Die Mafia kommt zur Geisterstunde
1. Ein Terrorist wird gesucht
Die Katastrophe brauchte noch
Mitwirkende. Ihre Wahl fiel auf die Vier vom TKKG. Aber anfangs war das durch
nichts zu erkennen.
Deshalb herrschte an diesem Mittag
Hochstimmung im ADLERNEST. Tarzan pfiff, während er einen frisch gebügelten
Judo-Anzug zusammenlegte. Klößchen lag auf dem Bett, dachte an nichts und
stärkte sich mit Schokolade.
Sie hatten das Internats-Mittagsmahl
hinter sich. Ein Hauch von Freistunde durchzog die Gemüter. In einer halben
Stunde wollten sich die beiden Freunde mit Gaby und Karl treffen: im
Fitneß-Studio Strong (Fitneß = körperliche Leistungsfähigkeit), wo sie
unentgeltlich trainieren durften, weil Werner Strong ein ehemaliger Sportlehrer
der Schule war.
Sogar Klößchen machte mit.
„Ich frage mich“, sagte Tarzan, „wie
komme ich nach Ahrbach? Was ich auch anstelle, ich komme nicht nach Ahrbach.
Himmel, so weit ist es doch nicht. Aber allmählich drückt mir die Sache aufs
Gewissen.“
Klößchen hob den Kopf. „Häh? Ich
verstehe immer Ahrbach.“
Tarzan nickte. „Wenn ich nicht selber
hinkomme, muß ich den Frack tatsächlich verschicken. Sozusagen mit der Post.“
Klößchen blinzelte. „Frack? Ahrbach?
Post? Also, mir fehlt völlig der Durchblick. Darf ich um eine Erklärung bitten.“
Tarzan grinste. „Da du erst seit
vorgestern sportlich bist, hast du den Kleiderpump nicht gerafft ( begriffen ),
wie? Es war vor fünf Wochen — beim letzten Judo-Turnier, wo ich Zweiter
geworden bin. Beinahe hätte ich in Unterhosen antreten müssen, weil ich doch
glattweg meinen Judogi (Kampfanzug) vergessen hatte. Aber OO aus Ahrbach
war riesig nett und hat mir seinen Ersatzanzug geliehen. Den hier!“
Er deutete auf den bügelfrischen Anzug.
„Wer ist OO?“
„Oliver Olivetti.“
„Kenne ich nicht.“
„Ich sagte ja, er ist aus Ahrbach. Und,
zum Henker, ich muß ihm sein Eigentum zurückgeben. Allmählich vvird’s Zeit.
Wenn er Trainings-Rückstand ansammelt, bin ich schuld.“
Klößchen quetschte Denkerfalten auf
seine Stirn. „Ahrbach? Das liegt... Also, so weit ist es wirklich nicht. Bei
besserem Wetter könntest du mit dem Rennrad hindüsen, aber dieser April! Also,
der schafft mich. Dann lieber gar kein Wetter als dieses.“
Außerhalb der Gebäude herrschte
tatsächlich April: mit Schneeregen, Sturmböen, Sonnenschein und den ersten
Knospen im Gesträuch. Auf dem Kalender war es elfeinhalb Tage vor den
Osterferien.
Dem trug Klößchen Rechnung, denn er
nahm Schokolade nicht nur in Tafelform zu sich, sondern auch gerundet:
Ostereier.
„Mir fehlt die Zeit“, sagte Tarzan. „Unser
Verein nimmt mich völlig in Anspruch. Also werde ich ein Paket packen und OO
den Judogi zurückschicken. Gewaschen ist er. Hast du zufällig einen leeren
Schokoladenkarton?“
„Nee, leider nicht.“ Klößchen stemmte
sich vom Bett. „Studio Strong ruft. Ich glaube, wir müssen uns auf die Socken
machen.“
Ich staune, dachte Tarzan. Unser
Faultier geht nicht nur freiwillig mit — er drängt sogar. Es ist ja auch zu
schön, wenn er mit den Hanteln rumhampelt. Das Bodybuilding (Muskeltraining
zur Körperformung) hat ihn gepackt.
Klößchen stopfte Trainingsanzug und
Turnschuhe in einen Leinenbeutel, während Tarzan seine Sporttasche packte. Dem
Training im Fitneß-Studio stand also nichts mehr im Weg. Aber das Schicksal mit
seinem blöden Hang zur Katastrophe wollte es anders und legte in diesem Moment
seine Schlinge aus.
Das Verhängnis kam in Gestalt von Heinz
Voss, einem netten jungen Lehrer. Er gab Religion und Latein, trug nur Jeans
und Pullover mit starken Farben. Abends spielte er entweder Gitarre, oder er
war bei seiner Freundin Renate in der Stadt. Sie studierte Meeresbiologie im
siebten Semester. Ein abgeblitzter Verehrer hatte den Spruch in Umlauf gesetzt,
sie könne bereits ohne Schwierigkeiten einen Wal von einem Unterseeboot
unterscheiden.
„Wollt ihr weg?“ fragte er durch seine
etwas sperrigen Zähne.
„Zum Bodybuilding“, krähte Klößchen. „Ist
ein starker Trip, auf dem ich da bin, Herr Assessor. Mein Body ( Körper )
fühlt sich schon viel stärker, und bald wird man ‘s auch sehen. „
Voss lächelte. „Beim Kollegen Strong,
ja?“
„Er läßt uns umsonst rein“, nickte
Tarzan. „Ist fast zu nett. Wenn ich bedenke, wie Willi die Hanteln abnutzt!
Einige sind schon ganz dünn gewetzt.“
„Hah!“ meinte Klößchen. „Spotte nur!
Nachher lasse ich dir eine Fünf-Kilo-Hantel auf die Zehen
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