Die Meistersinger von Nürnberg
:
Herr Ritter, was Ihr die Jungfer fragt,
das ist so leichtlich nicht gesagt;
fürwahr ist Evchen Pogner Braut
Eva (lebhaft unterbrechend) :
Doch hat noch keiner den Bräut'gam erschaut.
Magdalene: Den Bräut'gam wohl noch niemand kennt,
bis morgen ihn das Gericht ernennt,
das dem Meistersinger erteilt den Preis –
Eva (enthusiastisch) :
Und selbst die Braut ihm reicht das Reis.
Walther (verwundert) :
Dem Meistersinger?
Eva (bang) :
Seid Ihr das nicht?
Walther: Ein Werbgesang?
Magdalene: Vor Wettgericht.
Walther: Den Preis gewinnt?
Magdalene: Wen die Meister meinen.
Walther: Die Braut dann wählt?
Eva (sich vergessend) :
Euch oder keinen!
(Walther wendet sich, in großer Erregung auf und ab gehend, zur Seite.)
Magdalene (sehr erschrocken) :
Was, Evchen! Evchen! Bist du von Sinnen?
Eva: Gut' Lene, laß mich den Ritter gewinnen!
Magdalene: Sahst ihn doch gestern zum erstenmal?
Eva: Das eben schuf mir so schnelle Qual,
daß ich schon längst ihn im Bilde sah!
Sag, trat er nicht ganz wie David nah?
Magdalene (höchst verwundert) :
Bist du toll? Wie David?
Eva: Wie David im Bild.
Magdalene: Ach, meinst du den König mit der Harfen
und langem Bart in der Meister Schild?
Eva: Nein! Der, dess' Kiesel den Goliath warfen,
das Schwert im Gurt, die Schleuder zur Hand,
das Haupt von lichten Locken umstrahlt,
wie ihn uns Meister Dürer gemalt.
Magdalene (laut seufzend) :
Ach, David! David!
David (der hinausgegangen und jetzt wieder zurückkommt, ein Lineal im Gürtel und ein großes Stück weißer Kreide an einer Schnur schwenkend) :
Da bin ich! Wer ruft?
Magdalene: Ach, David! Was Ihr für Unglück schuft!
(Für sich) Der liebe Schelm! Wüßt' er's noch nicht?
(Laut) Ei seht, da hat er uns gar verschlossen?
David (zärtlich) :
Ins Herz Euch allein!
Magdalene (feurig) :
Das treue Gesicht! Ei sagt!
Was treibt Ihr hier für Possen?
David: Behüt es, Possen? Gar ernste Ding'!
Für die Meister hier richt' ich den Ring.
Magdalene: Wie? Gäb' es ein Singen?
David: Nur Freiung heut:
der Lehrling wird da losgesprochen,
der nichts wider die Tabulatur verbrochen;
Meister wird, wen die Prob' nicht reut.
Magdalene: Da wär' der Ritter ja am rechten Ort. –
Jetzt, Evchen, komm, wir müssen fort.
Walther (schnell sich zu den Frauen wendend) :
Zu Meister Pogner laßt mich euch geleiten.
Magdalene: Erwartet den hier; er ist bald da.
Wollt Ihr Evchens Hand erstreiten,
rückt Ort und Zeit das Glück Euch nah.
(Zwei Lehrbuben kommen dazu und tragen Bänke herbei.)
Jetzt eilig von hinnen!
Walther: Was soll ich beginnen?
Magdalene: Laßt David Euch lehren, die Freiung begehren. –
Davidchen, hör, mein lieber Gesell,
den Ritter hier bewahr' mir wohl zur Stell'!
Was Fein's aus der Küch' bewahr' ich für dich;
und morgen begehr' du noch dreister,
wird hier der Junker heut' Meister.
(Sie drängt Eva zum Fortgehen.)
Eva (zu Walther) :
Seh' ich Euch wieder?
Walther (sehr feurig) :
Heut abend, gewiß! –
Was ich will wagen, wie könnt' ich's sagen?
Neu ist mein Herz, neu mein Sinn,
neu ist mir alles, was ich beginn'.
Eines nur weiß ich, eines begreif' ich:
Mit allen Sinnen Euch zu gewinnen!
Ist's mit dem Schwert nicht, muß es gelingen,
gilt es als Meister Euch zu ersingen.
Für Euch Gut und Blut!
Für Euch Dichters heil'ger Mut!
Eva (mit großer Wärme) :
Mein Herz, sel'ger Glut,
für Euch liebesheil'ge Hut!
Magdalene: Schnell heim, sonst geht's nicht gut!
David (der Walther verwunderungsvoll gemessen) :
Gleich Meister? Oho! Viel Mut!
(Magdalene zieht Eva eilig durch die Vorhänge nach sich fort. Walther wirft sich, aufgeregt und brütend, in einen erhöhten kathederartigen Lehnstuhl, den zuvor zwei Lehrbuben von der Wand ab mehr nach der Mitte zu gerückt haben.)
Zweite Szene
(Noch mehrere Lehrbuben sind eingetreten; sie tragen und stellen Bänke und richten alles zur Sitzung der Meistersinger her.)
Zweiter Lehrbube: David, was stehst?
Erster Lehrbube: Greif ans Werk!
Zweiter Lehrbube: Hilf uns richten das Gemerk!
David: Zu eifrigst war ich vor euch allen;
schafft nun für euch:
hab ander Gefallen!
Vier Lehrbuben: Was der sich dünkt!
Vier Lehrbuben: Der Lehrling' Muster!
Vier Lehrbuben: Das macht, weil sein Meister ein Schuster.
Vier Lehrbuben: Beim Leisten sitzt er mit der Feder.
Vier Lehrbuben: Beim Dichten mit Draht und Pfriem.
Vier Lehrbuben: Sein' Verse schreibt er auf rohes Leder.
Alle zwölf Lehrbuben (mit entsprechender Gebärde) :
Das, dächt' ich, gerbten wir ihm!
(Sie machen sich
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