Drei Worte, die das Glueck bedeuten
1. KAPITEL
„Da“, sagte der kleine Junge hinten im Auto. Er lehnte sich in den Gurt, der ihn auf dem Kindersitz hielt, klatschte in die Hände und lachte. „Da!“ Der Junge sprach das Wort aus, als wollte er ausprobieren, wie es klang. Dann runzelte er die Stirn, offenbar war er noch nicht ganz zufrieden. „Daaa…“, versuchte er es noch einmal. „Dada…“ Und schließlich: „Da…d.“ Triumphierend strahlte er den Mann an, der den Kleintransporter fuhr: seinen Vater.
Er meint mich, dachte Deke Malone und warf im Rückspiegel einen kurzen Blick auf den Jungen, während er das Steuer fest umklammert hielt. Selbst nach drei Monaten brachte ihn dieser Gedanke bisweilen noch völlig aus dem Konzept.
Deke Malone war Vater. Vor zweieinhalb Jahren hatte er ein Kind gezeugt. Dieses Kind. Diesen wunderbaren, fast zwanzig Monate alten Jungen, von dem er gar nicht geahnt hatte, dass es ihn überhaupt gab – bis eines Nachmittags im August vor drei Monaten eine fremde Frau an seiner Haustür erschienen war.
Die Frau hatte sich als Mrs. Trammell vorgestellt und ihm erklärt, dass sie von irgendeiner sozialen Einrichtung kam, vom Jugendamt oder einer Institution, von der Deke noch nie gehört hatte. Also sagte er ihr, dass sie sich wohl in der Haustür geirrt habe.
Die Frau schaute auf die Papiere, die sie in der Hand hielt. Dann blickte sie auf und erkundigte sich, ob er denn nicht Mr. Malone sei. „Mr. Daniel Kevin Malone?“
„Doch, genau der bin ich“, erwiderte Deke verwirrt.
Da lächelte die Frau ihn an. „Ich bringe Ihnen Ihren Sohn.“
Einen Moment lang konnte er mit dem Wort gar nichts anfangen. Sohn? Der Begriff gehörte einfach nicht in seinen täglichen Sprachgebrauch. Schließlich hatte Deke nicht viel mit Familie am Hut, und daran wollte er auch nichts ändern.
Doch während er so dastand, gingen ihm die Worte der Frau noch einmal durch den Kopf, fügten sich aneinander und ergaben plötzlich einen Sinn.
Erschrocken trat Deke einen Schritt zurück. „Mein Sohn? Nein. Nein, Ma’am. Das kann nicht sein. Sie müssen mich mit jemandem verwechseln. Ich habe keinen Sohn.“
Mrs. Trammell versicherte ihm, dass es doch so war.
„Und wer soll bitte schön die Mutter sein?“ fragte Deke. Der Gedanke, dass er ein Kind gezeugt hatte, war zwar nicht völlig abwegig, wohl aber äußerst unwahrscheinlich. Ja, er hatte in seinem Leben mit einigen Frauen geschlafen, aber er hatte dabei immer gut aufgepasst. Sehr gut sogar. Deke Malone war schließlich nicht leichtsinnig. Und die Frauen, mit denen er geschlafen hatte, hatten genauso wenig Interesse daran gehabt, eine Familie zu gründen, wie er.
Erneut las Mrs. Trammell etwas in ihren Papieren nach. „Die Mutter heißt Violet Ashton.“
„Violet?“
Violet Ashton hatte also sein Kind ausgetragen? Dieselbe Violet, die auch den Mount Everest erklommen hatte? Die auf einem Kamel durch Marrakesch geritten war und den Südpol bereist hatte?
Drei Jahre hintereinander hatte Violet Ashton den Titel „Abenteuerfotografin des Jahres“ erhalten, und zwar von einer der größten Fachzeitschriften für Abenteurer und OutdoorSportler. Genau diese Violet hatte Deke einmal anvertraut, dass ihr oberstes Lebensziel darin bestand, so viele Orte wie möglich auf der Welt zu bereisen und dabei auch so viel wie möglich zu erleben. Soweit Deke wusste, hatte sie sich ebenso wenig dafür interessiert, eine Familie zu gründen, wie er selbst.
„Wovon sprechen Sie eigentlich?“ wandte er sich ungehalten an die Frau, die immer noch vor seiner Haustür stand. „Und wo steckt Violet?“
Mrs. Trammell hatte offenbar eine Engelsgeduld. Sie atmete einmal ganz tief durch und beantwortete Deke dann seine erste Frage: Wovon sie sprach? Nun ja, von einem siebzehn Monate alten Jungen namens Isaac Daniel Ashton. „Auf der Geburtsurkunde sind Sie als sein Vater eingetragen“, erklärte Mrs. Trammell. Sie blätterte ihren Papierstapel durch und zog schließlich ein wichtig aussehendes Dokument hervor, das sie Deke überreichte.
Fassungslos starrte er auf das, was dort geschrieben stand.
In der Zwischenzeit machte sich Mrs. Trammell daran, seine zweite Frage zu beantworten. Erneut atmete die Frau tief durch, dann lächelte sie betroffen. „Es tut mir sehr Leid, aber ich habe eine traurige Nachricht für Sie: Violet Ashton ist tot.“
Deke zuckte zusammen und schaute der Frau direkt in die Augen. „Tot?“
„Sie ist vor zwei Wochen in Chile ertrunken. Dort war sie im
Weitere Kostenlose Bücher