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Die Magistra

Die Magistra

Titel: Die Magistra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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klopfte es energisch aus. »Ihr solltet Euch wirklich schämen, Herrin! Überlaßt doch diesen Unsinn den ungläubigen Juden. Hat nicht Euer Oheim zu Wittenberg die Heilige Schrift übersetzt, daß jeder Christenmensch sie in einer christlichen Sprache lesen kann?«
    Nicht jeder Christenmensch, teure Amme, dachte Philippa, während ein feines Lächeln ihre Mundwinkel umspielte. Du nicht und vermutlich nicht einmal meine zukünftige Schwägerin, die edle und wunderschöne Abekke von Medewitz.

2. Kapitel
    Da sich Roswitha mit Händen und Füßen dagegen wehrte, den Auftrag ihrer jungen Herrin auszuführen, beschloß Philippa, das Gut nach der Morgenmahlzeit selbst zu verlassen, um den Buchhändler mit seinem Karren auf der Dorfstraße abzufangen. Sie mußte sich lediglich vergewissern, daß Sebastian mit seinen Tieren oder im Weinkeller beschäftigt war. Nach einem erbitterten, aber kurzen Wortgefecht ließ sich die Amme schließlich dazu überreden, Sebastian in ein Gespräch über die Speisenfolge des Festmahls zu verwickeln.
    Als Philippa die breite Treppe zu den unteren Kammern und dem großen Saal hinuntereilte, mußte sie an ihren Bruder denken. Als Kinder waren die beiden Geschwister ein Herz und eine Seele gewesen, doch obwohl Sebastian ein kluger Bursche war, hatte er den gemeinsamen Stunden in der Studierstube nur wenig abgewonnen und sich davongestohlen, wann immer sich ihm eine Gelegenheit bot, die Wachstafel gegen eine Armbrust einzutauschen.
    Philippa hatte Sebastians Ablehnung für alles, woran ihr Herz hing, mit Fassung getragen, denn immerhin hatte der Bruder ihr das Reiten beigebracht und sie hin und wieder an seinen tollkühnen Jagdausflügen quer durch die Sümpfe teilhaben lassen. Wenn man es recht bedachte, war ihr geschwisterliches Verhältnis erst mit dem Auftreten Abekkes und ihres unvermeidbaren Anhangs gestört worden, ein Umstand, den Philippa der Medewitzer Nachbarin niemals verziehen hatte.
    Bemerkt er nicht, wie sie hinter seinem Rücken über ihn und den Vater lacht, wie sie ihn und unsere Knechte mit ihren albernen Launen traktiert? dachte Philippa, während sie den rutschigen Steg aus Holzbohlen überquerte, der das Sumpfland zwischen der verfallenen Schmiede und dem westlichen Dorfeingang miteinander verband. Wenn Abekke direkt von der Burg kommt, bleibt ihr keine andere Wahl, als sich mit ihrer Sänfte über den Steg tragen zu lassen, fiel Philippa voller Genugtuung ein. Sie konnte das spitze Gesicht ihrer zukünftigen Schwägerin, ihre gerümpfte Nase und die vorwurfsvollen Blicke aus deren wasserblauen Augen deutlich vor sich sehen und kicherte leise. Gutgelaunt lief sie um die Zehntscheune herum. Sie wußte, wo sie Bartholomäus suchen mußte. Der Buchhändler zog seinen Karren seit Jahren immer an dieselbe Stelle: unter das vorspringende Ziegeldach des Waaghäuschens, gleich hinter der alten Katharinenkapelle. Hier schlugen auch die Krämer mit Vorliebe ihre Buden auf, weil die vielen Winkel des ausladenden Gebäudes, eines der wenigen im Dorf, das nicht aus Holz oder Lehm gebaut war, vor Wind und Regen schützte.
    Als Philippa in die Dorfstraße einbog, fiel ihr die ungewohnte Stille des sonst so belebten Ortes auf. Das vertraute Geräusch der Webstühle, das sonst aus den Werkstätten der Leinweber auf die Gasse hinausdrang, blieb heute ebenso aus wie das Dudeln der Sackpfeife oder das fröhliche Gelächter der Dorfkinder. Sogar der Schemel des stummen Hafners war leer geblieben, obschon er selbst im Winter bei offenen Türen in seiner Stube saß. Die Männer waren in aller Frühe zum Handdienst nach Burg Medewitz aufgebrochen und würden gewiß nicht vor Einbruch der Dunkelheit ins Dorf zurückkehren.
    Ein jäher Windstoß fuhr durch Philippas Haar. Fröstelnd zog sie ihren wollenen Umhang fester über die schmalen Schultern und verfluchte ihren hastigen Aufbruch. Nicht einmal an ein paar Spangen oder eine Schnürhaube hatte sie gedacht. Schräg gegenüber leerten zwei Bäuerinnen ihre Eimer voll Unrat in den Dorfgraben aus. Als sie die Tochter ihres Grundherrn erkannten, steckten sie die Köpfe zusammen und streiften sie mit eisigen Blicken. Eine der Frauen balancierte auf einem Küchenschemel und befestigte ein Bündel getrockneter Kräuter über ihrem Türsturz. Die unerwartete Feindseligkeit traf Philippa unvorbereitet und härter als der Wind, der hartnäckig an den morschen Läden der Hütten rüttelte. Etwas Sonderbares lag in der Luft, soviel stand fest. Aber es war

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