetzen.
    Wenn du jetzt das Bewusstsein verlierst, wirst du nie wieder aufwachen.

164
    Im Wrack des Fluges 492 nach Moskau
    Tina nestelte an dem Verschluss in ihrer Taille und prallte dann so hart auf Metall auf, dass es ihr den Atem verschlug. Als Nächstes musste sie sich durch ein Wirrwarr von Schnüren kämpfen, die Kabel des Steuerungssystems. Rasend schnell füllte das Cockpit sich mit Rauch   – als er in ihre Lungen eindrang, musste Tina husten. Sie kroch auf den Ausgang zu. Dann fühlte sie Fleisch.
    Der Kopilot.
    Tina konnte einen Körper ertasten, der tiefer im Wrack eingeklemmt war. Sie versuchte, sich an seinen Namen zu erinnern, doch ihr Geist war leer.
    »Hallo?« Sie griff hinunter in die dunkle Aushöhlung, doch von ihrem Kopiloten war keine Bewegung spürbar. Sie fühlte Wärme   – dann Nässe auf ihrer Hand, die sie in einem Augenblick der Verwirrung für verschüttetes Flugbenzin hielt. Als sie ihre Hand wieder hervorzog, drang gerade genug Tageslicht durch die Öffnung des Cockpit-Fensters, um zu erkennen, dass die Nässe Blut war.

165
    Washington D.   C., USA
    Shelton konnte die Schule vor sich sehen. Andere Eltern ließen ihre Kinder vor den Toren aussteigen. Sie kamen dem Gebäude jetzt schon sehr nahe, und er fuhr Stoßstange an Stoßstange hinter dem Mitsubishi. Jetzt begriff er die Fahrt in die Innenstadt   – die Kinder wurden an einer der teuersten Privatschulen der Stadt unterrichtet.
    Shelton konnte spüren, wie sein Herz gegen seine Rippenbögen hämmerte, nicht direkt vor Furcht, sondern eher in einem Gefühl der Ehrfurcht vor seiner eigenen Macht, vor seiner eigenen Entschlusskraft.
    Jetzt werde ich Ihnen zeigen, was für eine Art von Clown ich bin, Mr Familienglück.
    Shelton trat auf die Bremse, als ein schmutziger brauner Ford direkt vor ihm einbog und ihm den Weg abschnitt.
    »Hurensohn.« Jetzt war er von dem Mitsubishi getrennt. Shelton scherte nach der rechten Seite aus, um zu überprüfen, ob er den alten Ford überholen konnte, bevor seine Exfrau vor der Schule ankam.

166
    Im Wrack des Fluges 492 nach Moskau
    Calder hatte endlich wieder etwas Luft in seine Lungen bekommen und begann jetzt, das Blutbad um sich herum zu erfassen. Der Wald ähnelte einem Kriegsgebiet, in dem die meisten Bäume in Höhe der Kronen abgebrochen waren.
    Durch den Boden zog sich eine massive Narbe, wo der Flugzeugrumpf Hunderte von Metern weit entlanggeschleift worden war, Baumstämme ausgerissen und einen Graben geschaffen hatte, der sich jetzt mit rauchendem Benzin füllte. Von dem, was an Zweigen übrig geblieben war, hingen die zerschmetterten Überreste von Leichen, von zerfetzter Kleidung, dem Material von Koffern und dem gelben Plastik der Rettungswesten.
    Ein abgerissener Arm lag neben einem Schuh mit hohem Absatz, und in den Nerven zuckte noch Leben.
    Calder kämpfte sich auf die Füße und versuchte, das Ausmaß der Zerstörung einzuschätzen. Er sah, dass das Flugzeug

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